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Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 100 Jahren: Zwei humorvolle Stummfilmklassiker aus Schweden

9. Oktober 2020 | Stichwörter: 1920er, BĂŒhnenstĂŒck, Carlberg, Drama, Dreyer, Herczeg, Janson, JubilĂ€um, Klassiker, Komödie, Liebesfilm, Literaturverfilmung, Schweden, Spielfilm, Stiller, Stummfilm


PrÀstÀnkan (1920) & Erotikon (1920)

Nachdem insbesondere Victor Sjöström und Mauritz Stiller den schwedischen Film in den spĂ€ten 10er Jahren immer wieder in neue Höhen gehoben und ihm international den Ruf einer ernstzunehmenden Kunstform verpasst hatten, festigten Anfang der 20er Jahre einige Produktionen diesen Ruf, der nun auch bereits einerseits auslĂ€ndische Filmschaffende (wie die DĂ€nen Carl Theodor Dreyer oder Benjamin Christensen) aus den NachbarlĂ€ndern nach Schweden lockte und andererseits den schwedischen Großmeistern die Möglichkeit bot, ernsthaft ĂŒber eine Karriere in Hollywood nachzudenken. Zu diesen Filmen zĂ€hlen vor allem Sjöströms “Körkarlen” (1921), Stillers “Erotikon” (1920) und Dreyers “PrĂ€stĂ€nkan” (1920).

Dreyer entschied sich nach seinen ersten zwei Regiearbeiten innerhalb DĂ€nemarks dazu, sein drittes Werk als schwedische Produktion zu drehen – auch weil Nordisk Film in DĂ€nemark als Produktionsgesellschaft schwĂ€chelte (weshalb auch Christensen schon 1920 bereit war, “HĂ€xan” (1922) als schwedische Produktion in Angriff zu nehmen). Und nachdem “PrĂ€stĂ€nkan” am 4. Oktober 1920 in die schwedischen Kinos (und im Folgejahr auch in auslĂ€ndische Kinos) gelangte, da wurde ihm dann auch die spezielle Ästhetik des schwedischen Stummfilms nachgesagt, der sich durch den besonderen Einsatz von Außenaufnahmen auszeichnete. Gleichwohl ist “PrĂ€stĂ€nkan”, der mit schwedischen Zwischentiteln fĂŒr die Svensk Filmindustri produziert worden war, nicht bloß wegen des Regisseurs das Werk eines Immigranten. Auch Kristofer Janson, der Autor der literarischen Vorlage, war kein Schwede, sondern gebĂŒrtiger Norweger, der in DĂ€nemark verstarb und zwischenzeitlich in den USA lebte. Und auch gedreht wurde “PrĂ€stĂ€nkan” nicht in Schweden, sondern in Norwegen, Jansons Geburtsland. Im Gudbrandsdalen bei Lillehammer entstand der Film, der auch in Norwegen spielt (wenngleich manche Quellen Schweden als Handlungsort angeben). Hier glĂŒckt es der Hauptfigur, eine begehrte Pfarrstelle zu ergattern; doch die Stelle hat einen Haken, denn traditionsgemĂ€ĂŸ ist mit der Stelle auch eine Heirat mit der Witwe des VorgĂ€ngers verbunden. Der noch ziemlich junge Mann sagt dennoch zu und heiratet die betagte Alte (Hildur Carlberg, die hier bereits schwer krank in ihrer letzten Rolle zu sehen ist und noch im August 1920 Wochen vor der UrauffĂŒhrung verstarb), bringt jedoch eine Geliebte mit ins Pfarrhaus, die er als seine Schwester ausgibt. Den Schwindel kann er nicht lange vor seiner unerwĂŒnschten Gemahlin geheim halten, doch bald setzt gegenseitiger Respekt ein und das unrĂŒhmliche VerhĂ€ltnis wird von der titelgebenden Pastorenwitwe geduldet, derweil sie sich auf ihr baldiges Ableben einstimmt.
Das leise Drama – trotz seiner Landschaftsbilder in erster Linie doch ein Kammerspiel – leistet sich einen satten humoristischen Touch – so agiert unter anderem der Pastor unter der Maskerade des Leibhaftigen, um die unliebsame Alte zu erschrecken, nachdem sie ankĂŒndigte, sicherlich noch hundert Jahre zu leben –, konzentriert sich aber doch auch empfindsam auf den langsamen Gesinnungswandel bei allen Beteiligten, der bei der Pastorenwitwe eine Gemengelage aus Wehmut, Zuversicht und Befriedung mit sich bringt, die Hauptdarstellerin Carlberg einprĂ€gsam meistert.
“PrĂ€stĂ€nkan” avancierte schnell zu einem der großen AushĂ€ngeschilder des schwedischen Kinos, wenngleich Dreyer (wie auch Christensen nach ihm) nach diesem Film wieder auf andere ProduktionslĂ€nder zurĂŒckkam. Nur zweimal ließ er noch schwedische Produktionen folgen: “Glomdalsbruden” (1926) und den Tonfilm “TvĂ„ mĂ€nniskor” (1945) (der im MĂ€rz dieses Jahres sein JubilĂ€um feiern konnte und unter Dreyers Regiearbeiten zu den am wenigsten bekannten gehört).
Unter anderem hat das US-Label Image Entertainment den Film auf DVD zugÀnglich gemacht: Fassungseintrag von leplaisirdeyeux

