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"The Outtake" - die exklusive Kolumne

The Outtake

Auf zum großen Kürbis!

25. Oktober 2005 | Stichwörter: keine


“War das der schwarze Mann?” (Halloween)

Silvan Prefetzky aka Moonshade“Ich pisse gerade Rasierklingen!”

Mit diesem Zitat sollte die nächste Kolumne eigentlich anfangen, denn ich fand es recht passend, als letztens mal wieder “The Green Mile” im TV zu sehen war und sich Tom Hanks mühsam und schmerzerfüllt mit dem Urinieren abplagte, denn mir ging es gerade genauso. Eine freundliche Nierenbeckenentzündung hatte sich bei mir eingenistet – ja, genau die Art von Krankheit, über die man als moderner Mann so gern kopfschüttelnd abwinkt, weil die Frau oder Freundin sie sich zum wiederholten Male eingefangen hat und niemand ahnt, woher oder warum.

Ich hab die Story von der mir verordneten Zwangsliegeorgie auf meiner Couchgarnitur dann aber doch eingestampft, sie war auch in natura unangenehm genug. Nur soviel, ich werde nie, nie wieder ein (bevorzugt weibliches) Opfer derselben Infektion belächeln.

Stattdessen verwandelt sich das goldene Oktoberwetter vor meinen Fenstern in einen Haufen herbstlichen Exkrement, ein deutliches Zeichen dafür, daß wir mit Volldampf auf Halloween zusteuern, jenem heidnischen Totenfest, daß sich die lieben Amerikaner mal eben flott von den Briten (jaja, und die von den Kelten) entliehen haben, um daraus einen dieser wahnsinnig konsumkritischen Feiertage zu machen, die sich von jedweder Art von produzierender Industrie finanziell gut ausbeuten lassen.

Inzwischen haben sogar wir Deutschen den morbiden Reiz des Gruselfestes entdeckt und langsam aber sicher mutiert der Ehrentag vor Allerseelen zu einem angesehenen Ersatzfeiertag in Zeiten, wo uns der Buß- und Bettag als wirtschaftliche Notwendigkeit als mittwöchlicher Sauf- und Völlertag von den böööösen Politikern weggenommen wurde. Wann wird eigentlich das Merkel ver-eichelt? Und ist Stoiber der neue “schwarze Mann”? Heben wir uns das lieber für später auf!

Aber warum so viel Häme; wenn der Wind die Blätter von den Bäumen fegt, sollten wir dankbar sein, mit ein bißchen Gothic-Chic gegen die Herbstdepression angehen zu können.

Natürlich sind wir es noch gewohnt, daß unsere Jüngsten “Trick or Treat” schreiend vor unseren Haustüren stehend ihr kalorienhaltiges Recht fordern. Wenn sie es im US-Ausmaß tun würden, würde es sicherlich am nächsten Morgen von mehrfachen Schlag- und Herzanfällen unter deutschen Senioren in der Zeitung wimmeln, gefolgt von ein paar ausführlichen Springer-Analysen, wie hoch der Satanistenanteil unter der marodierenden Grundschülern wohl gewesen sein mag.

Stattdessen warten die meisten unserer Jugendlichen brav noch ein, zwei Wochen, um dann unter christlichem Vorwand am Martinstag ihrer schokoladigen Habgier zu frönen und das auch noch mit Gottes Segen. Ich möchte in diesem Zusammenhang schon mal den Anteil meiner Gäste grüßen, der jeden sonstigen Tag vorgeben würde, islamischen Glaubens zu sein – es gibt aber für alle nichts zu holen (da sind bei mir alle Menschen gleich), aber kommt ruhig erst mal in den dritten Stock hoch!

Dieses Jahr fällt Halloween auf einen Montag, was alle 24 Hour Party People natürlich zwingt, ihre Grusel-Party entsprechend vorzuverlegen, da bleibt nur Samstag Nacht, weil durch die Umstellung auf Winterzeit zufällig noch eine Stunde mehr für Feiern zur Verfügung steht, bei denen der schwarze Kajalstift mal so richtig kreisen kann. The 25th Hour, Zeit für ein Extra-Delirium zwischendurch, da bin sogar ich für zu haben.

Wenn dann aber die reelle Stunde des Grauens naht (passenderweise dieses Jahr an einem Montag, wobei man die 31 spielerisch natürlich noch zur 13 drehen kann, was das Horrorpotential zumindestens für alle Garfield-Fans noch bis an die Grenze des Erträglichen ausreizt), dann werden wir zum überwiegenden Teil wohl vor der Flimmerkiste sitzen und auf eine Spur alten Kintoppkitzel hoffen.

Aber, ach weh, vergebens!

Ich persönlich liebe ja nicht nur Carpenters Standardwerk von 1978, dem Muster-Slasher ohne allzuviel Slashen (für die Figurbewußten unter uns), vor allem mag ich, wie sich die babygesitteten Bratzen (die wirklich unnachahmlich schlecht synchronisiert wurden, der Junge klingt wie ein Frosch in einer Kaffeemühle) ihren Po später vor dem Bildschirm breitsitzen, während um sie herum unbemerkt die Autorität und so manches Teenagerleben in Fetzen geht. Und sie haben allen Grund dazu!

