ShĂ´hei Imamura gehört zu den groĂźen Namen von Japans neuer Welle, der nuberu bagu. Wie viele Kollegen bleibt auch Imamura bei eingefleischten Cineasten mit filmgeschichtlichem Interesse vor allem fĂĽr die Filme aus dieser Phase der 60er Jahre in Erinnerung. Wie viele Kollegen erlebt auch Imamura in den 70er Jahren eine kritische Phase, die sich bei ihm in aller Deutlichkeit zeigt: Mit “Nippon sengoshi: Madamu onboro no seikatsu” (1970) beginnt fĂĽr den Filmemacher eine ganze Dekade voller Dokumentarfilme, in aller Regel fĂĽr das Fernsehen produziert. Erst mit “FukushĂ» suru wa wareniari” (1979) meldet er sich wieder mit einem Spielfilm zurĂĽck: und wie nur wenige Nuberu-bagu-Kollegen – darunter vor allem Oshima – wird Imamura auch international wieder registriert und kann erfolgreich, wenngleich mit verminderter Frequenz hinsichtlich des outputs, an die frĂĽhere Karriere anknĂĽpfen, ist beim weniger filmhistorisch interessierten Publikum vor allem fĂĽr seine späten Werke bekannt, die mit “FukushĂ» suru wa wareniari” einsetzten: vor allem fĂĽr “Narayama bushiko” (1983), der eine Palme d’Or erhielt, fĂĽr “Kuroi ame” (1989) und fĂĽr den nach längerer Pause entstandenen, am 12. Mai in Cannes uraufgefĂĽhrten und dort ebenfalls mit einer Palme d’Or ausgezeichneten “Unagi”, dem dann in rascher Folge noch zwei Langfilme und ein Kurzfilm fĂĽr “11’09”01 – September 11″ (2002) folgen. Mit diesem Kompilationsfilmbeitrag beschlieĂźt Imamura sein Lebenswerk. Vier Jahre später erliegt er dann seinem Krebsleiden.
“Unagi” erzählt – mehr noch als “Narayama bushiko”, der ĂĽber eine ebenfalls ungewöhnliche, aber auf einem nationalen Mythos fuĂźende Geschichte verfĂĽgt –, eine etwas eigenwillige Geschichte. Mit “Akai hashi no shita no nurui mizu” baute er ungewöhnliche Prämissen und Motive noch einmal aus. Erzählt wird in “Unagi” von einem Mörder aus Eifersucht, der seine Frau erstochen hat. Im Gefängnis kĂĽmmert er sich ĂĽber längere Zeit um einen Aal, dem er nach seiner Entlassung seine Aufmerksamkeit widmet. Nachdem er einst ein Leben genommen hat, kann er nun eines Tages ein Leben retten, als er eine Frau vor dem Selbstmord bewahrt. Das könnte schon frĂĽh der Beginn einer neuen Liebesbeziehung werden, aber der einstige Mörder mag sich darauf noch nicht einlassen. Es wird die Attacke eines Dritten sein, die es ihm und der gescheiterten Selbstmörderin ermöglich wird, zusammenzukommen: verbunden mit dem Opfer einer guten Tat, verbunden auch mit der Entlassung des Aals in die Freiheit. Die etwas parabelhafte Struktur des Films, seine fast schon aufdringliche Symbolik und die groĂźe Bandbreite zwischen blutigem Mord und reiner Liebe zeichnen das originelle Spätwerk aus, das nach dem Erfolg in Cannes gehörig Verbreitung erfahren hat. Neben “Akai hashi no shita no nurui mizu” passt dieser Imamura auch zum Klischee eines japanischen Kinos, das sich durch Skurillität auszeichne (und letztlich bloĂź das eine Extrem der japanischen Filmkultur ausmacht), was zur Beliebtheit des Film beigetragen haben mag. Takashi Miike, der sich etwas eher solch einem skurillen Filmschaffen verschrieben hat, war in seinen frĂĽhen Jahren ein SchĂĽler der späten Imamura. Ein Film wie “Unagi” lässt erkennen, dass es zwischen ihnen durchaus eine Verbindung im Geiste gegeben haben dĂĽrfte.
Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen des Regisseurs liegt “Unagi” auch hierzulande (bei Alamode Film) auf DVD vor: Fassungseintrag von Rubber Johnny
PierrotLeFou
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