Die dänische Filmkultur zählte vor dem Ersten Weltkrieg zu den weltweit fĂĽhrenden Spitzenreitern: Die 1906 gegrĂĽndete und bis heute bestehende Nordisk, die 1910 ins Licht der Ă–ffentlichkeit getretene, hocherotische Asta Nielsen und der ebenfalls 1910 populär gewordene, attraktive Valdemar Psilander (der sein DebĂĽt als Dorian Gray in “Dorian Grays Portræt” (1910) gab), der Drehbuchautor (und spätere Regisseur) Stellan Rye, Regisseure wie Holger-Madsen, August Blom, Benjamin Christensen oder Urban Gad – der sich auch an einem der ersten theoretischen Texte ĂĽber das Kino versuchte – ĂĽberzeugten ihrerzeit mit hochwertiger Qualität; Nielsen und ihr Partner Gad gingen bereits 1911 nach Deutschland, auch Rye zog es 1913 dorthin. Die zunehmende internationale Konkurrenz auf dem Gebiet des abendfĂĽllenden Spielfilms und der Umstand, dass Deutschland – einer der bisher wichtigsten Märkte fĂĽr Dänemarks Filmschaffen! – die zuvor uneingeschränkte Filmeinfuhr regulierte, sorgten alsbald dazu, dass Dänemark seine fĂĽhrende Position einbĂĽĂźte, wenngleich mit Carl Theodor Dreyer ab 1919 immerhin einer der nach wie vor renommiertesten Filmregisseure ĂĽberhaupt die dänische Filmlandschaft mit Bravour vertrat. August Blom, der später zum Teil auch DrehbĂĽcher von Dreyer verfilmte und noch bis 1925 tätig war, hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Karrierehöhepunkt schon längst ĂĽberschritten: 1910 beginnt seine Karriere als Regisseur, 1911 folgt ein erster groĂźer Klassiker – der Asta Nielsen-Film “Balletdanserinden” – und es beginnt eine intensive Zusammenarbeit mit Psilander; 1913 legt er mit dem gut zweistĂĽndigen “Atlantis” (1913) einen seiner populärsten Filme vor, der zudem die Entstehung des Langfilms erheblich beeinflusst hat.
“Verdens undergang” ist dann wie “Atlantis” ein Mix aus Melodram und effektvollem Katastrophenfilm, angereichert mit einem Touch Science Fiction: Der am 01. April 1916 uraufgefĂĽhrte Streifen ist freilich in erster Linie ein moralisches ErbauungsstĂĽck, das sein Weltuntergangsszenario zwischen Religiosität, Sittlichkeit und Demut einerseits und Dekadenz und Ăśberheblichkeit andererseits ansiedelt – um die Ăśberlebenden der Katastrophe nicht zufällig aufgrund des Kirchenglocken-Läutens zueinander finden zu lassen. Die Katastrophen-Sequenzen mögen aus der heutigen Perspektive sicherlich verhalten, spärlich gesät und etwas altbacken wirken, haben aber ihrerzeit durchaus Eindruck hinterlassen. FĂĽr den Hauptdarsteller Olaf Fønss war es der letzte Auftritt fĂĽr die Nordisk: er arbeitete ab 1916 vor allem in Deutschland, wo er direkt im Anschluss an Bloms Katastrophenfilm mit Otto Ripperts SciFi-Filmreihe “Homunuculus” (1916) groĂźen Erfolg hatte.
Gemeinsam mit dem späteren dänischen SciFi-Film “Himmelskibbet” (1918), der heutzutage in seinen phantasievolleren Schauwerten sicherlich etwas frischer geblieben ist, liegt “Verdens undergang” in der Reihe Danske Stumfilmklassikere bei Det Danske Filminstitut auf DVD vor, die mit diesen zwei dänischen SciFi-Vorstößen aus der Zeit des relativen Niedergangs der dänischen Filmlandschaft fĂĽr SciFi-Fans und Stummfilm-Liebhaber sehr zu empfehlen ist: Fassungseintrag von Intergalactic Ape-Man
PierrotLeFou
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