2012 ist vorbei und was bleibt hängen? Die dritte Dimension, wohin man auch schaut. Was durfte der geneigte Kinogänger nicht alles mit Brille erleben. Dracula als Trickfigur in Hotel Transsylvanien, Qui-Gon Jinn und Obi-Wan Kenobi konvertierten in die plastische Richtung in Episode I der ‘Star Wars’-Saga, der Zorn der Titanen kam ebenfalls dreidimensional daher, ganz zu schweigen von James Camerons Titanic-Neubehandlung. Und als würden echtes 3D und nachträgliche Konvertierungen nicht ausreichen, gibt es sogar Konvertierungen ausschließlich für den Heimkinomarkt. Allen voran marschierte da I, Robot.
Doch wozu das Ganze? Bietet die große Leinwand etwa nicht mehr genug Anreize? Gibt es einen neuen Gegner? Nun, neu ist er wohl definitiv nicht, der Konkurrent. Doch das Fernsehen bläst mit immer teureren Serien zum Großangriff auf den Zuschauer. Wo früher die “Fall der Woche”-Serien den Ton angaben, sind es nun fortlaufende Serien, die zum Mitgucken verleiten wollen. Jede Woche ein Stückchen mehr Abenteuer rund um Rick und seine Gruppe in “The Walking Dead”. Ein weiterer Schritt durch die Dogenwelt mit Walter White in “Breaking Bad”. Neue Konflikte im Fantasyland USA, bevölkert von Feen, Vampiren, Gestaltwandlern und noch mehr Wesen in “True Blood”.
Kapituliert das Kino vor den geschliffenen und gebrochenen Charakteren aus der Flimmerkiste? Ist die einzige Antwort auf gut geschriebene Persönlichkeiten der Mitläufer-Trend 3D? Die Exklusivität scheint beinah aufgehoben, rücken doch 3D-fähige Fernseher immer weiter vor. Ist das Kino also einfallslos geworden und flüchtet sich in Effekt-Spielereien? Warum setzt beispielsweise Prometheus auf 3D? Gerade bei einem Film, bei dem es um unsere (mögliche) Herkunft geht, sind viele Akteure doch eher Staffage als liebens- oder hassenswerte Charaktere. Anstatt die Eigenarten des Menschen in seinem Facettenreichtum zu zeigen, verkommen die Protagonisten zu flachen Abziehbildern. Kein Vergleich zu den Geschehnissen beim Game of Thrones. Die Serie präsentiert natürlich eine Vielzahl von Charakteren, haucht ihnen jedoch Leben ein und lässt den Zuseher mitfühlen, mithoffen, mitleiden und dadurch eintauchen in eine scheinbar dreidimensionale Welt, deren Tiefe selbst das brillanteste 3D nicht erzeugen könnte.
Es bleibt also nach etwas mehr als 3(D) Jahren nach Avatar noch etwas abzuwarten, ob sich 3D wieder zurückziehen wird oder als Einkommensgarant für die Multiplexe der Welt weiter auszahlt. Gegen ausgeklügelte Geschichten und tatsächlich dreidimensionale Charaktere wird letztlich auch diese Taschenspielerei nicht ankommen. Oder?
Bravo , top Kolumne , die den Nagel auf den Kopf trift.
Taschenspielerei 3D kontra gute Storys mit tollen Charakteren und Tiefgang , genau das sage ich doch schon dauernd.
Mal naiv gefragt: Welche denn? Die unterhaltsamen, jedoch im Schnitt nichtmal verpflichtenden 3D Filme habe ich zumeist dafür gelobt, daß sie 3D nur als Vertiefung mitbringen, eine erweiterte Erlebnissituation. Ähnlich wie bei Hitchcock damals. Der Film selbst ist dann aber ohne weiteres auch in 2D genießbar. Ich habe sogar begonnen, mir ein paar Filme in 2D zu kaufen, weil mir das Equipment fehlt. Das muß ein Werk imho aushalten können, um gut zu sein.
