Faraon (1966)
Jerzy Kawalerowicz hat seine Karriere als Filmemacher mit einem Monumentalfilm enden lassen - mit der gemischt aufgenommenen Neuverfilmung "Quo Vadis" (2001). Ein Monumentalfilm bildete einst auch den Höhepunkt seiner Karriere, die 1952 einsetzte, häufig auf literarische Vorlagen zurückgriff und mit dem Drama-/Thriller-Mix "Pociag" (1959) international auf großes Interesse stieß. Es folgte der Skandalfilm "Matka Joanna od aniolow" (1961) - ein großer Klassiker des polnischen Kinos und eine sinvolle Ergänzung zu Ken Russells "The Devils" (1971) -, nach welchem er sich schließlich an die Verfilmung eines Romans von Boles?aw Prus machte (von dem kurz darauf auch "Lalka" (1889) durch Wojciech Has verfilmt worden ist ("Lalka" (1968)): "Faraon" (1895) zählt wie "Quo Vadis" (1895) und - der 1960 durch Aleksandr Ford verfilmte - "Krzy?acy" (1900) von Sienkwicz zu den großen Spätwerken des polnischen Positivismus, der zwischen dem Januaraufstand und der Jahrhundertwende verortet wird. Aus Zensurgründen vielfach als historische Romane angelegt, verfolgten diese Werke dennoch die zeitgenössische Situation Polens seit der Niederschlagung des Januaraufstandes.
Kawalerowiczs "Faraon" - uraufgeführt am 11. März 1966 - greift Prus' Vorlage knapp 70 Jahre später wieder auf: Die polnische Schule, die etwa zehn Jahre zuvor begonnen hatte, hatte 1960 eine Niederlage einstecken müssen, als die Polska Zjednoczona Partia Robotnicza im Juni 1960 einen Beschluss erließ, nach welchem populäres Unterhaltungskino stärker gefördert werden sollte, derweil ein engagiertes Kino vor allem den sozialistischen Bedürfnissen des Landes dienen sollte. Dennoch brachte der polnische Film in den 1960er Jahren ganz hervorragende, durchaus auch subversive und weniger anbiedernde Filme heraus - indes war es etwas mühseliger geworden, solche Werke hervorzubringen (weshalb dann auch ein Polanski ins Ausland ging, nachdem W?adys?aw Gomu?ka von der PZPR ihm antisozialistische, westlich-dekadente Ab- & Ansichten unterstellt hatte). Kawalerowicz konnte zwar mit "Matka Joanna od aniolow" - unter Rückgriff auf die Nationalliteratur - einen Film bewerkstelligen, der die Linie der polnischen Schule durchaus fortsetzte und der letztlich auch enorme Erfolge bei der internationalen Kritik feiern durfte, musste aber heftige Anfeindungen durch die Kirche hinnehmen: er selbst machte dann auch den Einfluss der Kirche dafür verantwortlich, dass sein vielgepriesener Film 'nur' die Silberne Palme erhalten konnte. Durch die PZPR und die Kirche gleichermaßen behindert, ist es auch in biographischer Hinsicht nicht verwunderlich, dass Kawalerowicz - wie auch sein (mehrfacher) Drehbuchautor Tadeusz Konwicki - explizit betonte, dass "Faraon" nicht bloß ein Historienfilm sei, sondern ein Film über Macht, der durchaus aktuell sei.
Im Gegensatz zum eher platt propagandistischen, beinahe anti-deutschen, aber aufwendig & monumental in Szene gesetzten und kommerziell immens erfolgreichen "Krzy?acy" (1960) Aleksandr Fords, welcher den nationalistischen Aspekt seiner Vorlage betonte und zugleich einer jener Filme war, mit denen der Beschluss der PZPR in die Tat umgesetzt werden sollte, setzte Kawalerowicz seine Vorlage des polnischen Positivismus auf eine eher subversive Weise ein. Passend dazu ist der kostspielige & wahrlich monumentale Film auch keine mit Oberflächenreizen hantierende Effekthascherei geworden, sondern ein schwergewichtiges, sperriges, beinahe avantgardistisches Werk, das nicht gerade leicht verdaulich ist: Die Kritik sah darin einen intellektuellen Gegenentwurf zum katastrophalen Hollywood-Flop "Cleopatra" (1963). Und wie bei Joseph L. Mankiewiczs Hollywood-Debakel stand auch hier der ägyptische Filmschaffende Chadi Abdel Salam ("Al-mummia" (1969)) beratend zur Seite...
Eine ausführliche Besprechung des Films liefert Fastmachine in seinem Review.
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