Das wandernde Bild (1920)
Mit "Halbblut" (1919), "Der Herr der Liebe" (1919), "Harakiri" (1919) und dem Zweiteiler "Die Spinnen" (1919/1920) hatte Fritz Lang bereits Erfahrungen auf dem Regiestuhl gesammelt, nachdem er zuvor ab 1916/1917 zahlreiche Drehbücher geschrieben hatte. In diesen ersten Regiearbeiten, von denen zwei noch immer als verschollen gelten müssen, ist bereits die Lust an der Kolportage zu sehen, am Abenteuer und auch an der Exotik. Diese Gemengelage sollte Lang nie völlig aus dem Blick verlieren: Insbesondere am Ende seiner Karriere trat sie im Zweiteiler "Der Tiger von Eschnapur" (1959) und "Das indische Grabmal" (1959) wieder in aller Deutlichkeit hervor. Dazwischen hatte sich zumindest die Exotik häufiger einmal rar gemacht, aber die Lust an der Kolportage war im Grunde stets gegenwärtig bei Lang, dessen Werk im Grunde in zwei Hälften zerfällt: In Stumm- und Tonfilme (1919-1929 & 1931 ff.)... oder auch in deutsche und US-amerikanische Produktionen, zwischen denen sich "Liliom" (1934) als singuläre französische Produktion ansiedeln lässt (wobei Lang am Ende seiner Karriere nochmals nach Deutschland zurückkehrte). In der Phase bis "Liliom" (und insbesondere in der Phase des Stummfilms) bündelte Langs Schaffen vor allem verschiedene phantastische Stoffe, wohingegen er sich in den USA vornehmlich auf (teils den Nationalsozialismus anklagende) reine Kriminalfilme, Thriller, film noir und einige Western konzentrierte. Vom Nibelungenlied bis zu Zukunftsentwürfen reichte Langs Spektrum dabei, wobei er allerdings das Feld des reinen Horrorfilms aussparte. Aber die hypnotische Macht des Dr. Mabuse (noch über seinen Tod hinaus), Langs personifizierter (müder) Tod oder ein mad scientist wie Rotwang vereinen doch zumindest das Unheimliche mit Elementen der Phantastik. Dass er für die Regie von "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1920) angedacht gewesen war, passt sehr gut in dieses Bild. In seinen Drehbüchern war diese Vorliebe bereits früher sichtbar: "Hilde Warren und der Tod" (1917), "Totentanz" (1919) oder "Die Pest von Florenz" (1919) lassen das erkennen. Langs erste Regiearbeit, die in diese Richtung weist, ist wohl der am 25. Dezember 1920 erstmals gezeigte "Das wandernde Bild" (dessen Buch Lang erstmals mit seiner Partnerin Thea von Harbou schrieb).
Der Titel trügt ein wenig, wenn man ihn nicht auf Film als Bewegtbild selbst bezieht, denn ein Bild wandelt hier nicht so wirklich. "Das wandernde Bild" erzählt vielmehr eine kuriose Liebesgeschichte: Irmgard Vanderheit liebt eigentlich Georg, heiratet aber dessen Zwillingsbruder John, da Georg zwar ihre Liebe erwidert, aber die Eheschließung auch angesichts einer bevorstehenden Geburt ablehnt. Als Einsiedler geht er nach vorgetäuschtem Selbstmord ins Gebirge. In dieses flieht nach längerer Zeit auch Irmgard vor ihrem ungeliebten Gatten, der ihr immer heftiger zusetzt und – als Irmgard wieder auf Georg trifft – beide auszulöschen gedenkt. Für die Liebenden geht es glücklich aus, der fanatische Gatte bringt sich selbst den Tod. Problem ist jedoch ein Gelübde Georgs, der vor einer Madonnenstatue beteuert hatte, sein Einsiedlerdasein erst wieder aufzugeben, sollte die Statue davongehen. Reuevoll bittet er die Madonna, ihn von dem Gelübde zu entbinden, woraufhin in der Nacht ein Unwetter die Statue hinwegfegt. Zwar ist also die Madonnenfigur auch im Finale nicht wirklich gewandert, aber ein phantastisches Element ist der Geschichte doch zu eigen: der schicksalhaft anmutende Zufall ist es, der schon Irmgards Beziehung zu den Brüdern durchzieht... vor allem aber das Verschwinden der Madonna kurz nach der eindringlichen Bitte des Einsiedlers wäre zu nennen. Das ist Phantastik im engsten Sinne: die unüberprüfbare Möglichkeit, dass sich etwas Wundersames ereignet hat.
In der Hauptrolle agiert Mia May, die bereits nach anderen Lang-Drehbüchern gespielt hat. Ihr Gatte, Joe May (der etwa bei "Hilde Warren und der Tod" Regie führte), hatte Lang kurz zuvor ins Filmgeschäft geholt...
"Das wandernde Bild" ist nicht vollständig erhalten geblieben. Eine 1987 weitestmöglich rekonstruierte Version liegt ungeschnitten beim spanischen Label Divisa auf DVD vor: Fassungseintrag von Freddy J. Meyers
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So… Schon wieder Weihnachten, erneut Zeit für ein paar Bonus-Titel in rascher Folge. Den Anfang macht Fritz Lang mit einem Klassiker, der fast auf den Tag genau passt und darüber hinaus auch religiös aufgeladen ist… Ansonsten dürften die Feiertage diesmal – sofern man sie denn überhaupt begeht – etwas einsamer, beklemmender, bedrückender sein, vielleicht auch etwas erholsamer und besinnlicher, womöglich etwas trauriger und tragischer, für manche sicher auch anstrengender und belastender… Ich wünsche einfach allen Usern das Beste und ein paar angenehme Feiertage, die man diesmal vielleicht nicht mit Freunden und Familie, aber doch mit ein paar guten Filmen füllen kann… 😉