Amerika, du hast es besser, zumindest in deinen Kinophantasien laufen da zur besten Sendezeit echte Kieferbrecher aus der guten alten Zeit, “Forbidden Planet” oder “The Thing”, mit denen man sich als Nostalgiker oder Nicht-Jugendlicher noch popcornmampfend hinter dem Kissen verstecken konnte, bis Mutter oder Vater einen bissigen Kommentar zum angeblichen Durchhaltevermögen abgaben und man sich wieder zum Hingucken genötigt sah. Und zum Vorwärmen gibt es jedes Jahr “It’s the the Great Pumpkin, Charlie Brown!”, das ist Nostalgie pur.

Natürlich hat sich auch das deutschen Fernsehen längst darauf eingestellt und entsendet eine Auswahl von Genreproduktionen an das willige Publikum, rührt aber kaum an den Sehgewohnheiten der Alteingesessenen, denn der größte Horror (neben dem zweifellos wirklich entsetzlichen rent a Pocher – Halloween Spezial) wäre eine schlechte Quote.

Darum wird erst mal ordentlich Family Entertainment gereicht, mit “Hocus Pocus” und “Little Shop of Horrors” immerhin zwischen belanglos und vergnüglich pendelnd einzuordnen. Während die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten geradezu raffiniert subtil mit dem Schocker “Luther” kontern (in welchem Geschichte so geschickt komprimiert und auf unterhaltsame Weise schöngebürstet wird, daß es der wahre Horror des Abends wäre, hätten die meisten in Geschichte nicht ohnehin nur Liebesbriefchen verfaßt), rettet wie so oft der Kunstsender Arte mit “Rosemaries Baby” halbwegs den Abend.

Ab 22.00 Uhr ist ja auch die “Ab 16″-Arena eröffnet und wir werden mit den üblichen Standards zugeballert, von dem Original-”Halloween” (wie kreativ, gähn!), über die ersten beiden Nightmare-Teile in konsumentenfreundlichen Schnittfassungen bis zu dem gar fürchterbar bräsigen “Ghost Ship”, Paul Schraders verschmähtem “Katzenmenschen” und der Basinger-Gurke “Die Prophezeiung”.

Im Bezahlfernsehen sieht es kaum besser oder innovativer aus, denn Premiere ist gleich auf zwei Kanälen vollgerotzt mit so ziemlich JEDEM halbwegs bekannten Horrorfilm der letzten 36 Monate, der es bis ins Kino geschafft hat und so dem Breitwand-Teen-und-Twen-Anteil der Bevölkerung noch was sagt.

Wo ist denn das behagliche Schaudern geblieben, daß uns beim Anblick einer ausgehöhlten Kürbislaterne früher mal befallen hat, als Michael Myers uns noch nicht aus jedem Schaufenster entgegen starrte.

Grund genug, sich ein Alternativprogramm zusammen zu stellen, denn bis es sich zumindest die sonst so spaßbremsenden Katholiken vom ZDF trauen, mit “King Kong und die weiße Frau” doch noch Qualitätsgrusel ins Programm zu hieven, ist es schon zwei Uhr morgens. Was uns fehlt, ist “Das Grauen” beim “Tanz der toten Seelen” “Bis das Blut gefriert” im “Schloß des Schreckens”!

Das ist nicht nur Nostalgie, das ist der Schrecken aus der Zeit, wie er so einem Tag würdig wäre. Moderner Horror ist da viel zu oft simpler Alltagsgegenstand. Weckt die Toten auf, möchte man da rufen, seid verrückt, seid originell, seid morbide. Mit “Freddy vs. Jason” funktioniert so etwas einfach nicht, das wäre eher der richtige Film nach einem ausgedehnten IKEA-Einkauf.

Natürlich, spricht da der Fan, während er seine knarrende Filmgruft öffnet, kann man sich wie üblich sein eigenes Programm machen, einfach die Filme einlegen, die man sehen will, groß genug ist der Fundus ja nach Jahren des Sammelns langsam.

Aber da öffnet sich ein Nostalgieknötchen am Magengeschwür: es gibt eben Tage, da soll es nicht so laufen wie sonst auch. Es gibt Tage, da fröhnt man dem Ausgeliefertsein und will sich schlicht und ergreifend einfach bedienen lassen. “Weißt du noch, was damals lief, Darling?”, wird man später sagen, wenn die eigenen Kinder mit dem Bettlaken erst mal stiften gegangen sind.

Man möchte einen Abend lang so sein, wie die Bratzen in “Halloween”, die nehmen mußten, was da war, denn 1978 war VHS noch ein bunter Traum in den Weiten Amerikas (ist diese Vorstellung nicht gruseliger als alles, was auf dem Bildschirm erscheinen könnte?). Fernseher einschalten und sich überraschen und überrollen lassen.

Aber vielleicht können solche Abende einfach nur zufällig geschehen.

Was, ich widerspreche mir? Ich hätte ein Alternativprogramm empfohlen? Ja, aber wer sagt denn, daß dafür die Filmbibliothek notwendig sei?

Ich werde die Lichter löschen, Kerzen anzünden, Wein oder Bowle auf den Tisch und ungefähr einen Doppelzentner von irgendwas mit Schokoladenüberzug dazu und mir dann mit Freunden gegenseitig die liebsten Gruselgeschichten (ich empfehle übrigens M.R.James) vorlesen, bis die Gänsehaut wieder freiwillig einzieht.

Dann nehme ich vom großen Kürbis auch alther- und mitgebrachte Geschenke gerne an.

Auch in schwarz-weiß!

Nackenhaare hoch, Leute!

(Verdammungen, konstruktive Kritik und Lob bitte bis auf weiteres an: Everythingcounts@gmx.net)


Silvan Prefetzky



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