Zombie ja Kummitusjuna (1991)
Unter finnischen Regisseuren besitzt - sieht vom in die USA gegangenen Renny Harlin einmal ab - Aki Kaurismäki eine Popularität, die keinem seiner Landsmänner auch bloß annähernd zukommt. Für die Finnen durchaus bedeutende Regisseure wie Teuvo Puro, Edvin Laine, Risto Orko - der von 1899 bis 2001 das gesamte 20. Jahrhundert hindurch gelebt hat -, Roland af Hällström, Risto Jarva, Veikko Aaltonen, Rauni Mollberg, Petri Kotwica, Aku Louhimies oder Klaus Härö werden außerhalb von Festivals international nur sehr begrenzt wahrgenommen. Finnische Filmkunst wird daher meist bloß anhand von Aki Kaurismäkis Schaffen wahrgenommen - zum kleinen Teil allerdings auch durch dessen älteren Bruder Mika, der zwar nie den Rang seines Bruder erreichen sollte, der aber in dessen Nähe auch außerhalb der Landesgrenzen recht gut vermarktbar war. Mika Kaurismäkis Regie-Karriere startete zwei Jahre vor derjenigen seines Bruders Aki: Er drehte zunächst im Rahmen seines von 1977 bis 1981 reichenden Studiums an der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film gemeinsam mit Roland Emmerich und mehreren anderen jungen Filmstudenten den Kurzfilm "Wilde Witwe" (1979), ehe er in Finnland den gerade einmal 50minütigen Debüt-Spielfilm "Valehtelija" (1981) folgen ließ und mit seinem Bruder Aki dessen erste (Ko-)Regiearbeit "Saimaa-ilmiö" (1981), eine Musik-Doku, inszenierte. Bevor Aki Kaurismäki dann seine gerühmte Dostojewskij-Verfilmung "Rikos ja rangaistus" (1983) inszenierte und von dann an mehr und mehr zu einer prominenten Persönlichkeit des Weltkinos avancieren sollte, inszenierte Mika 1982 nach einem Kurzfilm seinen ersten größeren Durchbruch "Arvottomat" (1982), für den er den Jussi für die beste Regie erhielt. Es ist bis heute neben "Zombie ja Kummitusjuna" Mika Kaurismäkis populärster Film des Frühwerks, bevor sein Schaffen ab der internationalen und mit Julie Delpy, Vincent Gallo, Johnny Depp, Anouk Aimee, Joe Dallesandro, Monte Hellman und Jerzy Skolimowski besetzte Produktion "L.A. Without a Map" (1998) verstärkt seine Wege ins Ausland fand: "Haarautuvan rakkauden talo" (2009) und "Tie pohjoiseen" (2012) mauserten sich dann zu seinen populärsten Filmen. Und während es um Aki Kaurismäki seit seinem letzten Lang-Spielfilm "Le havre" (2011) etwa ruhiger geworden ist - als nächstes steht "Pakolainen" (2017) an! -, tritt Mika Kaurismäki zunehmend hervor: Sein jüngster Film "The Girl King" (2015) - eine internationale und mit Sarah Gadon, Michael Nyqvist, Hippolyte Girardot, Peter Lohmeyer und Martina Gedeck besetzte Produktion über Königin Kristina - scheint seine früheren Werke zumindest im Hinblick auf die Popularität zu toppen, bekam aber bislang eher desaströse Kritiken und ähnelt als im Rahmen seiner Mittel recht opulentes Historiendrama kaum jenen Filmen, die man mit den Kaurismäkis meist verbindet.
"Zombie ja Kummitusjuna", das lakonische road movie, das am 26. Juli 1991 das Licht der Projektoren erblickte, wurde dagegen seinerzeit gleich mit drei Jussis gewürdigt (für die beste Regie, den besten Hauptdarsteller (Silu Seppälä) und die beste Kamera (Olli Varja)) und ähnelt durchaus den frühen Filmen beider Brüder: Der Zombie genannte Antti schlurft antriebslos durch Helsinki und Istanbul, geplagt von den Schwernissen der Existenz und scheinbar an allem scheiternd, versucht sich als Gitarrist zu etablieren, wird aber von seiner Alkoholsucht beeinträchtigt. Eine karge, zuweilen dokumentarische Ästhetik und eine von - hierzulande mitunter übersehenem - eigenwilligen Galgenhumor getragene Trostlosigkeit verleihen diesem Werk seine Wirkung, die für die frühen Kaurismäkis weitgehend charakteristisch ist. Zugleich markiert "Zombie ja Kummitusjuna" aber auch eine Trennung im Schaffen der Brüder, die zuvor zumindest über ihre Villealfa-Filmproduktion in einer gewissen Nähe zueinander arbeiteten, ist dieser Film doch die erste Produktion der 1987 von Mika gegründeten Marianna Films (die jüngst auch "The Girl King" hervorbrachten). Als traditionelle Kaurismäki-Kost, einschneidender Neubeginn, gefeiertes road movie und dreifach Jussi-ausgezeichnetes Werk gehört dieser Film zweifelsohne zu den bedeutendsten finnischen Filmen der frühen 90er Jahre, der auch im Ausland mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen worden ist: Zu erhalten ist er immerhin als UK-DVD mit englischen Untertiteln, ist aber hierzulande weitgehend in Vergessenheit geraten.
Registrieren/Einloggen im User-Center