Wäre 3D nicht mir Kosten verbunden, dann würde ich diese Dimension aber als Mehrwert nicht scheuen-
Serien halte ich nicht für eine Konkurrenz zum Kino. Das sind ganz andere Möglichkeiten der Erzählung und für den Zuschauer bequem in alltagsgerechten Häppchen konsumierbar. So nutze ich es jedenfalls und bin vom Seriennörgler in den letzten 12-24 Monaten durchaus zum Fan geworden, finde aber längst nicht alles gut. Schließlich gibt es auch in diesem Bereich eine deutliche Schwemme, in der man Serien auch kritisch rezipieren sollte. Das muß nicht nur im erzählerischen sein. Auch im Bereich Sitcom fand ich z.B. kürzlich erst Mad Love eher arm, weil es zu nah an How I Met Your Mother ist, was selbst ja schon stark an Friends erinnert. Bei deinem Beispiel True Blood hingegen vermisse ich die Wahrnehmung von Chancen. Anstatt die Anfangs geöffnete Tür der sozialpolitischen Auseinandersetzung zu durchschreiten, haut man einfach mit ordentlich nackter Haut immer neue Kreaturen und Figuren raus. Das ist langweilig und genauso enttäuschend, wie damals das Potential von X-Men im Bezug auf die Mutanten mißachtet worden ist.
Also aus dem vergangenen Jahr würde ich zumindest Prometheus und Life of Pi nennen.
Gerade bei Life of Pi bin ich auch sehr froh, dass ich ihn im Kino gesehen habe. Die Nutzung der dritten Dimension ist hier meines Erachtens nämlich nicht nur als Spielerei eingesetzt, sondern vor allem auch genutzt, um inhaltliche Aspekte zu unterstreichen (z.B. die Einsamkeit, das Verlorene). Wobei ich für die Mehrzahl der Filme, die ich in 3D gesehen habe, durchaus eher von technischer Spielerei sprechen würde als von inhaltlich begründet (betrifft diverse Animationsfilme).
“Serien halte ich nicht für eine Konkurrenz zum Kino.”
Aus meiner Sicht ist da schon eine Konkurrenz. Man muss ja nur mal von der Frage “Was gucke ich heute Abend?” ausgehen. Und da kommt zumindest bei mir gerne mal der Bequeme durch, der dann eben lieber eine (oder gleich mehrere) Folgen daheim (im Free- oder Pay-TV oder eben auf DVD/Blu-ray Disc) schaut, statt durch Wind und Wetter bis zum Kino zu gehen und dort nochmal zu bezahlen. Zumal – wie im Artikel angesprochen – dann ja noch der Puntk der Charaktere bleibt. Mag mit meiner Kinofilmauswahl zuletzt zusammenhängen, aber da fehlten mir teilweise “echte” Charaktere.
“Anstatt die Anfangs geöffnete Tür der sozialpolitischen Auseinandersetzung zu durchschreiten, haut man einfach mit ordentlich nackter Haut immer neue Kreaturen und Figuren raus.”
Also das Auftauchen (und Verschwinden) diverser Charaktere ist meines Erachtens duchaus geschickt in die entsprechenden “sozialpolitischen Auseinadersetzung[en]” eingebunden. Ich bin derzeit kurz vor ende der 5. Staffel und da gibt es meiner Meinung nach diskussionswürdige Ansätze und nicht nur nackte Haut (wobei ich nichts gegen solche habe). Ich muss allerdings gestehen, dass True Blood für mich eine schwer zu greifende Serie ist. Einerseits finde ich manche Handlungsstränge und in manchen Momenten die ganze Serie furchtbar uninteressant, will aber dennoch immer wissen, wie es nun weitergeht. Vielleicht ist es ja eine gewisse Abnutzungserscheinung des Oberflächlichen (Sex, Gewalt) bei der Präsentation der inhaltlichen themen, die durchaus interessant sind.
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Bravo , top Kolumne , die den Nagel auf den Kopf trift.
Taschenspielerei 3D kontra gute Storys mit tollen Charakteren und Tiefgang , genau das sage ich doch schon dauernd.
Dankeschön! Ehrlich gesagt, glaube ich allerdings, dass es auch gute Filme in 3D gibt.
