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Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 50 Jahren: Robbe-Grillet erzÀhlt erneut unzuverlÀssig

19. MĂ€rz 2018 | Stichwörter: 1960er, Erotik, Frankreich, JubilĂ€um, Klassiker, Krieg, Nouvelle-Vague, Robbe-Grillet, Spielfilm, Trintignant, Tschechoslowakei


L’homme qui ment (1968)

Bereits 1966 hatte der Schriftsteller und Regisseur Alain Robbe-Grillet (dessen Todestag sich gestern zum zehnten Mal jĂ€hrte) mit „Trans-Europ-Express“ eine originelle Methode entwickelt, mit den Konventionen von Filmgenres und Filmnarrationen zu spielen (siehe den entsprechenden Anniversary-Text von PierrotLeFou). Mit „L’homme qui ment“, der am 27. MĂ€rz 1968 in den französischen Kinos anlief, sollte Robbe-Grillet den eingeschlagenen Pfad konsequent weiterverfolgen, nicht ohne jedoch seine PrĂ€missen zu verschĂ€rfen und damit fĂŒr das Publikum erneut ein sowohl intellektuell als auch erotisch stimulierendes Labyrinth zu erschaffen.

Daß „L’homme qui ment“ in mancher Hinsicht eine Fortsetzung von „Trans-Europ-Express“ ist, macht nicht nur die erneute Hauptrolle von Jean-Louis Trintignant deutlich. Nach der De- und Rekonstruktion des Kriminalfilms ist es nun das Genre des Kriegs- oder Widerstandsfilmes, dessen Standardsituationen Robbe-Grillet genußvoll zitiert, um sie zugleich ad absurdum zu fĂŒhren. Trintignant verkörpert die undurchschaubare Titelfigur: er ist der Mann, der lĂŒgt, wenn er – Ort und Zeit bleiben hier unbestimmt, doch die feindlichen Besatzer tragen Wehrmachtsuniformen – ein Grenzdorf erreicht und erzĂ€hlt, wer er ist und woher er kommt. Er nennt sich Boris Varissa und war Kamerad des im Dorf verehrten Widerstandshelden Jean Robin, doch was genau geschehen ist und ob Boris oder Jean nun Helden, VerrĂ€ter oder die gleiche Person sind, variiert bei jeder Gelegenheit, bei der Boris die Geschichte erzĂ€hlt. Das Ziel seiner Selbstdarstellung ist die VerfĂŒhrung dreier attraktiver MĂ€dchen (Jeans Frau, Jeans Schwester und ein ZimmermĂ€dchen), die sich in einem alten Schloß homoerotischen Liebkosungen widmen und sich Boris vielleicht oder tatsĂ€chlich hingeben
 Doch es ist die Kamera selbst, die bereitwillig fĂŒr jede Version von Boris‘ Geschichten immer neue RĂŒckblenden zur VerfĂŒgung stellt. Nichts deutet fĂŒr den Zuschauer darauf hin, welche der Versionen wahr sein könnte oder ob ĂŒberhaupt eine wahre dabei ist, nicht einmal die Tode, die Boris zu Beginn und zum Ende des Films stirbt, sind verlĂ€ĂŸlich. Tonspur und Voiceover widersprechen gelegentlich dem, was die Bilder zeigen, und ĂŒberhaupt bedient sich Robbe-Grillet aller nur denkbarer cineastischer Methoden, um dem Zuschauer den Boden der Gewißheit unter den FĂŒĂŸen wegzuziehen. Damit fĂ€llt die rĂŒckversichernde narrative Rahmung weg, die in  „Trans-Europ-Express“ noch gegeben war, in „L’homme qui ment“ könnte alles, was zu sehen und zu hören ist, eine LĂŒge sein – von Boris, Jean oder natĂŒrlich von Robbe-Grillet selbst.

Damit trĂ€gt „L’homme qui ment“ die unverkennbare Handschrift seines Verfassers und ist ein hochintelligentes und sinnliches Vexierspiel, eine Zurschau- und Infragestellung der erotischen VerfĂŒhrungskraft von Heldengeschichten und -figuren, zugleich ein Kommentar zu einem Filmgenre und zur Art und Weise, wie der noch nicht lange zurĂŒckliegende Weltkrieg im PopulĂ€rmedium des Kinos verhandelt wird. In Deutschland ist der Film leider nicht verfĂŒgbar, in Großbritannien ist er jedoch in einem mustergĂŒltigen Robbe-Grillet-Boxset als Blu-ray (Fassungseintrag) oder DVD erhĂ€ltlich.


ratz



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