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von PierrotLeFou

Vor 75 Jahren: Poetisch-dokumentarisches Highlight aus Belgien

Stichwörter: 1940er Belgien Dokumentarfilm Jubiläum Klassiker Porträtfilm Storck

Boerensymfonie (1944)

Als Regieassistent assistierte er Jean Vigo, für den er ebenso wie auch für Chantal Akerman vor der Kamera agierte; mit dem Niederländer Joris Ivens drehte er "Misère au Borinage" (1934) – einen der ganz großen Klassiker des Dokumentarfilms und des politischen Kinos aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gleichermaßen. Dennoch ist es ruhig um Henri Storck geworden, der von 1907 bis 1999 gelebt und ganz ähnlich wie Ivens nahezu an der gesamten Filmgeschichte des 20. Jahrhunderts hindurch teilgenommen hatte. Wie Ivens favorisierte er das dokumentarische Format: Ein Spielfilm wie "Le banquet des fraudeurs" (1952) blieb die Ausnahme. Zu Beginn standen – auch das ein ihn mit Ivens – Amateurfilme... in ihrem Zentrum: Belgische Orte und Landschaften. Aus solchen Landschaftsporträts wurden mit "Misère au Borinage" und "Les maisons de la misère" (1936) sozial engagierte Milieustudien. Dabei ist im 1936er Titel ein dramatischer Anstrich kaum zu übersehen: Die dokumentarischen Filme atmen mitunter Dokudrama-Charakter – so auch "Boerensymfonie", dessen Freiheiten gegenüber streng dokumentarischen Werken nun auch einen geradezu lyrischen Tonfall mit sich bringen und in gewisser Weise auf die kommenden, freien Künstler-Porträts vorausdeuten, die Storck in späteren Jahren zunehmend anfertigen sollte.
"Boerensymfonie" singt ein Loblied auf die Landwirte und Bauern – was angesichts der politischen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nicht ohne propagandistischen Hintergedanken geschehen war. Der Film lenkte einerseits vom Elend ab und beförderte andererseits zugleich auch die mittlerweile so wichtig für Belgien gewordene Landarbeit. Der Film ist in die vier Jahreszeiten und eine Dorfhochzeit unterteilt: Mit dieser zyklischen Struktur und dem Bund der Ehe zum Höhepunkt betont das zuversichtlich gestimmte den Fortbestandsgedanken, der diese Filmproduktion seinerzeit auch erst ermöglichte.
Während Storcks Wegbegleiter Ivens hierzulande mit inzwischen häufiger auftauchenden Publikationen und DVD-Editionen bedacht wird, fristet der belgische Dokumentarfilm-Großmeister mehr oder weniger ein Schattendasein – wobei sein Werk dank einer belgischen DVD-/BluRay-Collection der Cinemathek gut greifbar ist. Und auch "Boerensymfonie" liegt in der löblichen Edition vor.


Kommentare und Diskussionen

  1. PierrotLeFou sagt:

    Kleiner Feiertagsbonus… Allen Usern, die heute frei haben, einen erholsamen Fronleichnam… 😉

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