Mal naiv gefragt: Welche denn? Die unterhaltsamen, jedoch im Schnitt nichtmal verpflichtenden 3D Filme habe ich zumeist dafür gelobt, daß sie 3D nur als Vertiefung mitbringen, eine erweiterte Erlebnissituation. Ähnlich wie bei Hitchcock damals. Der Film selbst ist dann aber ohne weiteres auch in 2D genießbar. Ich habe sogar begonnen, mir ein paar Filme in 2D zu kaufen, weil mir das Equipment fehlt. Das muß ein Werk imho aushalten können, um gut zu sein.
Wäre 3D nicht mir Kosten verbunden, dann würde ich diese Dimension aber als Mehrwert nicht scheuen-
Serien halte ich nicht für eine Konkurrenz zum Kino. Das sind ganz andere Möglichkeiten der Erzählung und für den Zuschauer bequem in alltagsgerechten Häppchen konsumierbar. So nutze ich es jedenfalls und bin vom Seriennörgler in den letzten 12-24 Monaten durchaus zum Fan geworden, finde aber längst nicht alles gut. Schließlich gibt es auch in diesem Bereich eine deutliche Schwemme, in der man Serien auch kritisch rezipieren sollte. Das muß nicht nur im erzählerischen sein. Auch im Bereich Sitcom fand ich z.B. kürzlich erst Mad Love eher arm, weil es zu nah an How I Met Your Mother ist, was selbst ja schon stark an Friends erinnert. Bei deinem Beispiel True Blood hingegen vermisse ich die Wahrnehmung von Chancen. Anstatt die Anfangs geöffnete Tür der sozialpolitischen Auseinandersetzung zu durchschreiten, haut man einfach mit ordentlich nackter Haut immer neue Kreaturen und Figuren raus. Das ist langweilig und genauso enttäuschend, wie damals das Potential von X-Men im Bezug auf die Mutanten mißachtet worden ist.
“Mal naiv gefragt: Welche denn?”
Also aus dem vergangenen Jahr würde ich zumindest Prometheus und Life of Pi nennen.
Gerade bei Life of Pi bin ich auch sehr froh, dass ich ihn im Kino gesehen habe. Die Nutzung der dritten Dimension ist hier meines Erachtens nämlich nicht nur als Spielerei eingesetzt, sondern vor allem auch genutzt, um inhaltliche Aspekte zu unterstreichen (z.B. die Einsamkeit, das Verlorene). Wobei ich für die Mehrzahl der Filme, die ich in 3D gesehen habe, durchaus eher von technischer Spielerei sprechen würde als von inhaltlich begründet (betrifft diverse Animationsfilme).
“Serien halte ich nicht für eine Konkurrenz zum Kino.”
Aus meiner Sicht ist da schon eine Konkurrenz. Man muss ja nur mal von der Frage “Was gucke ich heute Abend?” ausgehen. Und da kommt zumindest bei mir gerne mal der Bequeme durch, der dann eben lieber eine (oder gleich mehrere) Folgen daheim (im Free- oder Pay-TV oder eben auf DVD/Blu-ray Disc) schaut, statt durch Wind und Wetter bis zum Kino zu gehen und dort nochmal zu bezahlen. Zumal – wie im Artikel angesprochen – dann ja noch der Puntk der Charaktere bleibt. Mag mit meiner Kinofilmauswahl zuletzt zusammenhängen, aber da fehlten mir teilweise “echte” Charaktere.
“Anstatt die Anfangs geöffnete Tür der sozialpolitischen Auseinandersetzung zu durchschreiten, haut man einfach mit ordentlich nackter Haut immer neue Kreaturen und Figuren raus.”
Also das Auftauchen (und Verschwinden) diverser Charaktere ist meines Erachtens duchaus geschickt in die entsprechenden “sozialpolitischen Auseinadersetzung[en]” eingebunden. Ich bin derzeit kurz vor ende der 5. Staffel und da gibt es meiner Meinung nach diskussionswürdige Ansätze und nicht nur nackte Haut (wobei ich nichts gegen solche habe). Ich muss allerdings gestehen, dass True Blood für mich eine schwer zu greifende Serie ist. Einerseits finde ich manche Handlungsstränge und in manchen Momenten die ganze Serie furchtbar uninteressant, will aber dennoch immer wissen, wie es nun weitergeht. Vielleicht ist es ja eine gewisse Abnutzungserscheinung des Oberflächlichen (Sex, Gewalt) bei der Präsentation der inhaltlichen themen, die durchaus interessant sind.