Samstag, der 04.08.2012, 08:00 Uhr. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es Zeit war aufzustehen. Auch wenn es gerade einmal gut 5 Stunden waren, die ich gepennt habe, so heißt es aufgestanden und wieder ab ins Kino. Denn das eigentliche Festival sollte, nach diesem grandiosen Auftakt, nun endlich beginnen. Und als ich kurz vor 09:00 Uhr am UFA-Palast ankam, wartete auch schon der ein oder andere Filmnerd auf Einlass. Doch die Türen waren noch geschlossen und ein sichtlich übermüdeter Marc Fehse bereitete im Inneren noch so einiges vor, wie man durch die Glastüren sehen konnte. Doch dann war es endlich soweit. Marc ließ uns ins Kino und fragte sogleich, ob wir den alle in “Phenomena” wollen. Ein einheitliches Nicken ging durch die überschaubare Reihe von Besuchern und schon kurze Zeit später, saßen wir alle im Saal. Ob sich jemand die Kurzfilme angeschaut hat, die in den anderen Sälen derweil liefen, ist mir nicht bekannt.
Nun also “Phenomena”, der erste Film des Tages. Nach einer kurzen Einleitung, durch Dr. Flintrop, welcher ebenfalls noch sehr müde war und auch offen zugab, dass er doch lieber im Bett geblieben wäre, ging es auch schon los. Eine tolle HD-Kopie gab es zu entdecken und der Film lief im OmU. Ein schönes Erlebnis und da ich den Film noch nicht kannte, auch ein weiterer Schritt für mich, den großen Dario Argento weiter kennen zu lernen. Während des Abspanns kam dann Dr. Flintrop noch einmal kurz in den Saal und kündigte an, dass nach “Profondo Rosso”, welcher als nächstes in der Retrospektive laufen sollte, ein Q&A mit Dario angesetzt ist. Doch ich hatte erst einmal andere Pläne: “Chillerama” stand für mich an.
Doch bis dahin war noch ne gute halbe Stunde Zeit, weshalb ich erst einmal wieder ins Foyer ging, welches nun doch schon ganz ordentlich gefüllt war, wenngleich auch immer noch sehr überschaubar. Also stellte ich mich an einen der Tische und nur ein paar Minuten später kam Marc Fehse zu mir und fragte mich, wie es mir denn bisher gefallen hat. Ein netter, wenn auch kurzer Smalltalk entwickelte sich, der meinen Eindruck mehr und mehr bestätigte: hier sind waren Filmfans am Werk und irgendwo her kannte ich Marc auch. Nur woher? Nun ging es aber wieder ab zu den Kinosälen. Aktuell lief jedoch noch der Abspann zu “Sex, Dogz and Rock’n Roll” aus dem nun auch Carsten Fehse kam, den auf einmal alle zu diesem Film beglückwünschten. Warum das so ist, war mir in dem Moment aber nicht ganz klar. Warum beglückwünschen Besucher einen der Festivalmacher gerade zu diesen Film? Ich meine, ich kannte ihn schon vorher und fand ihn auch ganz amüsant, aber sooo toll? Na ja, das Rätsel sollte sich für mich erst später klären.
Jetzt also “Chillerama”, der sich als mein persönliches Highlight entpuppte, denn so eine abgefahrene, überproportional amüsante Trash-Grindhouse-Scheiße hab ich schon lange nicht mehr gesehen. Voller kranker Ideen und dabei dennoch hochgradig witzig. Ein Must-See. Mit einem breiten Grinsen verlies ich den, ebenfalls sehr überschaubar gefüllten Saal und merkte, wie sich in den Argento-Saal die Massen drängten. Das Q&A stand an und da ich mich kurzfristig doch noch dafür entschieden hatte, noch “Suspiria” zu schauen und dazu auch Bretzelburger und ein weiterer Kumpel hinzustießen, (bzw. Bretzel hatte sich schon zu “Profondo Rosso” reingeschlichen) quetschte ich mich kurzerhand zwischen die Massen. So stark wie hier sollte sich der Kinosaal jedenfalls nicht noch einmal füllen.
