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"The Outtake" - die exklusive Kolumne

The Outtake

Friede den Hütten! Krieg den Multiplexen!

6. Mai 2013 | Stichwörter: Film, Kino


Neulich war ich also im Kino. Im Kommunalen Kino, um genau zu sein. Das ist bemerkenswert, da es in Stuttgart seit Jahren kein solches Kino mehr gibt. Nicht, dass ich wirklich oft dort gewesen wäre, aber der Gedanke war nett, dass es da war. Die Erfahrung, die ich nun in einem Kommunalen Kino in einer anderen Stadt machen durfte, ist allerdings nicht dazu geeignet, meine Sehnsucht wiederzubeleben. Es war furchtbar, will ich damit sagen. Das Publikum fing schon vor dem Film an, mir auf die Nerven zu gehen. Das ist insofern erstaunlich, als dass dies mit einem Vorfilm einherging, der an Dämlichkeit kaum zu überbieten war. Das Publikum nahm die Herausforderung jedoch an und überbot jedwede Dämlichkeit spielend. Da wurde sich ohne Hemmungen den ganzen Film über unterhalten, und zwar die Art Unterhaltung, bei der es mir peinlich wäre, dabei gehört zu werden, wenn es ansonsten völlig akzeptabel ist, sich zu unterhalten. Da wurde herzhaft über Witze gelacht, bei denen ich mich ernsthaft fragte, wie man so überrascht von etwas sein kann, das schon seit fünf Minuten offensichtlich war. Doch je länger dieses traumatische Erlebnis nun hinter mir liegt, desto mehr wird mir klar, dass es gar nicht dieses vermeintliche Bildungsbürgertum ist, das meinen Zorn verdient. Noch nicht einmal die konkreten Menschen, die es geschafft haben, einen schlechteren Eindruck zu hinterlassen als betrunkene Teenager, die einen Mainstream-Horror-Film am Startwochenende besuchen. Nein, am Ende des Tages führt einfach kein Weg daran vorbei, dass das Kino als Konzept einfach von Grund auf dämlich ist.

Sicherlich gab es eine Zeit, in der es als solches wirklich alternativlos war. In den frühen Tagen des Films war es schließlich komplett unmöglich, ihn an anderen Orten zu zeigen. Wer daran teilhaben wollte, musste damit vorlieb nehmen, Filme mit anderen Menschen zu konsumieren, ganz egal, was für ein intimer Akt das eigentlich ist. Aber die Technik hat sich ja nun weiß Gott weiterentwickelt. Und wenn jemand von seinem Heimkino berichtet, dreht es sich doch eigentlich immer um Bild und Ton. Niemand sagt „die Technik ist im Grunde fertig. Jetzt muss ich nur noch ein paar besoffene Vollidioten finden, um das Erlebnis perfekt zu machen.“ Im Grunde ahnen wir, dass dieses romantisierte Kino-Erlebnis nichts ist als der Versuch, uns etwas schmackhaft zu machen, das eigentlich völlig unserer Natur widerspricht.

Und es dürfte uns ja auch nicht sonderlich überraschen, wenn uns ausgerechnet die Leute manipulieren, denen wir unser Geld hinterherschmeißen, damit sie uns manipulieren. Hollywood wird nicht umsonst die Traumfabrik genannt. Wir reden hier immerhin von Menschen, die über Jahrzehnte alles versucht haben, ihren Filmen ein bestimmtes Aussehen zu verleihen. Citizen Kane wird bis heute dafür geliebt, dass er so wenig Filmkorn hat und dafür einen unglaublichen Schärfebereich. Als aber die ersten Videokameras auf den Markt kamen und begannen, eine Konkurrenz darzustellen, wollte man das alles plötzlich überhaupt nicht mehr. Man sprach jetzt nämlich vom Film-Look, der allem Anderen überlegen ist, weil er Korn und einen begrenzten Schärfebereich hat. Und wir glauben diesen Leuten immer noch, was sie uns über das Kino erzählen.

Heute gilt es allerdings nicht mehr, uns zu überzeugen, dass Film besser ist als Video, heute geht es darum, dass Kino besser ist als jede Alternative. Da heißt es dann in Image-Kampagnen „Kino, dafür werden Filme gemacht.“ AM ARSCH! Macht Eure Filme gefälligst für Euer Publikum, oder lasst es gleich bleiben. Oder habt wenigstens den Anstand, Euch dann auch vom „Kino“ bezahlen zu lassen. Aber wenn Ihr mein Geld wollt, muss da schon mehr kommen als Produkte für ein abstraktes Konzept zu entwickeln.

