Als am 15. oder – da unterscheiden sich die Quellen – 17. Dezember 1946 Kenji Mizoguchis “Utamaro o meguru gonin no onna” seine UrauffĂĽhrung erlebte, da war es – fast ein Dreivierteljahr nach seinem ersten Nachkriegsfilm “Josei no shori” (1946, Der Sieg der Frauen) – sein zweiter Nachkriegsfilm. “Josei no shori” war – und man musste es geradezu als einen Befreiungsschlag in der Nachfolge propagandistisch getönter Filme aus der Kriegs- und Militärzeit des Kaiserreiches oder aber als Indiz fĂĽr einen Opportunismus Mizoguchis deuten – ein in der Gegenwart verortetes Familien- und Gerichtsdrama, in dem eine Anwältin sich fĂĽr die Rechte der Frauen stark macht, während sie den Fall einer Kindsmörderin bewältigt. Den Frauen, ihren Rechten, BedĂĽrfnissen und Schicksalen, galt Mizoguchis Augenmerk zuvor und danach immer wieder: so auch in “Utamaro o meguru gonin no onna”, seinem ersten jidai-geki der Nachkriegszeit. In der Besatzungszeit kein selbstverständliches Unterfangen, denn die historische Stoffwahl bot – wie im Zweiteiler “Genroku Chushingura” (1941/1942, Die 47 Samurai), mit dem Mizoguchi seinen schon in “Zangiku monogatari” (1939, Erzählung von den späten Chrysanthemen) veredelten long-take-Stil nochmals gehörig radikalisierte – reichlich Gelegenheit fĂĽr traditionalistische, gar nationalistische Untertöne, weshalb Mizoguchi das Projekt gegenĂĽber den neuen Zensoren erst einmal ausgiebig erklären und verteidigen musste. Und Mizoguchi verfolgte mit diesem jidai-geki seine anteilnehmende Darstellung von Frauenschicksalen weiter, angeordnet rund um die titelgebende Figur des KĂĽnstlers Kitagawa Utamaro, der im 18. und frĂĽhen 19. Jahrhundert mit seinen Holzschnitten (später auch im Westen) Bekanntheit erlangte. Im KĂĽnstler, der sich den Frauen um sich herum widmet, auch den Geishas, und bald Anteil an ihren Geschichten nimmt, wurde – zumindest im RĂĽckblick – immer wieder auch Mizoguchi selbst (der vor seiner Karriere als Filmemacher noch Malerei studiert hatte) ausgemacht, der sein Biopic somit zugleich leicht autobiographisch umgesetzt habe. Und “Utamaro o meguru gonin no onna” ist vielleicht nicht unbedingt der beste Mizoguchi, aber doch zumindest der quintessenzielle: Hier lässt sich der Feminismus und Humanismus aus “Josei no shori” oder “Gion no shimai” (1936, Die Schwestern von Gion) wiederfinden, aber auch die elegant flieĂźenden Kamerabewegungen aus “Zangiku monogatari” oder “Genroku Chushingura” sind mit dabei. Und nicht zuletzt ist es einer jener Mizoguchis, in denen die renommierte Schauspielerin Kinuyo Tanaka mitwirkte.
Bei Artificial Eye liegt “Utamaro o meguru gonin no onna” mit drei weiteren, frĂĽheren Klassikern Mizoguchis auf DVD (und Blu-ray) vor: Fassungseintrag vonSir Francis
PierrotLeFou
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