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Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 25 Jahren: Volker Koepp vollendet seinen Dokumentarfilm-Zyklus

21. Februar 2022 | Stichwörter: 1990er, DDR, Deutschland, Dokumentarfilm, Dokumentation, Jubiläum, Klassiker, Koepp, Lehmann


Wittstock, Wittstock (1997)

Filmische Langzeitdokumentationen über Lebenswege im 20. Jahrhundert sind selten, denn sie verlangen Durchhaltevermögen sowohl seitens der Filmschaffenden als auch der Geldgeber, denn im kommerziellen Sinne lukrativ sind sie nicht. Kommen sie jedoch zustande, sind sie unschätzbare Zeugnisse der jüngeren Vergangenheit und können gesellschaftliche Veränderungen wie etwa die deutsche Wiedervereinigung an Einzelschicksalen nachzeichnen. Ein solches Langzeit-Projekt war der „Wittstock-Zyklus“ des Dokumentarfilmers Volker Koepp, dessen letzter Teil „Wittstock, Wittstock“ vor genau 25 Jahren, am 21. Februar 1997, auf der Berlinale vorgestellt wurde.

Vier Kurz- und drei Langfilme, gedreht zwischen 1974 und 1996 zunächst für die DEFA-Studios, kreisen um einen großen Textilbetrieb im brandenburgischen Wittstock, den VEB Obertrikotagen-Betrieb „Ernst Lück“, und seine Belegschaft, die bis zur Wende aus über 1.000 Frauen bestand. Koepp und sein Kameramann Christian Lehmann nehmen an Besprechungen teil, führen Einzelinterviews am Arbeitsplatz und in privater Umgebung und fokussieren bald auf drei resolute Arbeiterinnen, deren Schicksal sie bis zum Schluß verfolgen: die Qualitätskontrolleurin Elsbeth, die burschikose Näherin Edith und die etwas ältere Meisterin Renate. Koepp zeigt nicht nur, wie sich die Persönlichkeit der jungen Frauen mit zunehmender Erfahrung verändert, sondern dokumentiert zugleich indirekt den Wandel der Arbeit in der westlichen Welt sowie vor allem die Transformation der ostdeutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung. Da in der DDR die in Vollzeit arbeitende Frau der Normalfall war und nach der Wende der Wittstocker Betrieb geschlossen wurde, trifft die Arbeitslosigkeit bzw. die jahrelange Tretmühle aus Umschulungen und befristeten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die selbstbewußten Frauen besonders hart. Dies zeigt Koepp ohne Beschönigung, aber auch ohne Vorwurf, und es ist seinem Gespür und seiner Vertrautheit mit den drei Frauen zu verdanken, daß er sich auf ihre typische brandenburgische, wortkarge Art einläßt und ihr Schweigen oft mehr sagen läßt als die meist lakonischen Antworten auf seine Fragen. Anders als das andere, berühmtere Langzeitprojekt „Die Kinder von Golzow“ (1961-2007) von Barbara und Winfried Junge versucht Koepp keine Darstellung von Biographien, sondern setzt Schlaglichter auf die Veränderungen von Persönlichkeiten, Haltungen, Einrichtungen und Orten. Als letzter Film der Reihe faßt „Wittstock, Wittstock“ die vorausgegangenen Teile noch einmal zusammen und reflektiert die gemeinsame Zeit mit Wehmut und Optimismus: Elsbeth ist immer noch arbeitslos, Edith arbeitet in Westdeutschland als Elektrotechnikerin, die ehemalige Abteilungsleiterin Renate putzt Zimmer im örtlichen Hotel.

Wer verstehen will, woher die derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Bewegungen im Ostteil Deutschlands kommen und warum sie sich teils stark von westdeutschen Trends unterscheiden, der wird in dem etwa 50 deutsch-deutsche Jahre umfassenden Dokumentar- und Essayfilmschaffen von Volker Koepp fündig werden: die Umbrüche und Abbrüche insbesondere der Wendejahre haben Mentalitäten und Schicksale geprägt, die bis in die aktuelle Tagespolitik hinein nachwirken. Der komplette Wittstock-Zyklus (wie auch einige Teile der „Kinder von Golzow“) ist derzeit im kostenlosen Streamingangebot der Bundeszentrale für Politische Bildung abrufbar, jedoch auch als DVD bei absolut Medien zu erwerben (Fassungseintrag).


ratz



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