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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Klassiker eines tschechischen Urgesteins

Stichwörter: 1960er Drama Hrubín Jubiläum Klassiker Liebesfilm Literaturverfilmung Spielfilm Tschechoslowakei Vávra

Romance pro kridlovku (1967)

Am 15. September 2011 ist Otakar Vávra 100jährig verstorben - ein knappes halbes Jahr vor seinem nächsten Geburtstag am 28. Februar. Die Würdigung seines Lebenswerkes zum 100. Geburtstag hatte Vávra noch erleben dürfen und kommentieren können. Dieses Lebenswerk deckte einen großen Zeitraum ab: Seit dem frühen Tonfilm war Vávra tätig, mit Kurzdokus ab "Svetlo proniká tmou" (1931) und Langspielfilmen ab "Panenství" (1937). Mit "Evropa tancila valcik" (1989) endete die Karriere dann weitgehend: bloß ein Kurzfilm Vávras wurde 2003 noch veröffentlicht. Die Würdigungen dieses Schaffens waren aber nicht ausschließlich überschwänglich und voll des Lobes: Dass Vávra zu keiner Zeit regimekritische Filme drehte, wurde ihm mehrfach vorgeworfen; und gerade seine Kriegsfilme wie "Sokolovo" (1974) zählen zu den schwächeren, tendenziöseren Werken. Die tschechische Filmhistorikerin Eva Urbanová bemühte sich allerdings darum, solche Vorwürfe zu entkräften: http://www.radio.cz/de/rubrik/kultur/unter-allen-regimes-aber-nie-devot-filmregisseur-vavra-ist-100-geworden.
SciFi-Liebhaber kennen Vávra vermutlich dank zweier Verfilmungen des Karel ?apek-Romans "Krakatit" (1922): "Krakatit" (1947) war einer der schönsten und souveränsten SciFi-Filme der 40er Jahre, während die Neuverfilmung "Temné slunce" (1980) weniger Eindruck hinterließ. Noch bekannter ist er allerdings für zwei von vier in den 60er Jahren entstandenen Filme: Für das Hexenjagd-Historiendrama "Kladivo na carodejnice", welches im Januar 1970 uraufgeführt worden war (und bisweilen als Kommentar auf die stalinistischen Säuberungen gedeutet worden war), und für "Romance pro kridlovku", die Verfilmung eines gleichnamigen Gedichts von František Hrubín, in welchem dieser eigene Jugenderinnerungen verarbeitete. Hrubín schrieb auch das Drehbuch für Vávras Verfilmung, welche die lyrische Vorlage in einen poesievollen Film überträgt, der zwar weniger experimentell ist als zeitgenössische Werke der tschechoslowakischen Neuen Welle, der auch inhaltlich eine gänzlich andere Richtung einschlägt, aber durchaus von der Frische der Neuen Welle berührt worden war: Die dramatischen, vitalen Fahrten am Ende des Prologs, die erotische Nacktszene im rauschenden Wasser, die Großaufnahmen fliegender Bienen oder Schmetterlinge, der Wechsel von Helligkeit und Dunkelheit, der Wechsel von Stille und Lärm, der gelegentliche Einsatz ungewöhnlicher Aufsichten - all dies kommt der Neuen Welle bisweilen recht nahe, bleibt aber im Großen & Ganzen konventioneller. Als Dozent an der Prager FAMU hatte er zahlreiche der Vertreter der Neuen Welle auch unterrichtet; eine wechselseitige Beeinflussung liegt daher durchaus nahe.
Worum es in dem Film geht, der am 3. März 1967 uraufgeführt worden war, verrät die Inhaltsangabe von PierrotLeFou.


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