Da es aktuell drei bekanntere US-Regisseure mit Namen Anderson gibt, hat sich für Paul Thomas Anderson das markante Kürzel PTA durchgesetzt – vielleicht hat gerade die Namensgleichheit dazu geführt, daß alle drei Andersons grundverschiedene Filme machen. Diejenigen von Paul Thomas zeichnen sich durch etwas aus, was man Klassizität nennen könnte. Es sind meist ernsthafte, bedächtige menschliche Dramen in außergewöhnlich komponierten Bildern, zudem ist PTA einer der letzten Regisseure, die noch konsequent auf Zelluloid drehen. Sein erster Langfilm „Hard Eight“ prämierte am 20. Januar 1996 auf dem Sundance Festival und zeigt bereits die erstaunliche Souveränität seines gerade 26-jährigen Regisseurs.
Mit „Hard Eight“ – der Titel bezeichnet einen Pasch beim Würfelspiel Craps – verfilmt Anderson sein eigenes Drehbuch und erzählt vom in die Jahre gekommenen Spieler Sydney (Philip Baker Hall), der sich eines verlorenen jungen Mannes (John C. Reilly) und später einer Kellnerin (Gwyneth Paltrow) annimmt. Erst die Erpressung durch den zwielichtigen Jimmy (Samuel L. Jackson) bringt die Hintergründe von Sydneys väterlicher Fürsorge ans Licht. Für seinen stimmungsvollen Neo-Noir nimmt sich Anderson viel Zeit, seine Charaktere und ihr Milieu in der nächtlichen Spielerstadt Reno, Nevada zu zeichnen, der eigentliche Plot läuft erst relativ spät an. Auffällig (und spätere Filme vorzeichnend) sind die langen Steadycam-Takes des Kameramanns Robert Elswit, mit dem PTA fast 20 Jahre lang zusammenarbeiten sollte. Auch findet sich hier bereits ein melancholischer Aimee-Mann-Song über dem Abspann. Doch „Hard Eight“ ist nicht nur das Vorspiel zu späteren, bekannteren PTA-Filmen, sondern eine grüblerische Abhandlung von der Macht des Geldes über unsere Entscheidungen und Lebenswege. In vielen Szenen werden Dollarbeträge genannt oder wechselt Geld den Besitzer, der sich dafür einen Kaffee oder ein Hotelzimmer kauft, jedoch auch für menschliche Zuwendung wie das Lächeln der Bedienung oder schlicht Sex bezahlt.
Anderson sollte sich nach dem Thriller „Hard Eight“ in verschiedenen Genres ausprobieren: „Boogie Nights“ (1997) tendiert zur Komödie, „Magnolia“ (1999) zum Melodram, „Punch Drunk Love“ (2002) zur Romanze, „There will Be Blood“ (2007) zum Historienfilm. In gleich welchem Setting liegt jedoch der starke Fokus dieser Filme auf den Menschen und ihren Beziehungen und Abhängigkeiten voneinander („The Master“, 2012, „Phantom Thread“, 2017), was Anderson zu einem der wichtigsten US-amerikanischen Autorenfilmer der Gegenwart macht. „Hard Eight“ ist auf physischen Medien derzeit schwer erhältlich – die deutsche DVD aus dem Jahr 2000 (Fassungseintrag) ist längst vergriffen, eine Blu-ray war kurze Zeit in Australien erhältlich. Allerdings hat Amazon Prime das Erstlingswerk von PTA in sehr guter HD-Qualität und mit O-Ton im Portfolio (man folge dem Link auf der OFDb-Filmübersichtsseite).
ratz
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