Nachdem insbesondere Victor Sjöström und Mauritz Stiller den schwedischen Film in den spĂ€ten 10er Jahren immer wieder in neue Höhen gehoben und ihm international den Ruf einer ernstzunehmenden Kunstform verpasst hatten, festigten Anfang der 20er Jahre einige Produktionen diesen Ruf, der nun auch bereits einerseits auslĂ€ndische Filmschaffende (wie die DĂ€nen Carl Theodor Dreyer oder Benjamin Christensen) aus den NachbarlĂ€ndern nach Schweden lockte und andererseits den schwedischen GroĂmeistern die Möglichkeit bot, ernsthaft ĂŒber eine Karriere in Hollywood nachzudenken. Zu diesen Filmen zĂ€hlen vor allem Sjöströms “Körkarlen” (1921), Stillers “Erotikon” (1920) und Dreyers “PrĂ€stĂ€nkan” (1920).
Dreyer entschied sich nach seinen ersten zwei Regiearbeiten innerhalb DĂ€nemarks dazu, sein drittes Werk als schwedische Produktion zu drehen â auch weil Nordisk Film in DĂ€nemark als Produktionsgesellschaft schwĂ€chelte (weshalb auch Christensen schon 1920 bereit war, “HĂ€xan” (1922) als schwedische Produktion in Angriff zu nehmen). Und nachdem “PrĂ€stĂ€nkan” am 4. Oktober 1920 in die schwedischen Kinos (und im Folgejahr auch in auslĂ€ndische Kinos) gelangte, da wurde ihm dann auch die spezielle Ăsthetik des schwedischen Stummfilms nachgesagt, der sich durch den besonderen Einsatz von AuĂenaufnahmen auszeichnete. Gleichwohl ist “PrĂ€stĂ€nkan”, der mit schwedischen Zwischentiteln fĂŒr die Svensk Filmindustri produziert worden war, nicht bloĂ wegen des Regisseurs das Werk eines Immigranten. Auch Kristofer Janson, der Autor der literarischen Vorlage, war kein Schwede, sondern gebĂŒrtiger Norweger, der in DĂ€nemark verstarb und zwischenzeitlich in den USA lebte. Und auch gedreht wurde “PrĂ€stĂ€nkan” nicht in Schweden, sondern in Norwegen, Jansons Geburtsland. Im Gudbrandsdalen bei Lillehammer entstand der Film, der auch in Norwegen spielt (wenngleich manche Quellen Schweden als Handlungsort angeben). Hier glĂŒckt es der Hauptfigur, eine begehrte Pfarrstelle zu ergattern; doch die Stelle hat einen Haken, denn traditionsgemÀà ist mit der Stelle auch eine Heirat mit der Witwe des VorgĂ€ngers verbunden. Der noch ziemlich junge Mann sagt dennoch zu und heiratet die betagte Alte (Hildur Carlberg, die hier bereits schwer krank in ihrer letzten Rolle zu sehen ist und noch im August 1920 Wochen vor der UrauffĂŒhrung verstarb), bringt jedoch eine Geliebte mit ins Pfarrhaus, die er als seine Schwester ausgibt. Den Schwindel kann er nicht lange vor seiner unerwĂŒnschten Gemahlin geheim halten, doch bald setzt gegenseitiger Respekt ein und das unrĂŒhmliche VerhĂ€ltnis wird von der titelgebenden Pastorenwitwe geduldet, derweil sie sich auf ihr baldiges Ableben einstimmt.
Das leise Drama â trotz seiner Landschaftsbilder in erster Linie doch ein Kammerspiel â leistet sich einen satten humoristischen Touch â so agiert unter anderem der Pastor unter der Maskerade des Leibhaftigen, um die unliebsame Alte zu erschrecken, nachdem sie ankĂŒndigte, sicherlich noch hundert Jahre zu leben â, konzentriert sich aber doch auch empfindsam auf den langsamen Gesinnungswandel bei allen Beteiligten, der bei der Pastorenwitwe eine Gemengelage aus Wehmut, Zuversicht und Befriedung mit sich bringt, die Hauptdarstellerin Carlberg einprĂ€gsam meistert.
“PrĂ€stĂ€nkan” avancierte schnell zu einem der groĂen AushĂ€ngeschilder des schwedischen Kinos, wenngleich Dreyer (wie auch Christensen nach ihm) nach diesem Film wieder auf andere ProduktionslĂ€nder zurĂŒckkam. Nur zweimal lieĂ er noch schwedische Produktionen folgen: “Glomdalsbruden” (1926) und den Tonfilm “TvĂ„ mĂ€nniskor” (1945) (der im MĂ€rz dieses Jahres sein JubilĂ€um feiern konnte und unter Dreyers Regiearbeiten zu den am wenigsten bekannten gehört).
Unter anderem hat das US-Label Image Entertainment den Film auf DVD zugÀnglich gemacht: Fassungseintrag von leplaisirdeyeux
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