Als 1964 das Militär in Brasilien putschte, ahnte vermutlich niemand, dass die daraus resultierende Militärdiktatur über 20 Jahren anhalten und erst 50 Jahre später umfangreich aufgearbeitet werden sollte. 1968, das emblematische Jahr einer ganzen Bewegung, brachte auch in Brasilien Proteste zuhauf hervor, zumal dort im Vorjahr eine Verfassungsänderung stattgefunden hatte. Der Erfolg blieb jedoch aus, das Regime reagierte mit voller Härte in Form von Ermächtigungen, welche die Verfolgung Oppositioneller legalisierte und auch deren Bürger- und Grundrechte wegfegte. Linker Aktivismus verlangte nun in Brasilien um so größere Entschlossenheit, um so größeren Mut… Was das bedeutete, davon berichtet ein unangenehmer Dokumentarfilm, der am 21. Oktober 1971 seine Uraufführung erlebte: “Brazil: A Report on Torture”.
Gedreht wurde der Film von Saul Landau und Haskell Wexler. Gerade Wexler ist kein Unbekannter, drehte er doch zuvor das politische Drama “Medium Cool” (1969) über die Politisierung eines Kameramanns. Später ließ er “Underground” (1976) folgen, eine Doku über den Weather Underground, die er mit Emile de Antonio und Mary Lampson drehte. Zwischen diesen großen Klassikern Wexlers blieb “Brazil: A Report on Torture” weniger bekannt, vielleicht auch weniger bedeutsam, aber keinesfalls weniger wuchtig. Auch dieser Dokumentarfilm ist ein eindringliches Plädoyer eines linken Politaktivisten und Filmemachers, der während der Jahre um 1968 zu den maßgeblichen Figuren linken Dokumentarfilmschaffens in den USA gehörte. Saul Landau war als Filmemacher, Journalist und Autor sowie als Professor und Dozent gleichermaßen aktiv und arbeitete im Filmbereich vielfach mit Wexler zusammen, der vor allem auch als Kameramann im Umfeld des New Hollywood beschäftigt war. Landaus Filmografie als Regiseur enthält nicht die ganz großen Klassiker, ist aber thematisch breit gefächert – wobei er mehrfach lateinamerikanische Themen aufgriff, etwa noch Salvador Allende oder Fidel Castro –, quantitativ reichhaltig und wurde teils mit hochkarätigen Preisen ausgezeichnet, darunter der Emmy. In “Brazil: A Report on Torture” berichten ehemals brasilianische Gefangene in Chile von ihren Erfahrungen, spielen sogar vor der Kamera die erlittenen Prozeduren der Folter detailgetreu nach. Das ist zutiefst verstörend, zumal nicht bekannt ist, ob diese Nachstellungen nun als Befreiungsschlag oder als Retraumatisierung der Betroffenen aufzufassen sind – und zumal (Amos Vogel mutmaßte das in seinem “Film as a Subversive Art” (1974)) nicht bekannnt ist, ob die Porträtierten nicht bald darauf wieder inhaftiert oder gefoltert worden sind… Bei etlichen soll es der Fall gewesen sein. In jedem Fall ist “Brazil: A Report on Torture” ein Film, nach dessen Sichtung es schwer gefallen sein dürfte, sich keine Gedanken zu machen…
Detaillierter geht die Inhaltsangabevon PierrotLeFou auf die Details des Films ein…
PierrotLeFou
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