„John Dies at the End“ ist beispielsweise ein Film, der zuerst zum legalen Download veröffentlicht wurde, noch bevor er in die Kinos kam. Das erscheint irgendwie komisch und ich bin sicher, wir werden einen Weg finden, es zu etwas Negativem zu machen. Vermutlich wird das noch heute beliebte Etikett „Direct to Video“ zu „Direct to Internet“ und ihm wird ein ähnliches Stigma zuteil. Wir schaffen damit aber einen Markt, auf dem es schlecht ist, uns die Wahl zu geben, einen Film so zu sehen, wie wir das wollen. Mit einer ähnlichen Logik könnte man auch die Nase rümpfen, wenn man ein Produkt kaufen kann, ohne dass einem der Verkäufer zwischen die Beine tritt. Wäre das Produkt gut genug, könnte man sich das Treten schließlich erlauben.

Das Kino hat es aber irgendwie geschafft, sich so nachhaltig in den Herzen der Menschen zu verankern, dass es nahezu unmöglich erscheint, dass es ganz verschwinden wird. Sicher, es ist in gewisser Hinsicht bedroht, aber es gibt doch noch immer genügend Romantiker, die den Untergang auf keinen Fall zulassen wollen. Das ist durchaus menschlich, aber ob es auch vernünftig ist, das steht auf einem anderen Blatt. Ich bin sicher, als die Häuser mit sanitären Anlagen ausgestattet wurden, gab es auch Kulturpessimisten, die den Untergang des Abendlandes beklagten. Da ging ja immerhin auch einiges an Gefühl verloren, wenn man nicht mehr vor dem Haus in die Büsche kacken musste. Das war ja sicherlich auch ein Erlebnis, das Familien enger zusammenbrachte. Aber die Verbreitung des WC konnte nicht aufgehalten werden und wurde von den meisten Menschen wohl auch durchaus begrüßt.

Ich verstehe auch, dass es schwerfällt, alte Gewohnheiten aufzugeben. Auch ich erwische mich immer wieder dabei, mich über die Möglichkeit zu freuen, einen Film endlich im Kino zu sehen. Wenn ich dann aber da sitze zwischen lauter fremden Menschen, die mir teilweise gehörig auf die Nerven gehen, meine gefühlten fünfzig Euro bezahlt habe und dann feststelle, dass die DVD gespielt wird, die auch bei mir im Regal steht, spätestens dann weiß ich wieder, dass das Konzept Kino zumindest nicht alternativlos ist.


klepp



Kommentare und Diskussionen


3 Kommentare zu „Friede den Hütten! Krieg den Multiplexen!“

  1. Intergalactic Ape-Man sagt:
    6. Mai 2013 um 18:38

    “Filme mit anderen Menschen zu konsumieren, ganz egal, was für ein intimer Akt das eigentlich ist.”

    Du meinst die mit dem Mantel? :P

    Was ich übrigens auch interessant finde, ist daß Filmprojektion ja nun der Digitalprojektion weicht. Aber was bedeutet dies für einen Zuschauer, der dies eigentlich gar nicht wollte? Kann es ihm egal sein? Nein, im Kino wird er mit einem Digitalzuschlag bestraft, der sich zur Reservierungsgebühr, der Überlängengebühr und dem Logenaufschlag addiert. Manchmal wundert man sich, daß da nicht noch leicht bekleidete Damen sitzen, die zu einem Gläschen Sekt eingeladen werden wollen.

  2. Discostu sagt:
    6. Mai 2013 um 13:04

    Ich möchte deiner einseitigen Darstellung (die natürlich viele Wahrheiten enthält) eine umgekehrt einseitige Darstellung entgegenstellen. Die Wahrheit liegt natürlich wie immer irgendwo in der Mitte.

    Es geht bei einem Kinobesuch genauso wenig nur um den Film, wie es bei einem Konzertbesuch nur um die Musik geht, wie es bei einem Theaterstück nur um das Stück geht oder wie es bei einem Fußballspiel nur um das Spiel geht. Natürlich kann ich diese ganzen “Inhalte” in heutigen Zeiten auch zu Hause konsumieren, aber das gleiche ist es nicht.

