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Eine runde Sache: die Anniversary-Ecke

Vor 50 Jahren: Godard und die Arbeit

1. Mai 2022 | Stichwörter: 1970er, Drama, Essayfilm, Fonda, Foto-Film, Frankreich, Godard, Gorin, Groupe-Dziga-Vertov, Jubiläum, Klassiker, Montand, Spielfilm


Tout va bien (1972) & Letter to Jane (1972)

Zum Tag der Arbeit sei an zwei Godards erinnert, die in der wenig bekannten Phase seiner unsichtbaren Filme und der Arbeit im Kollektiv der Groupe Dziga Vertov wohl die bekanntesten darstellen. Arbeit hat Godard häufiger interessiert: insbesondere die Sexarbeit als prägnantes Motiv einer Verdinglichung und Selbstvermarktung, eines Körpers als Ware. Das war schon im FrĂĽhwerk explizit der Fall in “Vivre sa vie” (1962) und “2 ou 3 choses que je sais d’elle” (1967); in abgemilderter Form war es auch der Fall in “Masculin, fĂ©minin” (1966), “Anticipation, ou l’amour en l’an 2000″ (1967), “Week End” (1967) oder “La mĂ©pris” (1963), wo häuptsächlich eine andere Form von Arbeit das Thema ist: Das Filmemachen, zwischen Kunst und Kommerz, KĂĽnstler und Produzent. Dieses Thema sollte vor allem im Spätwerk mehrfach wieder auftauchen. Als es 1967 zur Besetzung der Rhodiaceta-Fabrik kam, da reisten unter anderem Chris Marker, Jean-Luc Godard und Joris Ivens nach Besançon, um die Arbeiter(innen) zu beraten und mit ihnen die Groupe Medvedkine zu grĂĽnden. FĂĽr Godard beginnt hier eine Phase, in der er vor allem auch die Situation von Arbeiter(inne)n auĂźerhalb des Kunst-/Film- oder Sex-Business in den Blick nimmt, mit der Groupe Dziga Vertov etwa die FlieĂźbandarbeit der British Motor Company in “British Sounds” (1970), wo auch wieder die Frage nach der richtigen filmischen Abbildugn auftauchte.
Der am 28. April 1972 uraufgefĂĽhrte “Tout va bien” ist ein beinahe schon konventioneller Spielfilm der Groupe Dziga Vertov, der zunächst die Kommerzialität des konventionellen Spielfilms herausstellt, mit groĂźem Budget und namhaften Stars. Dann geraten Yves Montand und Jane Fonda als Paar, als ein ausgerechnet 1968 in die Werbung abgerutschter Filmemacher und eine Journalistin, in eine Fabrikbesetzung, wo sich radikalisierte Arbeiter(innen) gegen ihren etwas ĂĽberheblichen Chef durchzusetzen gedenken. Das intellektuelle Paar ĂĽberdenkt die eigene Haltung zu gesellschaftlichen Fragen, die eigene Arbeit. Und bald zeigt sich, dass er verschiedene Formen von Arbeit gibt, nicht bloĂź verschiedene Berufe: Da ist die Arbeit, die Produkte herstellen oder – wie an den in schier endloser Parallelfahrt eingefangenen Supermarktkassen – deren Vertrieb gewährleisten soll, und da ist die Arbeit, die investiert werden muss, um Arbeits- oder Lebensumstände zu verändern oder zu bewahren; wie im Fall der Demonstranten, die fĂĽr ihr Anliegen in Kauf nehmen, vor prĂĽgelnden Polizisten fortlaufen zu mĂĽssen (bis man entdeckt, dass man zusammen dem verfolgenden Polizisten ĂĽberlegen ist, und den SpieĂź umdreht).  Manchmal fällt beides zusammen, etwa in der Kunst: wenn man etwa einen doofen Chanson wie “Il y a du Soleil sur la France” (1972) zusammenschustert, der hier ironisch den Soundtrack ziert und höchst unpolitische Haltungen anpreist, die Freude am Leben besingt und im Grunde allen rät, kein Interesse an der Arbeit aller anderen zu haben… oder wenn man wie die Groupe Dziga Vertov solch einen Song mit seiner sorglosen Schönfärberei als Soundtrack diversen Klassenkämpfen, Streiks, Besetzungen und Demonstrationen samt Ausschreitungen gegenĂĽberstellt…
Der am 10. Oktober 1972 in den USA uraufgefĂĽhrte “Letter to Jane” war so eine Art Begleitfilm, der die VorfĂĽhrungen von “Tout va bien” in den USA teils als Vorfilm einleitete: ein offener Brief an “Tout va bien”-Star Fonda. Fonda war mittlerweile nach Hanoi gereist; das Foto einer Reportage der Reise ist Aufhänger dieses einstĂĽndigen essayistischen Fotofilms ĂĽber Ă–ffentlichkeitsarbeit und Reportagearbeit, der das Verhältnis von Reportage, Inszenierung und Star-Aura in den Blick nimmt und die Darstellung von Fondas Hanoi-Reise kritisch reflektiert. In diesem Zusammenhang lässt Godard, dem es nicht vergönnt war, seinem eigenen Vietnamreisewunsch nachzugehen, auch wieder sein problematisches Frauenbild aufscheinen: In der Reflektion des Fotos von Jane Fonda durch Godard und Jean-Pierre Gorin schwingt eine Haltung mit, die schon die Präsentation der Miss-Wahl-Siegerin in “Masculin, fĂ©minin” auszeichnete.

Seit nunmehr elf Jahren liegt “Tout va bien” – leider ohne “Letter to Jane” – in der Jean-Luc Godard Edition 2 von Arthaus auf DVD vor: Fassungseintrag von Athen


PierrotLeFou



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