Mit “Mudar de Vida” – der am 10. September 1966 auf den Internationalen Filmfestpielen von Venedig erfolgreich lief – wiederholt de Cunha Telles die Zusammenarbeit mit Rocha: statt der Geschichte eines jungen Mannes, der in die Großstadt zieht und sich dort nicht zurechtfindet, erzählt Rocha nun nach einem Text von Antonio Reis – der bei de Oliveiras “Acto da Primavera” Regieassistent gewesen war – eine stärker an den Neorealismus erinnernde Geschichte über einen jungen Mann, der nach seinem Militärdienst in den afrikanischen Kolonien wieder in sein Heimatdorf zurückkehrt; doch die frühere Geliebte ist längst die Frau seines Bruders geworden, der harten Arbeit auf dem Meer kann er wegen einer Verwundung nicht mehr nachgehen und überhaupt steht der kleine Ort mehr oder weniger vor dem drohenden Niedergang. Bei einem Viehzüchter findet er eine neue Arbeit und lernt schließlich eine Einzelgängerin kennen, mit der er einen Neuanfang plant. Rocha verfolgt hier vor allem ein dokumentarisches, sozialkritisches Interesse, das er in eine fiktive Geschichte gießt, welche die Kolonialkriege ebenso streift wie auch die Emigration. Gedreht hat er zum Teil mit Laiendarstellern und der von einer sorgfältigen Kameraarbeit geprägte Film setzt vornehmlich auch nüchterne, dokumentarische Eindrücke, die hin und wieder von elegischen, poesievollen Bildern durchdrungen werden. “Mudar de Vida” ist wie “Os Verdes Anos” wieder eine rein portugiesische Produktion de Cunha Telles’, deren Verwirklichung den Produzenten vor einige finanzielle Probleme stellte: Der Zusammenbruch seiner eigenen Produktionsfirma im Folgejahr war schon zu erahnen gewesen. Von 1968 bis 1985 arbeitete de Cunha Telles nur noch selten als Produzent und führte stattdessen vermehrt selber Regie, wobei nur sein Debüt “O Cerco” nachhaltigen Eindruck bei Kritik und Publikum hinterließ. Als eine der für lange Zeit letzten Produktionen de Cunha Telles’ und als zweite und für viele Jahre letzte Regiearbeit Rochas nimmt “Mudar de Vida” eine markante Stellung im Novo Cinema ein, welches fortan nicht mehr (wie von 1962 bis 1967) durch de Cunha Telles’ Produktionen (darunter wären noch “Belarmino” (1964), “O Crime da Aldeia Velha” (1964), “As Ilhas Encantadas” (1965), “Domingo à Tarde” (1965) zu erwähnen!), sondern durch das Engagement der ab 1967 vermehrt auf den portugiesischen Film blickenden Gulbenkian-Stiftung am Leben erhalten wurde.
“Mudar de Vida” ist gemeinsam mit Rochas Debüt “Os Verdes Anos” als portugiesische Paulo Rocha-DVD-Edition Coleção Paulo Rocha Vol.1 mit englischen UT erhältlich.
PierrotLeFou
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