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Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 25 Jahren: Jane Campions größter Wurf?

11. Mai 2018 | Stichwörter: 1990er, Australien, Campion, Drama, Frankreich, Hunter, Jubiläum, Keitel, Klassiker, Liebesfilm, Neill, Neuseeland, Nyman, Paquin, Spielfilm


The Piano (1993)

Man kann sich auf das Neuseeländische in Jane Campions Filmen beziehen – was gerade in der Zeit, bevor Peter Jackson mit “Lord of the Rings” (2001-2003) auch jenseits von Splatter-/Horrorfans große Popularität erlangte und in der die neuseeländische Landschaft noch wesentlich exotischer wirkte als heutzutage, mehrfach geschehen ist. Man kann sich aber auch darauf konzentrieren, dass Campion wie ihre etwas jüngere Landsmännin und Kollegin Niki Caro (“Whale Rider” (2002)) in ihren besten Filmen emanzipierte, eindringliche Frauenporträts entwirft.
1986 hatte Campion bereits mit ihrem Kurzfilm “An Exercise in Discipline – Peel” (1982) die Goldene Palme in Cannes gewonnen. 1986 entstand auch ihr erster Langfilm “Two Friends”: eine rückwärts erzählende TV-Produktion, die ebenfalls in Cannes zu sehen war. Größere Bekanntheit brachten ihr dann die Filme “Sweetie” (1989) und besonders “An Angel at My Table” (1990) ein: Letzterer, ein Biopic über die neuseeländische Autorin Janet Frame, war ursprünglich als Mini-Serie fürs Fernsehen entstanden, dann aber als Kinofilm ausgewertet worden und stieß international auf große Aufmerksamkeit. Campion erhielt dafür den Großen Spezialpreis der Jury in Venedig und wurde – wie Hauptdarstellerin Kerry Fox und Janet Frames literarisches Werk – nochmals erheblich bekannter.
Der ganz große Wurf gelang ihr dann aber mit dem Mitte Mai 1993 uraufgeführten “The Piano”, der nicht zuletzt mit seiner Besetzung Aufsehen erregte: Urgestein Harvey Keitel gibt hier vollsten Körpereinsatz, Holly Hunter – hierfür oscar-prämiert – feierte hiermit ihren wohl größten Erfolg. Die Neuseeländer Sam Neill und Anna Paquin erlebten ebenfalls große Popularitätsschübe dank “The Piano”: Für Neills Karriere war wohl bloß noch “Jurassic Park” (1993) zu jener Zeit ähnlich entscheidend – und Paquin (bei den Dreharbeiten erst zehn Jahre alt!) erhielt 1994 den Oscar als beste Nebendarstellerin für “The Piano”.
Nicht zu übergehen wäre freilich noch Komponist Michael Nyman, dessen Soundtrack den Film erheblich veredelt. Nyman war lange Jahre der perfekte Komponist für Peter Greenaway gewesen, dessen Kurzfilme er seit Mitte der 70er Jahre regelmäßig mit Musik ausstattete, um ab “The Draughtsman’s Contract” (1982) auch fast alle Langfilme Greenaways zu begleiten, ehe sie sich während der Arbeit an “Prospero’s Books” (1991) dauerhaft zerstritten. Aus der Post-Greenaway-Ära Nymans gehört der OST zu “The Piano” sicherlich zu Nymans besten Werken.

Aber freilich ist es vor allem Campions Leistung (Buch & Regie), die einen hervorragenden Film zustande gebracht hat. Einmal mehr widmet sie sich einem – diesmal fiktiven – Frauenschicksal und nicht zufällig läuft im Mittelteil des Films eine Theateraufführung des Blaubart-Stoffes. Gegen diesen mutet das Schicksal von Ada McGrath (Holly Hunter) weit weniger schrecklich an und besitzt eher eine sanfte, melancholische Tragik. Zu Beginn des Film steht Ada, die auf Weisung des Vaters in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Ehe mit einem Fremden in Neuseeland einzugehen hat, am Strand neben ihrem mitgeführten Piano, das in dieser Kulisse so surreal wirkt wie die strenge, formvollendete Kleidung der Frau. Ada, die verwitwet ist, eine junge Tochter mit sich führt und seit dem sechsten Lebensjahr nicht mehr gesprochen hat, hängt an der Musik, aber ihr neuer Gemahl Alistair Stewart (Sam Neill) lässt das schwere Piano am Strand zurück, als er Ada samt Tochter von einigen Maoris mit Hab und Gut zu seinem Anwesen bringen lässt. Der mit den Maoris lebende Nachbar Baines (Harvey Keitel) wird sich des Pianos annehmen. Und Ada, die sofort sein Gefallen erregt, kann es gegen Besuche und kleine Gefälligkeiten Taste für Taste zurückkaufen.
Baines macht sie gewissermaßen zur Hure, erkennt das aber selber früh genug und beweist eine aufrichtige, ehrliche Liebe. Stewart ist hingegen zwar etwas unsensibel und verständnislos, aber keinesfalls lieblos oder unsympathisch. Dennoch wird er in dieser sich entwickelnden Dreiecksbeziehung zum Schuldigen, während Ada ganz behutsam ihre Zuneigung zu Baines entdeckt und im Umfeld dieses Naturburschen nicht bloß die feine, beengende Kleidung aus der englischen Heimat abwirft, sondern auch wieder zur Sprache findet und nicht mehr bedingungslos an das Piano gebunden erscheint.
Campion erzählt hier eine Emanzipationsgeschichte, ohne simplifizierende s/w-Bilder zu bemühen. Mit viel Verständnis begegnet sie allen Akteuren, reizt die Symbolhaftigkeit von Piano und europäischen Gewändern niemals aus. Und auch der Tonfall erschöpft sich niemals im Tragischen, im Sentimentalen, in einem Leidensgestus: Wie in Nymans Musik gibt es immer genug Platz für lebensfrohe, vergnügte Momente – jenen Momenten ähnelnd, die man etwa schon aus “An Angel at My Table” kennt. Und auch inszenatorische Raffinesse steckt zuhauf in diesem kleinen Meisterwerk der 90er Jahre: das ist schon in den ersten Bildern zu sehen, schon in den ersten Zeilen zu hören, erstreckt sich über Animationen und Schattenspiele, über sorgsame Farbdramaturgien und elegante Kamerafahrten durch den ganzen Film.
Bei Arthaus/Kinowelt liegt der Film günstig als BluRay vor: Fassungseintrag von Wishmaster27


PierrotLeFou



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