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Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 75 Jahren: Billy Wilders eindringliches Trinker-Drama

5. Oktober 2020 | Stichwörter: 1940er, Drama, Jackson, Jubiläum, Klassiker, Milland, Noir, Rózsa, Spielfilm, USA, Wilder


The Lost Weekend (1945)

Es ist eine wohlbekannte Standardsituation in alten Hollywoodfilmen: ein Drink zu jeder Tageszeit, als Aperitif, zur Anregung oder Entspannung, ebenso unproblematisch wie die allgegenwärtige Zigarette, und sei es um den Darstellern während der Dialoge “etwas zu tun” zu geben. Alkoholismus als Sucht oder Krankheit wurde dagegen im Film nicht ernsthaft thematisiert, bis Billy Wilders “Lost Weekend” am 5. Oktober 1945 in die Kinos kam und trotz des unbequemen Sujets zu einem überragenden Erfolg bei Publikum und Kritik wurde.

Wilder, dessen Kariere bei Paramount im Aufwind war, entdeckte den Stoff über den Absturz eines Trinkers an einem einsamen Wochenende für sich, nachdem er den Roman “The Lost Weekend” von Charles R. Jackson gelesen hatte, und konnte ihn mit wenigen Zugeständnissen an das Studio und die Zensur umsetzen. Ray Milland verkörpert den Alkoholiker Don, einen intellektuellen New Yorker Bohemien, der zwar von seinem Bruder ausgehalten wird, sich aber aufgrund seines guten Aussehens und seines wortgewandten Charmes in jeder gesellschaftlichen Umgebung zu bewegen weiß. Er hat eine kluge Freundin, ist kultiviert, bewandert in der Oper und kann Shakespeare zitieren. Auch kann er als (erfolgloser) Schriftsteller seine Abhängigkeit vom Alkohol reflektieren und metaphernreich umschreiben – und doch kommt er nicht davon los. Milland, eigentlich ein Publikumsliebling und auf romantische Rollen abonniert, stellte die verschiedenen Zustände des Suchtkranken mit rückhaltlose Eindringlichkeit dar: Das Belügen von sich selbst und anderen, das Verstecken von Schnapsvorräten, die völlige Selbsterniedrigung, um an das Suchtmittel zu gelangen, schließlich die Deliriumszustände und den kompletten Kontrollverlust. Auch die Hilflosigkeit von Dons Bruder und seiner Freundin gegenüber der übermächtigen Sucht werden thematisiert, ihre letztlich fruchtlosen Versuche, ihn entweder beim Entzug zu unterstützen oder aber seinen Zustand nach außen zu kaschieren (letzteres wird heutzutage treffend als Ko-Abhängigkeit bezeichnet). Für die Visualisierung des allmählichen Absturzes bedient sich Wilder zunehmend düsterer werdender Szenerien mit expressiven Licht-Schatten-Kontrasten, weshalb “The Lost Weekend” auch oft als Film Noir geführt wird. Der Komponist Miklós Rózsa setzt in der Musik das erst 1920 erfundene elektronische Intrument Theremin ein, dessen gespenstische Klagelaute in bestimmten Szenen gleichsam als Sirenengesang der Alkoholsucht ertönen.

Mag manchen Zuschauern das Happy Ending als unbefriedigend und ein Zugeständnis an Hollywood-Konventionen erscheinen, so hält es in seiner Schalheit zugleich die betrübliche Aussicht bereit, daß der Teufelskreis der Sucht nicht beendet ist – beginnt doch “The Lost Weekend” damit, daß Don seine Sucht gerade für eine kurze Zeit überwunden hatte. In dieser Klarheit, Ehrlichkeit und Genauigkeit der Suchtdarstellung ist Billy Wilders Klassiker bis heute gültig und zeitlos aktuell. Denn während sich für den Tabakkonsum das Blatt inzwischen komplett gewendet hat, ist Alkoholgenuß noch in der familienfreundlichsten amerikanischen Sitcom wie selbstverständlich präsent. Bei uns ist “The Lost Weekend” erfreulicherweise auf DVD und Blu-ray bei Vocomo erschienen, allerdings ohne essentielles Bonusmaterial. Für Hintergrundinformationen oder etwa den vorzüglichen Interviewfilm “Billy, How Did You Do It?” ist der Import der britischen Fassung vom Label Eureka! (Fassungseintrag) zu empfehlen sowie die ausführliche Kritik von Philipp_Marlowe.


ratz



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