Auch Mauritz Stiller hinterließ 1920 (einmal mehr) große Fußspuren in der schwedischen Filmlandschaft. Inmitten seiner Dramen, die im Fall der Lagerlöf-Verfilmungen auch noch geradezu epischen Charakter besaßen, legte er nach einem StĂŒck von Ferenc Herczeg die leichte Komödie “Erotikon” vor, die am 8. November 1920 in die Kinos kam und an seine Komödienerfolge “Thomas Graals bĂ€sta film” (1917) und “Thomas Graals bĂ€sta barn” (1918) anknĂŒpft, den humorvollen Tonfall allerdings nach landlĂ€ufiger Meinung noch zu verfeinern und hintergrĂŒndiger zu gestalten verstand. In seiner “Geschichte des schwedischen Films” (1988) schrieb Gösta Werner davon, dass nicht mehr einzelne Situationen fĂŒr sich als komisches Element integriert worden waren, sondern dass die Komik sich aus den Beziehungen der GesamtzusammenhĂ€nge ergebe. Dass eine deutlich humoristische OberflĂ€che (anders als etwa in den slapstick comedies) ebenso fehlt wie es die vom Titel implizierte Erotik zu tun scheint (die natĂŒrlich vorhanden ist, aber eben im Detail steckt), trĂ€gt vermutlich dazu bei, dass der Film heutzutage gerne als “overrated” bezeichnet wird. Seinerzeit war er nahezu schon das Maß aller Dinge, wenn es um Filmkomik ging: RenĂ© Clair, Billy Wilder und vor allem Ernst Lubitsch bezeichneten sich als Bewunderer von Stillers “Erotikon” und ließen sich in eigenen Filmen mitunter inspirieren. Mit Ironie – aber laut eigener Bekundung ohne satirisch-sozialkritische Absicht – blickt Stiller in seinem “Erotikon” auf das Leben der Oberschicht, in der sich ein Entfremdungs-, Liebes- und Eifersuchtsdrama in Form eines komplexen Lustspiels entfaltet, das seinen Ausgangspunkt im ĂŒbergroßen Interesse eines Professors am Liebesleben von Insekten nimmt, derweil die Gattin des Gelehrten sich vernachlĂ€ssigt fĂŒhlt. Was fĂŒr Stiller eine ungewöhnliche FingerĂŒbung gewesen sein mochte, erwies sich als einflussreicher Startschuss einer ganzen Reihe weiterer Komödien, die in der Gegenwart angesiedelt als Sittenkomödien die oberen Schichten ins schöne Bild setzten und auf eine grĂ¶ĂŸere Akzeptanz auch auf dem US-amerikanischen Markt hofften.
Auf DVD liegt der Film etwa beim Svenska Filminstitutet vor: Fassungseintrag von Freddy J. Meyers


PierrotLeFou



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