Startseite
  Erweiterte Suche
  Neue Einträge
  Ranglisten
  Statistiken
  Kinostarts
  Disc-Area
  Web-TV
  zu den Foren
  FAQ
  Kontakt
  Das Team
  Neuerungen
  Partnerseiten








Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 50 Jahren: Kubricks skandalträchtigster Kultfilm

20. Dezember 2021 | Stichwörter: 1970er, Burgess, Drama, Dystopie, GroĂźbritannien, Jubiläum, Klassiker, Kubrick, Kultfilm, McDowell, Satire, SciFi, Skandalfilm, Spielfilm


A Clockwork Orange (1971)

Der freie Wille nimmt im Christentum eine entscheidende Rolle ein. Er bildet in “A Clockwork Orange”, in dem auch Jesus einen markanten Auftritt hat und in dem an dessen Passionsweg gemahnt wird, das Zentrum des Films. Aber “A Clockwork Orange” ist trotz seines UrauffĂĽhrungstermins am 19. Dezember 1971 beileibe kein Weihnachtsfilm – und auch nicht sehr erbaulich. Kubricks bizarr ausgestattete, dystopische Satire nach dem Roman von Anthony Burgess blickt mit galligem Humor auf die unschönen Nebeneffekte des freien Willens, die in Kauf zu nehmen sind; und eine kleine Jesus-Porzellanfigur mit Dornenkrone tanzt hier auf etwas blasphemische Weise als trunkener Saufbruder – derweil die Hauptfigur sich in die Passionsgeschichte versenkt, indem sie sich in die Rolle eines römischen Legionärs hineinversetzt, der Jesus auf seinem Leidensweg peitscht. Neben dem blasphemischen Potential ist “A Clockwork Orange” auch noch derb und vulgär, obszön, voller sexueller Gewalt – aber auch voller sonstiger Gewalt. Und doch: gerade indem der Film vehement darauf pocht, dass man aus moralischen wie aus christlichen GrĂĽnden all diese Gräuel in gewisser Weise erst einmal hinnehmen hinnehmen muss, ist es doch auch ein Film, der sich christlich sehen lässt.
Zugrunde liegt ihm der gleichnamige 1962er Roman von Anthony Burgess, den schon Andy Warhol ausgesprochen frei mit dem Underground-Klassiker “Vinyl” (1965) adaptiert hatte. Burgess’ Roman besticht vor allem literarisch: mit seiner Kunstsprache nadsat, in der seine Vorliebe fĂĽr James Joyce – den er auch in “Earthly Powers” (1980) ausgiebig thermatisierte und dem er sich mit dem Sachbuch “Here Comes Everybody” (1965) widmete, das bei der Joyce-Exegese äuĂźerst hilfreich ist – am deutlichsten ihren Ausdruck erfährt. Kubrick ĂĽbernimmt diese Kunstsprache, stellt ihr aber auch ein sonderbar futuristisches Dekor an die Seite, in dem allerlei 70er-Jahre-Kitsch nur so wimmelt. Schrill und exzentrisch ist der Film, in dem man zunächst einmal den jungen Gewalttäter Alex und seine drei Droogs beim Rasen, PrĂĽgeln und Vergewaltigen beobachten kann; Alex selbst ist auch beim Beethoven-Genuss und beim flotten Dreier mit zwei weiblichen Zufallsbekanntschaften zu erleben – und bald auch beim Morden. Alles als spaĂźiger Exzess inszeniert, rhythmisch und musikalisch ablaufend, mit Emphase vom Erzähler Alex rekapituliert. Der Mord und der Verrat durch seine Droogs, denen er zu oft autoritär die eigene Meinung untersagt hat, befördert Alex dann im Mittelteil in den Knast. Farbloser, trister, entschleunigter ist dieser Gefängnisalltag, dem er als Versuchskaninchen einer neuartigen Therapie von Gewaltverbrechern zu entfliehen gedenkt: Pawlowsche Konditionierung lässt ihn bald mit extremer Ăśbelkeit und körperlichem Schmerz auf Gewaltbilder – aber auch auf Beethoven – reagieren. Geheilt entlassen, entpuppt er sich dann aber als wehrloses Opfer all jener, denen er frĂĽher ĂĽbel mitgespielt hat. Am Ende darf er dann aber doch sein Happy End haben, geheilt von der vermeintlichen Heilung, wieder fähig zur Missetat, alles medienwirksam von Regierungsseite in einer peinlichen Farce arrangiert, um nicht fĂĽr den relativen Fehlschlag der umstrittenen Therapie abgestraft zu werden…
Die filmische Lust am Exzess spiegelt sich bald darauf in Burgess’ “Clockwork Testament” (1974): ein Roman, der weniger eine “A Clockwork Orange”-FortfĂĽhrung ist als vielmehr ein Beitrag seiner Enderby-Trilogie, der aber mit den Motiven von Literatur und Verfilmung, von Autor und Regisseur kritisch auf Kubricks Film blickt, den Burgess stilistisch fĂĽr erstklassig hielt, auch wenn er das Fehlen das letzten Romankapitels bemängelte – das schon in der amerikanischen Ausgabe des Buches fehlte: Hier wäre Alex dann – der Pubertät erst einmal entwachsen – ganz automatisch in ein fĂĽgsameres Erwachsenendasein hinĂĽbergewechselt. Kubricks Film, schnell zum einflussreichen Kult avanciert, wurde zwar immer wieder zu einem der besten Filme aller Zeiten gekĂĽrt, musste aber wie sein Regisseur immer wieder auch Kritik einstecken, nicht nur von Burgess, sondern auch von Hauptdarsteller Malcolm McDowell, von Amos Vogel, dem groĂźen Experten des abseitigen Kinos, der Kubricks kommerziell orientierten KĂĽrzungen fĂĽr den britischen Markt bzw. die dadurch belegte Verzichtbarkeit der anstößigen Momente harsch attackierte; und natĂĽrlich von all jenen, die dem einkalkulierten Skandal auf dem Leim gingen und sich ĂĽber Gewaltverherrlichung und Lasterhaftigkeit echauffierten.
Wie die ĂĽbrigen von Warner vertriebenen Kubricks ist auch “A Clockwork Orange” problemlos fĂĽr kleines Geld zu haben: Fassungseintrag von santi7


PierrotLeFou



Kommentare und Diskussionen


Keine Kommentare zu „Vor 50 Jahren: Kubricks skandalträchtigster Kultfilm“


Um Kommentare schreiben zu können, müssen Sie eingeloggt sein.

» Registrieren/Einloggen im User-Center



Copyright © 1999-2023 OFDb.de - Die Online-Filmdatenbank
Alle Rechte vorbehalten.
Nutzungsbedingungen · Datenschutz · Werben · Impressum
Hosted by Net-Build · Privacy Manager



Quicksearch






User-Center

Benutzername: 
Paßwort:
Login nur für diese Sitzung:

·

1.506 Besucher online


SSL  SSL-gesicherte
Verbindung aktiv



News


Unser News-Bereich wurde überarbeitet und wird in Kürze weiter ausgebaut werden, damit Sie stets aktuell über alle Neuigkeiten rund um die Welt des Films informiert sind.

» Zum neuen News-Bereich