Dem Wahnsinn des Krieges mit subversivem Humor zu begegnen, ist eine alte Strategie in der Menschheits- und Literaturgeschichte, die natĂŒrlich auch den Weg ins Medium Film gefunden hat. Ein ganz neues und junges Publikum, nĂ€mlich die Masse der engagierten Vietnamkriegsgegner, erschloĂ Robert Altmans MilitĂ€rsatire âMASHâ, die am 25. Januar 1970 erst nach groĂen Bedenken des verantwortlichen Studios MGM in die Kinos kam und seitdem zum Klassiker des Antikriegsfilm geworden ist.
âMASHâ basiert auf den Koreakrieg-Erinnerungen des Chirurgen H. Richard Hornberger, die wiederum von Ring Lardner Jr. zu einem Drehbuch verarbeitet wurden. Nachdem dafĂŒr lange kein Regisseur gefunden werden konnte, fiel die Wahl auf den bereits 44 Jahre alten Robert Altman, der hauptsĂ€chlich fĂŒr das Fernsehen tĂ€tig gewesen war, sich aber eben erst durch den kanadisch-britischen Arthouse-Film âThat Cold Day in the Parkâ (1969) einen Namen gemacht hatte. Eindeutig nicht gerechnet hatte MGM jedoch mit dem kreativen Eigensinn Altmans, der sich sehr zum MiĂfallen Lardners nur lose an das Drehbuch hielt und seinem Ensemble von aufstrebenden Jungschauspielern (Donald Sutherland, Elliott Gould, Tom Skerritt) viel Raum fĂŒr Improvisation gab. Durch das Vermeiden von expliziten Hinweisen darauf, daĂ das Geschehen im Koreakrieg der 1950er spielt, scheinen sich die karnevalesken Geschehnisse in MASH auf den seinerzeit gefĂŒhrten Vietnamkrieg zu beziehen und diesen damit tagesaktuell zu kommentieren. Altman achtet jedoch darauf, das anarchisch-alberne Treiben der MilitĂ€rĂ€rzte durch deutliche und blutige Operationsszenen sowie die bedingungslose Hingabe jener Ărzte an ihre Aufgabe zu konterkarieren. Dergestalt erklĂ€ren sich das obsessive antiautoritĂ€re Verhalten und die Sex- und Sportbesessenheit der Ărzte als explizite MiĂachtung der sinnlosen und absurden Kriegsereignisse und deren ideologischer Ziele. Alles, was der Krieg bei Altman leistet, ist die Lieferung beschĂ€digter, wieder zusammenzuflickender Körper, damit diese im AnschluĂ erneut dem Krieg zugefĂŒhrt werden können. Bitterer Humor ist die einzig mögliche Flucht aus dieser AbsurditĂ€t.
Der fĂŒr MGM völlig ĂŒberraschende Erfolg von âMASHâ gab Altman die Gelegenheit, noch viele Jahre weiter in Hollywoods Kinofilme zu drehen â die inzwischen wohlbekannten âAltmanismenâ sind bereits in âMASHâ in voller Pracht entfaltet (wuselige Ensembleszenen, ĂŒberlappende Dialoge, bewegliche KamerafĂŒhrung mit Zoom-Einsatz). Auch eine gleichnamige TV-Serie entstand im Nachklapp, blieb elf Staffeln lang erfolgreich und erzeugte diverse Spin-offs. Altmans Film ist bei uns auf DVD (Fassungseintrag) und Blu-ray (Fassungseintrag) erhĂ€ltlich, wobei letztere die umfangreicheren Extras bietet. Die lesenswerte Kritik von Mountie spart auch Kritikpunkte, etwa bezĂŒglich eines sexistischen Rollenbildes, nicht aus.
ratz
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