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von PierrotLeFou

Vor 25 Jahren: DER britische Kultfilm der 90er Jahre

Stichwörter: 1990er Boyle Bremner Carlyle Drama Großbritannien Groteske Hodge Jubiläum Klassiker Komödie Literaturverfilmung MacDonald McGregor Miller Spielfilm Tragikomödie Welsh

Trainspotting (1996)

In den 90er Jahren konnten zwar britische Kinos zunehmend steigende Besucherzahlen verbuchen, die britischen Filme selbst jedoch spielten insgesamt sowohl in Großbritannien selbst als auch international eine weniger große Rolle als zuvor, auch wenn inzwischen deutlich mehr Geld in die nationale Filmproduktion gepumpt worden war. Aber freilich gab es auch die einzelnen Filme, die sich umso glorreicher aus der Masse abzuheben verstanden: "Four Weddings and a Funeral" (1994) und "The Full Monty" (1997) wären vor allem zu nennen, wenn es um die großen Kassenerfolge geht – und natürlich der in US-amerikanischer Koproduktion entstandene "Notting Hill" (1999). Auch ein eigenwilligerer "The Crying Game" (1992) erwies sich nach kleinen Anlaufschwierigkeiten letztlich als ausgesprochen erfolgreich. Und da wären noch die größeren heritage movies eines James Ivory und die großen Literaturverfilmungen nach Shakespeare oder Austen, derweil sich in den Programmkinos regelmäßig britische Tragikomödien wie z. B. "The Madness of King George" (1994), "The Englishman Who Went Up a Hill But Came Down a Mountain" (1995), "In the Bleak Midwinter" (1995), "Brassed Off" (1996) die Gunst des Publikums sichern konnten. Sucht man in der Dekade jedoch einen echten britischen Kultfilm, dann müsste die Wahl fraglos auf Danny Boyles "Trainspotting" fallen, der am 23. Februar 1996 erstmals zu sehen ist – und dem nicht einmal ein "Lock, Stock and Two Smoking Barrels" (1998) eines jungen Guy Ritchie Konkurrenz machen kann.
"Trainspotting" geht zurück auf den gleichnamigen Roman Irvine Welshs, mit dem der gebürtige Edinburgher seinerzeit den großen Durchbruch zu erzielen vermochte. Dieser Roman, 1993 erschienen und bald zum meistgeklauten Roman Großbritanniens avanciert, verfolgt seine Hauptfiguren episodenhaft durch das Edinburgher Junkie-Milieu und durch skandalträchtige Situationen. Boyle nahm sich in der Umsetzung ein paar Freiheiten und setzt seine Episoden – ein wenig die unterschiedlichen Ausdrucksweisen des Romans berücksichtigend – mit einer großen Stilvielfalt um, die sich bloß einer Regel verschrieben haben zu scheint: abzurücken vom britischen kitchen-sink-Realismus. Ein furioser Soundtrack – darunter Iggy Pops "Lust for Life" – unterstützt die dramaturgische und visuelle Dynamik des Films noch, der nicht von oben herab auf die Junkie-Szene blickt, sondern trotz allen Drecks, trotz aller Erbärmlichkeiten und trotz aller asozialer Akte auch die Freude der Akteure einfängt und darüber hinaus auch die vermeintlich normale Gesellschaft mit ihren ganz eigenen Süchten und Wahnideen attackiert. Herausgekommen ist eine inhaltlich im besten Sinne herausfordernde, rasant erzählte und stilistisch schillernde Groteske, die auch Raum für leise Töne lässt. Boyle, sein Autor John Hodge und der Produzent Andrew MacDonald, die schon bei "Shallow Grave" (1994) und auch später mehrfach zusammenarbeiteten, ließen 21 Jahre später noch die Fortsetzung "T2 Trainspotting" (2017) folgen, mit der man nochmals auf Elemente aus Welshs "Trainspotting" – und dessen Fortsetzung "Porno" (2002) – zurückgriff, aber trotz Original-Casts (Ewan McGregor, Ewen Bremner, Robert Carlyle und Jonny Lee Miller) nicht mehr an die Qualität des Vorgängers anknüpfen konnte.
Mehr? Review von Apollon


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