Und das Q&A war auch sehr interessant. Viele Fragen wurden an Argento gestellt, hauptsächlich natürlich darüber, was seine Intensionen sind, wie die Arbeit bei den einzelnen Filmen war und wie es zum Teamwork mit Simonetti kam. Gut 45 Minuten dauerte es, bevor der Meister selber rief, “wollen wir jetzt nicht endlich den Film sehen?”, zumal er, mit einem Augenzwinkern, eh zu verstehen gab, dass ihm viel zu wenige Frauen im Saal sind. Dann also “Suspiria”, offensichtlich ein DVD-Master, mit knarzigem, leider viel zu lautem deutschen Ton. Aber dennoch war es schön, Argentos größtes Werk auf der großen Leinwand gesehen zu haben.
Nach drei Filmen wollte ich mir nun ein Päuschen gönnen. Etwas essen und irgendwo den Handyakku aufladen, welcher so langsam in die Binsen ging. Doch dazu kam es nicht, denn schon bald merkte ich, dass die Zeit doch zu knapp war, um nach Hause zu hetzen, 30 Min. den Akku zu laden und wieder zurückzufahren. Also blieb doch nur McDoof übrig und dann hielt ich mich für die restliche Wartezeit wieder im Foyer auf, bei dem ich unter anderem ein paar Worte von Carsten Fehse aufschnappte, die langsam doch ein wenig seine Enttäuschung über den bisherigen Festivalverlauf ausdrückten. Nicht nur, dass die Zuschauerzahl relativ gering war, auch der Programmablauf, welcher immer wieder durch Verschiebungen und Filmausfälle durchbrochen wurde (ein Film musste z. Bsp. völlig entfallen, bei einem anderen erzwang die versagende Technik das Verschieben auf den nächsten Tag, obwohl Regisseur, Produzent und Schauspieler von weit angereist waren und auch nicht bleiben konnten) ließ ihn ein wenig zweifelnd dastehen. Und er selbst würde es dabei belassen, nur seinen eigenen Film geschaut zu haben.
Moment, nur “seinen eigenen Film”? Er war doch in “Sex, Dog’z and Rock’n Roll” gewesen. Ein kurzer Blick in die mobile Ofdb ließ mir nun endlich ein Licht aufgehen. Der Film war von den Fehses. Marc führte Regie und war einer der Darsteller. Und Carsten war u.a. fürs Drehbuch zuständig und hatte auch ‘ne kleine Rolle. Ich wusste doch, dass mir die Gesichter schon die ganze Zeit bekannt vorkamen und jetzt weiß ich auch endlich woher. Nun gut, aber zurück zum Festival, wo die Aufregung wieder etwas hoch schwappte, denn nun war ein Interview mit Argento geplant, der nur leider auf sich warten ließ. Und zwar so lange, dass ich nicht weiter warten konnte, denn nun stand “Human Centipede 2″ bei mir auf der Liste, jener kontroverse Film, der schon in vielen Ländern mit der Zensur zu kämpfen hatte und hierzulande wohl kaum erscheinen dürfte. Eine ungekürzte Kopie versprach ich mir zu sehen, und Marc sagte mir zuvor auch, dass er ein ungekürztes, aber weniger gutes Master zur Verfügung hätte und ein sehr gutes, aber leicht gekürztes Master. Aber er würde natürlich die ungekürzte Fassung einlegen.
Mit gut 20 Leuten betrat ich also erneut einen der Kinosäle, doch schon beim Starten des Films schien etwas nicht zu stimmen. Denn das Bild war hervorragend gewesen. Hatte Marc versehentlich doch das gekürzte Master eingelegt? Sah mir nicht so aus, denn das was sich da auf der Leinwand abspielte war krank, sehr krank um genau zu sein, das kann kaum gekürzt sein. Doch dem war so, wie ein späterer Blick in die Datenbank der Schnittberichtler verriet. Zwei fragwürdige Szenen blieben uns vorenthalten. Ob ich denen nun hinterhertrauere, weiß ich nicht, denn auch so war das Gezeigte wirklich schon haarscharf am gesunden Menschenverstand vorbeigeschrammt. Fraglos der krankste Film des Festes. Ich überlegte kurz, Marc auf die Sache mit dem gekürzten Master anzusprechen, doch ich ließ es bleiben. Darauf erstmal wieder ein kurzes Päuschen.