    Wenn ich mir zu Hause einen Film ansehe, dann ist dies nur eine Freizeitbeschäftigung von vielen. Man überlegt, wie man seinen Feierabend verbringen könnte, hat die Wahl zwischen Internet, Zocken, Fernsehen, Musik hören, ein Buch zu lesen, Tabletop-Figürchen anmalen oder was man eben so gerne macht. Der Film ist nichts Besonderes, nur eine Möglichkeit von vielen. Ihm wird auch nicht die volle Aufmerksamheit zu Teil. Man drückt gefühlt hundert Mal auf die Pause-Taste um zu pinkeln / eine Szene mit der Freundin zu diskutieren / etwas zu Trinken zu holen / weil das Telefon klingelt / weil man googeln will woher man einen Darsteller kennt und man hat gar nicht die Möglichkeit, sich voll auf den Film einzulassen, sich von ihm mitreißen zu lassen, ihm ausgeliefert zu sein.

    Ganz anders der Kino-Besuch. Allein die Einstellung, wie man an das Ganze herangeht, ist eine völlig andere. Man sitzt nicht nur zu Hause und guckt einen Film, um sich die Zeit zu vertreiben. Man geht los, um etwas zu unternehmen. Man geht los, um an einem sozialen Ereignis teilzunehmen, bei dem der Film im Mittelpunkt steht. Man trifft sich mit zig oder gar hunderten fremden Leuten in einem Saal, die alle das eine wollen, diesen Film zu sehen. Alleine das Gefühl der Vorfreude, wenn die Lichter ausgehen, der erste Trailer losläuft und wenn dann endlich der Vorhang noch weiter aufgeht um das volle Breitbild zu präsentieren, wird man niemals in einem Heimkino haben. Man sitzt mit einer Gruppe von Leuten in dem Saal denen Filme immerhin so wichtig sind, dass sie bereit sind, zwischen 6 und 12 Euro dafür auszugeben und die gemeinsame Begeisterung über dieses Medium breitet sich über den Saal aus. Besonders bei Filmen die starke emotionale Reaktionen hervorrufen wollen (vor allem Komödien und Horror-Filme) ist die Wirkung, zusammen mit einem Publikum zu gucken, unvergleichlich. In Komödien lacht man viel mehr als man zu Hause lachen würde, wenn sich um einen herum der ganze Saal geradezu wegschmeißt. In einem Horror-Film erschrickt man sich mehr als man sich zu Hause erschrecken würde, wenn um einen herum gekreischt wird, wenn der Killer um die Ecke springt.

    Und dem Film gilt hier die volle Aufmerksamkeit. Er steht im Mittelpunkt. Der Saal ist dunkel und die Leinwand nimmt das gesamte Sichtfeld ein. Es gibt keine Pausetaste. Man ist dem Film und seinem Rhythmus vollkommen ausgeliefert, beinahe so gefesselt wie Alex in “Uhrwerk Orange” ist man gezwungen, sich dieser Horrorshow unabgelenkt hinzugeben. Ein Erlebnis, das zu Hause nie zu erreichen wäre, sich zwei Stunden lang in seinem Sessel zu verkrampfen weil “The Dark Knight” so eine ungemeine Spannungskurve entwickelt, aus der man sich nicht entziehen kann. Und dann, am Ende, völlig geflasht zusammen mit den anderen das Kino verlassen, endlich seine Gedanken zu dem Film loswerden zu können, aber eigentlich noch völlig zu sehr “im Film”, um sich wieder auf die Realität einlassen zu können. Ein Erlebnis, das einfach unvergleichlich ist. Das ist Kino. Dafür werden Filme gemacht.

    1. thorwalez sagt:
      8. Mai 2013 um 10:50

      Sehr schöner Kommentar Discostu. Nur in einem Punkt muss ich dir entschieden widersprechen. Horrorfilme im Kino zu sehen ist m.E. der beste Weg, sie das Filmerlebnis komplett zu versauen.
      Denn wer kennt sie nicht? Die Grüppchen junger Mädels, die bei den besonders spannenden Szenen einen spontanen Rede- und Kicherreflex bekommen oder die Jünglinge, die altersbedingt noch den starken Mann markieren müssen und den gesamten Saal durch lautstarke Badass-Sprüche von ihrer Badassness überzeugen müssen, weil sie sich ohne dieses Ventil vermutlich in die Hose scheißen würden. Spannung und Atmosphäre sind dahin. Das Eintrittsgeld quasi rausgeschmissen.
      Gerade Filme, die vor einzig von ihrer Atmosphäre leben (z. B. Paranormal Activity) haben es bei solch einem Publikum schon sehr schwer. Bei den typischen Jump-Scarern wie Scream und Konsorten fällt dies möglicherweise wirklich nicht so sehr ins Gewicht.


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