Vor 50 Jahren: Jacques Rivette lotet Grenzen aus 11. Januar 2019 | Stichwörter: 1960er, Drama, Frankreich, Jubiläum, Kalfon, Klassiker, Ogier, Rivette, Spielfilm L’amour fou (1969) Von 1949 bis 1956 drehte Jacques Rivette erste Kurzfilme. Ab “Paris nous appartient” (1961) drehte er dann schlieĂźlich Langfilme, bei denen die Länge in der Tat bemerkenswert ausfällt. Um 140 Minuten kreisten beide Filme bereits. “L’amour fou” (1969), mittlerweile das am seltensten zu sehende Werk Rivettes, ist hingegen bald so lang wie die ersten zwei Langfilme zusammen: Ăśber mehr als vier Stunden erstreckt sich die Handlung des Films – und erwies sich thematisch, inszenatorisch und im Hinblick auf die Länge als richtungsweisend. Ăśber mehr als vier Stunden erstreckte sich auch die Kurzfassung “Out 1: Spectre” (1972) seines folgenden Spielfilm-Projekts, das in seiner Langfassung (1971) bald 13 Stunden fĂĽllt. Der 5½stĂĽndige Jeanne D’Arc-Zweiteiler “Jeanne la Pucelle” (1994) und die vierstĂĽndige Langfassung von “La belle noiseuse” (1991) lieĂźen später neben vielen DreistĂĽndern Rivettes Hang zum Ausufernden erkennen. Aber “L’amour fou” teilt nicht bloĂź die enorme Laufzeit mit Rivettes folgenden Werken. Der am 15. Januar 1969 uraufgefĂĽhrte Film behandelt bereits das Theater, das immer wieder bei Rivette eine zentrale Rolle spielen sollte. Hier ist es ein Pärchen, das gemeinsam Theater spielt: Sie (Bulle Ogier) verlässt jedoch die Gruppe, er (Jean-Pierre Kalfon) – der Regisseur und Hauptdarsteller – macht mit einer alten Bekannten weiter; und Spiel und Wirklichkeit, Privatleben und Kunst beeinflussen sich nun gegenseitig. In “Out 1″ (1971/72), “L’amour Par Terre” (1984), “La bande des quatre” (1989), “Va savoir” (2001) und in gewisserweise auch “CĂ©line et Julie vont en bateau” (1974) setzt sich die in “L’amour fou” begonnene Prämisse konsequent fort. In der Improvisation des Theaterspielens spiegelte sich bisweilen die Improvisation der Filmdrehs, die mitunter – und erstmals eben in “L’amour fou” – zu den extravaganten Laufzeiten beitrug. Spannenderweise lässt sich das Verhältnis von Theater und (innerfilmischer) Wirklichkeit dabei kaum auf ein stets wiederkehrendes System zurĂĽckfĂĽhren: Die improvisierten Langfilme Rivettes bewahrten sich ab “L’amour fou” immer eine (eben improvisierte) Unberechenbarkeit. In “Paris nous appartient” (1961) war im Grunde schon das Allermeiste aus Rivettes Ĺ’uvre angelegt. “L’amour fou” ergänzt noch ein wichtiges Motiv und die Bereitschaft zur radikalen Länge. Eine angemessene Veröffentlichung steht noch immer aus; die angeblich einzige 35-mm-Kopie macht nur selten die Runde. Rivettes Fans mĂĽssen notgedrungen auf die Archive des Internets zurĂĽckgreifen. Aber da wohl kaum jemand die Veröffentlichung von “Out 1″ fĂĽr möglich gehalten hätte, darf man wohl noch hoffen, das bald einmal die letzte LĂĽcke bezĂĽglich Rivette-Heimkino-Veröffentlichungen geschlossen wird. PierrotLeFou
L’amour fou (1969)
Von 1949 bis 1956 drehte Jacques Rivette erste Kurzfilme. Ab “Paris nous appartient” (1961) drehte er dann schlieĂźlich Langfilme, bei denen die Länge in der Tat bemerkenswert ausfällt. Um 140 Minuten kreisten beide Filme bereits. “L’amour fou” (1969), mittlerweile das am seltensten zu sehende Werk Rivettes, ist hingegen bald so lang wie die ersten zwei Langfilme zusammen: Ăśber mehr als vier Stunden erstreckt sich die Handlung des Films – und erwies sich thematisch, inszenatorisch und im Hinblick auf die Länge als richtungsweisend. Ăśber mehr als vier Stunden erstreckte sich auch die Kurzfassung “Out 1: Spectre” (1972) seines folgenden Spielfilm-Projekts, das in seiner Langfassung (1971) bald 13 Stunden fĂĽllt. Der 5½stĂĽndige Jeanne D’Arc-Zweiteiler “Jeanne la Pucelle” (1994) und die vierstĂĽndige Langfassung von “La belle noiseuse” (1991) lieĂźen später neben vielen DreistĂĽndern Rivettes Hang zum Ausufernden erkennen. Aber “L’amour fou” teilt nicht bloĂź die enorme Laufzeit mit Rivettes folgenden Werken. Der am 15. Januar 1969 uraufgefĂĽhrte Film behandelt bereits das Theater, das immer wieder bei Rivette eine zentrale Rolle spielen sollte. Hier ist es ein Pärchen, das gemeinsam Theater spielt: Sie (Bulle Ogier) verlässt jedoch die Gruppe, er (Jean-Pierre Kalfon) – der Regisseur und Hauptdarsteller – macht mit einer alten Bekannten weiter; und Spiel und Wirklichkeit, Privatleben und Kunst beeinflussen sich nun gegenseitig. In “Out 1″ (1971/72), “L’amour Par Terre” (1984), “La bande des quatre” (1989), “Va savoir” (2001) und in gewisserweise auch “CĂ©line et Julie vont en bateau” (1974) setzt sich die in “L’amour fou” begonnene Prämisse konsequent fort. In der Improvisation des Theaterspielens spiegelte sich bisweilen die Improvisation der Filmdrehs, die mitunter – und erstmals eben in “L’amour fou” – zu den extravaganten Laufzeiten beitrug. Spannenderweise lässt sich das Verhältnis von Theater und (innerfilmischer) Wirklichkeit dabei kaum auf ein stets wiederkehrendes System zurĂĽckfĂĽhren: Die improvisierten Langfilme Rivettes bewahrten sich ab “L’amour fou” immer eine (eben improvisierte) Unberechenbarkeit. In “Paris nous appartient” (1961) war im Grunde schon das Allermeiste aus Rivettes Ĺ’uvre angelegt. “L’amour fou” ergänzt noch ein wichtiges Motiv und die Bereitschaft zur radikalen Länge. Eine angemessene Veröffentlichung steht noch immer aus; die angeblich einzige 35-mm-Kopie macht nur selten die Runde. Rivettes Fans mĂĽssen notgedrungen auf die Archive des Internets zurĂĽckgreifen. Aber da wohl kaum jemand die Veröffentlichung von “Out 1″ fĂĽr möglich gehalten hätte, darf man wohl noch hoffen, das bald einmal die letzte LĂĽcke bezĂĽglich Rivette-Heimkino-Veröffentlichungen geschlossen wird.
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