Whity (1971) & Warnung vor einer heiligen Nutte (1971)
1971 gelangen vier Filme Fassbinders erstmals zur Aufführung bzw. Ausstrahlung: Die TV-Produktionen "Rio das Mortes" (1971) und "Pioniere in Ingolstadt" (1971), sowie das Western-Melodram "Whity", uraufgeführt am 2. Juli 1971, und der Metafilm "Warnung vor einer heiligen Nutte", uraufgeführt am 28. August 1971. Beiden Filmen stehen nicht bloß chronologisch oder alphabetisch dicht zusammen in Fassbinders Filmografie. Es handelt sich darüber hinaus auch um die ersten Zusammenarbeiten Fassbinders mit Michael Ballhaus, der ab "Whity" auf die kostenspieligeren Fassbinderfilme abonniert zu sein schien; und es handelt sich – weit mehr als beim Gangsterfilm "Liebe ist kälter als der Tod" (1969) – um deutlich filmgeprägte Filme, um Metafilme in einem mehr oder weniger engen Sinn.
Bei "Whity" handelt es sich noch um einen Metafilm im weniger engen Sinn: Es ist kein Film über das Filmemachen, aber doch ein Film in dem Melodram- und Westerneinflüsse Hollywoods größere Bezugspunkt darstellen als die damalige (west)deutsche Befindlichkeit. "Whity", die für das zeitgenössische Publikum untypisch wirkende Geschichte des unehelichen farbigen Sohnes eine Grundbesitzers, für dessen Familie er als Diener arbeitet, für die er sich allerdings auch Killer in mehreren Intrigen einspannen lässt, um gegen Ende als einzig Überlebender mit einer Prostituierten ein neues Leben anzufangen (wobei alles eher auf ein Verdursten in der Wüstenlandschaft hindeutet), wurde weder vom Festivalpublikum, noch von der Filmkritik besonders positiv aufgenommen, blieb zunächst ohne Verleih, lief auch für Jahre nicht im Fernsehen... Heute gilt der mit Günther Kaufmann, Hanna Schygulla, Katrin Schaake, Harry Baer, Ulli Lommel und Kurt Raab typisch besetzte Film mit seiner Ballhaus-Fotografie und denHollywood-Bezügen als zumindest richtungsweisender, wenn auch nicht immer als rundum gelungener Fassbinder. Günstig zu bekommen ist in der Zweitausendeins-DVD-Reihe: Fassungseintrag von TakaTukaLand
Die Richtung, in die "Whity" wies, tauchte dann etwa in "Warnung vor einer heiligen Nutte" auf, in dem sich Fassbinder mit einem Filmdreh selbst befasst. Oder eher mit seinem Ausbleiben. Lou Castel, Eddie Constantine, Marquard Bohm, Hanna Schygulla, Fassbinder selbst, Margarethe von Trotta, Ulli Lommel, Kurt Raab, Werner Schroeter, Magdalena Montezuma, Ingrid Caven, Katrin Schaake, Michael Fengler, Harry Baer, Peter Berling und (als Sprecherin) Irm Hermann treten dabei vor die Kamera, um Cast und Filmcrew eines Filmprojekts zu bilden, dessen Regisseur jedoch wie der Star, das Geld, das Material einfach nicht auftauchen will. Anders als beim Warten auf Godot tauchen Regisseur und Star dann aber doch auf, derweil die Wartenden sich längst gehörig aufgerieben haben. Es beginnt ein produktives Chaos, in dem sich immer wieder kleinere und größere Abhängigkeiten unter den Anwesenden herausschälen, in dem reichliche Portionen Sadismus und Masochismus wirken und dabei doch das kreative Projekt in die Wege leiten. Dass hier nicht bloß Fassbinders Liebe zum Film, sondern auch allerlei Autobiografisches hineingeflossen ist, liegt auf der Hand: als Double Feature mit Oskar Roehlers Fassbinder-Biopic "Enfant terrible" (2020) mag "Warnung vor einer heiligen Nutte" diesen Gedanken besonders schnell in einem aufsteigen lassen. Arrow hat diesen Klassiker neben "Händler der vier Jahreszeiten" vor wenigen Jahren auf Blu-ray herausgebracht: Fassungseintrag von pinheadraiser1
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