Nachdem ich mir noch einen Burger und eine Cola in die Fressluke geschoben hatte, gings nun in das Finale des Tages. Nebenbei habe ich mitbekommen, dass das Interview mit Argento gelaufen war, toll jetzt hatte ich dieses Highlight für einen Film wie “Human Centipede II” saußen lassen. Nun gut, der Filmtag schloss sich mit, dem mir noch unbekannten, “Two Evil Eyes”, den ich persönlich für einen äußerst schwachen Film halte. Weder Argento noch Romero haben sich hier wirklich mit Ruhm bekleckert, wenngleich Argentos Part wesentlich besser war. Doch so als Abschluss hätte ich mir doch etwas Besseres für diesen Tag gewünscht. Aber was solls, letztendlich war es dennoch ein schöner und interessanter Tag gewesen und ich wollte mich auf den Heimweg machen. Doch dazu kam es nicht.
Denn die Macher hatten einen anderen Abschluss für den Tag vorbereitet. Für alle Besucher, die jetzt noch da waren, gab es Sekt und es wurde zu einem gemütlichen Plausch geladen. Und da mir die mörderische Lady aus dem Cinestrange-Trailer gleich mal ein Glas (na ja, ehrlich gesagt war es ein Plastikbecher) in die Hand drückte und “Praktikant” Angelo (der kreative Kopf hinter den “Movie Days” in Dortmund) gleich damit anfing mich zuzutexten, ließ ich es mir dann doch nicht nehmen, die nächsten zwei Stunden noch damit zu verbringen, mit den Machern (Carsten blühte auf einmal völlig auf), den Stars (nein, Argento und Simonetti waren leider nicht mehr da, aber z. Bsp. Kitty) und so einigen ebenso hartnäckigen Filmnerds zu plaudern. Es wurde allerhand Alkohol vertilgt, nicht wenige Fotos geschossen und eben so lustig und locker miteinander geredet und gealbert, bis um kurz nach 01:00 Uhr dann allgemeine Aufbruchstimmung war. Da ich den gleichen Weg hatte, wie Kitty, Edith (die Killerlady) und Carsten war ich schlussendlich der letzte von den Filmfans, der das Licht ausmachte und mit einer freundlichen Umarmung durch Kitty war der Tag nun endgültig zu dem geworden, was ich mir von Anfang an erhofft hatte: ein Tag, der mir noch auf Ewigkeiten im Gedächtnis bleiben wird.
Tag 3, welcher noch einmal ein riesiges Highlight aufbieten sollte, durfte kommen…
Mr. Hankey
Kommentare und Diskussionen
6 Kommentare zu „Das 1. Cinestrange-Filmfestival in Dresden: Ein ganz persönliches Resümee (Teil 3)“
Na ja, ich mag Argentos Filme zwar sehr gerne, bin aber kein “Argento-über-alles”-Typ. Sprich eine gesunde Mischung aus Argento- und den anderen Festivalfilmen war von Anfang an klar für mich.
Und ein Autogramm vom großen Meister habe ich ja auch (und das reicht mir auch ), sowie mehrere Fotos. Nur das gemeinsame Foto fehlt halt, aber na ja…
Jetzt weiß ich auch, warum du keine Photos mit Argento und Simonetti hast. Ich habe die anderen Filme ignoriert, um bei dem eh schon straffen Zeitplan alles Argento Bezogene wahrzuhmen. Ich habe so mehrfach Autogramme holen und Photos mit ihnen machen können. Denn diese Möglichkeiten würde ich nicht mehr bekommen.
Die Schilderung im ersten Absatz, dass ein paar wenige irgendwo ratlos stehen, jeder auf den anderen schaut und niemand so recht weiß, was er machen soll bzw. darf, zog sich durch das gesamte Festival.
Schön, dass ich durch diesen ausführlichen Bericht meine Eindrücke und Erinnerungen nicht so schnell vergessen werde.
Übrigens noch ein Hinweis zu folgendem Satz in der Kolumne:
[...]bei einem anderen erzwang die versagende Technik das Verschieben auf den nächsten Tag, obwohl Regisseur, Produzent und Schauspieler von weit angereist waren und auch nicht bleiben konnten
Hier habe ich mich ein wenig missverständlich ausgedrückt. Das Verschieben von “Yellow” wurde nicht durch versagende Technik notwendig, sondern es lag schlicht und ergreifend an dem gelieferten, fehlerhaften Master. Marc Und Co haben sich deshalb dran gesetzt, das Master noch zu retten und haben dies auch geschafft. Dadurch konnte der Film dann am nächsten Tag doch noch aufgeführt werden.
Und auch zu “The Human Centipede II” habe ich mittlerweile erfahren, dass die Fehlinformation, es würde sich um eine ungekürzte Version des Films handeln, vom Verleiher kam.
Nur zur Info und das keine falschen Eindrücke entstehen!
