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von PierrotLeFou

Vor 75 und vor 50 Jahren: Kurosawa scheitert mit zwei Marksteinen seiner Karriere

Stichwörter: 1940er 1970er Bühnenstück Drama Historienfilm Japan jidai-geki Jubiläum Klassiker Kurosawa Literaturverfilmung Spielfilm

Tora no o o fumu otokotachi (1945/1952) & Dodesukaden (1970)

Akira Kurosawa hatte es zu Beginn seiner Karriere und inmitten seines Spätwerks – als er zwischen 1965 und 1990 bloß noch im 5-Jahrestakt Filme für die große Leinwand drehte – bekanntlich nicht ganz leicht. 1945, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs – und nachdem Kurosawa sich bereits dazu bewegen ließ, einen propagandistischen Film sowie eine von seiner Seite nicht angestrebte Fortsetzung eines früheren Films zu drehen –, gab es dafür sowohl finanzielle als auch ideologische Gründe: Weil er das Budget für die Pferde einer aufwendigen Schlachtszene nicht hätte auftreiben können, musste Kurosawa sein ursprünglich geplantes jidai-geki-Projekt verwerfen und es durch die Verfilmung einer Kabuki-Theater-Version eines No-Theater-Stückes ersetzen. "Tora no o o fumu otokotachi" wurde dann unter Zeit- und Gelddruck fertiggestellt, kommt mit wenigen Schauplätzen, einer Laufzeit von einer knappen Stunde und einer merklich bühnengemäßen, dialoghaften Struktur aus. Über die Einbindung einer Slapstick-Figur, die den Einfluss des US-Kinos erkennen lässt, und inszenatorische Kniffe gelingt es Kurosawa jedoch, den Stoff an filmische Konventionen anzupassen. So erzählt er die Geschichte eines Generals, der sich auf der Flucht vor dem eigenen Bruder als Lastenträger einiger Mönche tarnt und sich dabei gänzlich einem Untergebenen unterordnet, der seinen Herren sogar schlägt, um den Verdacht der Feinde zu zerstreuen. Das Ergebnis war dann weder japanischen Zensoren noch den Amerikanern während der US-Besatzung genehm: zu westlich und zuwenig patriotisch erschien das bemerkenswert pazifistische Werk den einen, zu traditionell japanisch der jidai-geki mit Kabuki- und No-Tradition den anderen. Obgleich im September 1945 fertiggestellt und noch im selben Jahr den US-Zensoren vorgelegt, fand die erste öffentliche Vorführung erst 1952 statt...
Gänzlich andere Schwierigkeiten hatte Kurosawa ein halbes Jahrhundert später. Nach "Akahige" (1965) (Anniversary-Text) waren ganze fünf Jahre ins Land gegangen, in denen Kurosawa auch aufgrund veränderter Produktionsbedingungen in seiner Heimat einen Abstecher nach Hollywood machte, aus welchem – wenngleich diese Phase für ihn als Regisseur unproduktiv erscheinen musste – immerhin Richard Fleischers "Tora! Tora! Tora!" (1970) und Andrey Konchalovskys "Runaway Train" (1985) hervorgingen. Doch seine gescheiterten Regie-Vorhaben in dieser Zeit lasteten schwer auf ihm und 1970 konzentrierte er sich dann wieder in seiner Heimat auf einen neuen Film, den er aus Kostengründen verwerfen und durch "Dodesukaden" ersetzen musste, der nach erheblichen Kürzungen einer ersten Rohfassung am 27. Oktober 1970 seine Premiere feierte – allerdings zum kommerziellen Misserfolg geriet und einem Suizidversuch des Regisseurs inmitten einer Depression am Ende des Folgejahres voranging. Der Film – Kurosawas erster Farbfilm – schildert nach eigenen Erzählungen des Regisseurs in surrealer Stilisierung und expressiv-greller Farbdramaturgie das Leben einiger Slumbewohner(innen) und wurde zwar für die Oscars eingereicht, konnte aber erst nach und nach die Gunst einer Kritiker(innen)-Mehrheit auf sich ziehen. Der Film preist farbenfroh die großen humanistischen Gesten: das Mitgefühl, das Mitleid, die Vergebung, die Reue... Aber ebenso, wie die farbgesättigten Bilder immer wieder in bedrückende Schwere umschlagen und bedrohlich verzerrend erscheinen, können auch die großen Gesten nicht verhindern, dass dennoch immer wieder Missgunst, Gewalt und Leid in den Alltag der Figuren dringen. Die hehren Ideale führen nicht geradewegs in ein besseres Utopia, sondern betreibend Schadensbegrenzung inmitten des Elends...
Das BFI hat die eher unbekannteren Kurosawas in zwei schönen Editionen zugänglich gemacht: in der Box Early Kurosawa (Fassungseintrag von Phileas) sowie in der Box Kurosawa Classic Collection (Fassungseintrag von Phileas).


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