My Hustler (1965)
Ziemlich am Anfang von Warhols Filmschaffen stand ein Schlafender (in sich teilweise wiederholenden Einstellungen zum 5½stündigen "Sleep" (1963) montiert), es folgten unter anderem ein Essender (dem in den 45 Minuten sich teilweise wiederholender Großaufnahmen aus "Eat" (1963) auch kurzzeitig seine Katze Gesellschaft leistet), das Gesicht DeVeren Bookwalters (dem Willard Maas im halbstündigen "Blow Job" (1963) den Penis lutscht) oder aber das berüchtigte Empire State Building (in "Empire" (1964) acht Stunden lang bei Tageslicht und bei Nacht aus einer einzigen, starren Perspektive zu sehen). Kaum einer will diese Filme in voller Länge sehen – und wer das will, der hat heute kaum Gelegenheit dazu, liegt doch etwa "Empire" seit langem nur noch in einer einstündigen s/w-Version vor. Aber 1964/1965 setzte allmählich eine Wandlung bei Warhol ein: von reinen 'stasis-Filmen' (Paul Schrader) des Experimentalfilms gelangte er bald zu den dynamischeren Spielfilmen. "Vinyl" (1964) war immerhin bereits eine freie Verfilmung von Burgess' "A Clockwork Orange" (1962), wenngleich auch diese bloß auf zwei statische Einstellungen zurückgriff, in denen nun allerdings Aktionsreichtum herrschte.
Mit dem im Oktober 1965 uraufgeführten "My Hustler" löste sich Warhol – nach seiner Bekanntschaft mit Paul Morrissey, der später Warhols kommerzielle Underground-Trilogie "Flesh" (1968) & "Trash" (1970) & "Heat" (1972), sowie "Carne per Frankenstein" (1973) & "Dracula cerca sangue di vergine... e morì di sete!!!" (1974) anfertigte – noch etwas mehr von seinen bewegungs- & ereignisarmen Formen und hatte nun auch bei einem breiteren (Underground-)Publikum Erfolg und sorgte mit seinem Thema der Homosexualität in einigen kleineren Kinos sogar für ungewöhnliche Besucheranstürme: Über eine Stunde lang schwenkt zunächst die Kamera reißerisch zwischen einem Strand, auf welchem sich ein junger Stricher sonnt, und einem Strandhäuschen, in welchem sein älterer Kunde sitzt, hin und her und verlagert sich das Geschehen dann schließlich nach einem harten Schnitt in ein Badezimmer. Freunde und Bekannte beider Figuren sind dabei zugegen und wollen die Anwesenheit des hübschen, jungen Mannes jeweils zu ihrer Gunst nutzen. Paul America, der schmucke Hauptdarsteller dieses kleinen 500$-Streifens, trollt sich die ganze Zeit über auf LSD durch die anzügliche und sogar - für Warhol-Verhältnisse - leicht dramatische Handlung. Wenngleich noch zahlreiche weitere Filme vor Warhols späterem Factory-Meisterwerk "Chelsea Girls" (1966) (und dessen Nachhall im unwiederbringlich verlorenen "****" (1967)) liegen sollten, so war "My Hustler" im Hinblick auf Warhols Filmästhetik und seine zunehmende Kommerzialisierung ein wichtiger Einschnitt.
Wer den Film auf DVD besitzen will, kommt nach wie vor an der keinesfalls perfekten RaroVideo-DVD kaum vorbei: Fassungseintrag von leplaisirdeyeux
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