Danke für die Hinweise. Das war mir gar nicht so aufgefallen, aber ich glaube Du hast recht. Irgendwie passen die Worte nicht so ganz. Klingen vielleicht auch ein wenig negativer als gewollt. :-/
Na ich sehe zu, diese im letzten Teil wieder etwas zurück zu schrauben.
Hmmm, nach zwei sachlich geschriebenen Fan-Berichten klafft hier ein bißchen die Lücke zwischen lockerer Berichterstattung und einigen nicht ganz so passenden Ausdrücken, die das fröhliche Berichterstattungsniveau nicht ganz halten können. Sachen wie “Trash-Grindhouse-Scheiße”, “McDoof”, “in die Fressluke geschoben” oder “zuzutexten” sind dann doch ein bißchen zu nerd-lässig – gerade wo es jetzt wirklich was zu berichten gibt. Und nicht jeder weiß, wer die “Schnittberichtler” sind, da hätte ich von einem neutraleren und sachlicheren Punkt aus berichtet – ohne daß man den amüsanten Unterton unterschlagen müßte. Aber nu ja…
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Na ja, ich mag Argentos Filme zwar sehr gerne, bin aber kein “Argento-über-alles”-Typ. Sprich eine gesunde Mischung aus Argento- und den anderen Festivalfilmen war von Anfang an klar für mich.
Und ein Autogramm vom großen Meister habe ich ja auch (und das reicht mir auch
), sowie mehrere Fotos. Nur das gemeinsame Foto fehlt halt, aber na ja…
Jetzt weiß ich auch, warum du keine Photos mit Argento und Simonetti hast. Ich habe die anderen Filme ignoriert, um bei dem eh schon straffen Zeitplan alles Argento Bezogene wahrzuhmen. Ich habe so mehrfach Autogramme holen und Photos mit ihnen machen können. Denn diese Möglichkeiten würde ich nicht mehr bekommen.
Die Schilderung im ersten Absatz, dass ein paar wenige irgendwo ratlos stehen, jeder auf den anderen schaut und niemand so recht weiß, was er machen soll bzw. darf, zog sich durch das gesamte Festival.
Schön, dass ich durch diesen ausführlichen Bericht meine Eindrücke und Erinnerungen nicht so schnell vergessen werde.
Ich werds versuchen.
Übrigens noch ein Hinweis zu folgendem Satz in der Kolumne:
[...]bei einem anderen erzwang die versagende Technik das Verschieben auf den nächsten Tag, obwohl Regisseur, Produzent und Schauspieler von weit angereist waren und auch nicht bleiben konnten
Hier habe ich mich ein wenig missverständlich ausgedrückt. Das Verschieben von “Yellow” wurde nicht durch versagende Technik notwendig, sondern es lag schlicht und ergreifend an dem gelieferten, fehlerhaften Master. Marc Und Co haben sich deshalb dran gesetzt, das Master noch zu retten und haben dies auch geschafft. Dadurch konnte der Film dann am nächsten Tag doch noch aufgeführt werden.
Und auch zu “The Human Centipede II” habe ich mittlerweile erfahren, dass die Fehlinformation, es würde sich um eine ungekürzte Version des Films handeln, vom Verleiher kam.
Nur zur Info und das keine falschen Eindrücke entstehen!
Los, laß mal den Profi-Filmjournalisten raus…
Danke für die Hinweise. Das war mir gar nicht so aufgefallen, aber ich glaube Du hast recht. Irgendwie passen die Worte nicht so ganz. Klingen vielleicht auch ein wenig negativer als gewollt. :-/
Na ich sehe zu, diese im letzten Teil wieder etwas zurück zu schrauben.
Hmmm, nach zwei sachlich geschriebenen Fan-Berichten klafft hier ein bißchen die Lücke zwischen lockerer Berichterstattung und einigen nicht ganz so passenden Ausdrücken, die das fröhliche Berichterstattungsniveau nicht ganz halten können. Sachen wie “Trash-Grindhouse-Scheiße”, “McDoof”, “in die Fressluke geschoben” oder “zuzutexten” sind dann doch ein bißchen zu nerd-lässig – gerade wo es jetzt wirklich was zu berichten gibt. Und nicht jeder weiß, wer die “Schnittberichtler” sind, da hätte ich von einem neutraleren und sachlicheren Punkt aus berichtet – ohne daß man den amüsanten Unterton unterschlagen müßte. Aber nu ja…