Da standen meine Begleitung und ich nun also auf dem roten Teppich und es sollte losgehen. Na ja, fast. Zunächst einmal war ein Sektempfang geplant und dieser ging auch reibungslos über die Bühne. Das Foyer füllte sich so langsam mit Gästen. Fast jeder Zweite schien die Veranstalter zu kennen, man begrüßte sich mit festem Händedruck, Umarmungen und Küsschen. Und wer meinte, dass sich nur junges Publikum zum Festival verirrte, der täuschte sich. Auch so manche ältere Dame und so mancher älterer Herr wollte sich die Chance, einen Blick auf Dario zu erhaschen, nicht entgehen lassen. Doch der ließ noch ein wenig auf sich warten. Alsbald griff deshalb Charles Rettinghaus zum Mikrofon, der für die Moderation zuständig war. Rettinghaus dürften Synchrofans vor allem als Sprecher von Robert Downey Jr. und Jean Claude Van-Damme kennen.
Rettinghaus begrüßte also das Publikum, stellte die Veranstalter Marc Fehse und Dr. Michael Flintrop vor und kündigte an, dass Hr. Argento und Hr. Simonetti jede Minute eintreffen dürften. Und er bat das Publikum so laut zu klatschen, dass Dario den Eindruck habe, es würden 200 Leute ihn begrüßen und nicht nur 80. Kabumm, der erste Seitenhieb von Rettinghaus, auf die immer noch recht überschaubare Zahl von Zuschauern, wobei das Foyer schon relativ gut gefüllt war. Und es sollte nicht der einzige Seitenhieb bleiben.
Da nun also Mr. Argento noch ein wenig auf sich warten ließ, beschlossen meine Begleitung und ich noch ein wenig vor das Kino zu gehen und am, mittlerweile “eingezäunten”, roten Teppich zu warten und schon bald fuhr eine schwarze Limousine vor, aus der ein freundlich wirkender und stets lächelnder älterer Herr ausstieg: Dario war am Kino angekommen. Der Applaus war tosend und langanhaltend. Hr. Rettinghaus hatte es also geschafft, dass Publikum zum lautstarken Jubeln zu ermutigen, wobei der Applaus sicher auch ohne seine Hilfe nicht geringer ausgefallen wäre. Schnell wurden noch ein paar Worte gesprochen, Fotos gemacht und danach hieß es für ein paar Minuten “Dario zum Anfassen”, denn der Meister verteilte Autogramme und alles drängelte sich um ihn, ohne das irgendwelche Bodyguards eingreifen mussten. Auch ich habe mein Autogramm erhalten, ein kurzer aber perfekter Moment zwischen Dario und mir. Leider habe ich aber die Once-in-A-Lifetime-Chance auf ein Foto mit ihm verpasst. Verdammt…
Nach einiger Zeit öffneten sich dann die Tore zum Kinosaal. Für den Festivalauftakt “Spiel mir das Lied vom Tod” wurde eigens der größte Saal des Kinos angemietet, welcher sich zu ca. 1/3 mit Zuschauern füllte. Wieder griff Hr. Rettinghaus zum Mikrofon doch irgendwas stimmte nicht. Das Mikrofon spielte verrückt, es wurde immer lauter und leiser, fiel auch gerne einmal ganz aus. Daher wurde die Einführung kurz gehalten. Noch einmal wurden kurz die Veranstalter und die Stars auf die Bühne geholt, Hr. Rettinghaus versuchte den nicht ausverkauften Saal mit dem schönen Wetter zu begründen und der Filmwissenschafter Dr. Marcus Stiglegger hielt eine kurze, sehr persönliche Ansprache, wie es damals für ihn war, als er das erste Mal mit Filmen von Dario Argento Kontakt hatte und wie schwierig es war, diese Filme in Deutschland, in angemessener Form, zu erhalten. Insgesamt eine sehr interessante Ansprache, welche schon einmal einen kurzen Eindruck von dem wiedergab, was bei der Abschlussveranstaltung von ihm zu erwarten war. Auch wenn diese Ansprache nur gute fünf Minuten dauerte, so hatte sie meine Überlegung darüber, die kostenpflichtige Abschlussveranstaltung doch zu besuchen, noch einmal ordentlich ins Rollen gebracht.
Nun aber hieß es erst einmal: Vorhang auf für “Spiel mir das Lied vom Tod”. Eine brillante 35mm-Kopie des Films wurde aufgeführt, die fast so gut aussah, als wäre sie erst wenige Monate alt gewesen. Ein Kinoerlebnis sondergleichen, wenn, tja wenn da die nicht die Kinotechnik ein wenig gesponnen hätte, durch die insgesamt zweimal das Licht plötzlich anging, eine Krankheit, die unser UFA-Palast, mit Verlaub, schon länger hat. Problem war dabei die automatische Lichtanschaltung, welche durch eine Markierung auf dem Filmstreifen ausgelöst wird. Und anscheinend kam es dadurch zu einer Fehlfunktion, die das Licht angehen ließ. Und das es beide Male gut 10 Minuten dauern sollte, bis das Licht wieder ausgeschaltet war, hat noch mehr für Verstimmung gesorgt. Aber mal abgesehen davon, war es wirklich ein Erlebnis für sich gewesen, dieses Meisterwerk auf der großen Leinwnand zu erleben.
Gegen 23:00 Uhr war die Aufführung dann vorbei und die angekündigte Aftershowparty auf der MS Cosel war nun der nächste Punkt im Programm. Vor dem Kino standen einige größere Limousinen, die Veranstalter, Gäste und Stars zum Schiff bringen sollten. Wir haben uns allerdings zu Fuß auf den Weg gemacht und erreichten das Schiff auch mehr als pünktlich. Carsten Fehse stand auch schon, jetzt schick gemacht im Frack, am Einlass und ließ die Besucher aufs Schiff und überreichte auch jedem einen Gutschein für ein Getränk. Auf dem Deck war schon einiges los, also setzen wir uns und warteten auf das, was da noch kommen sollte. Gruselige Fußnote dazu: Am Elbufer gegenüber wurde just an diesem Abend auch ein Roland Kaiser-Konzert durchgeführt, was uns fast ein wenig peinlich gewesen war. Da ist schon mal ein italienischer Megastar in Deutschland und muss dann Roland Kaiser hören? Wie schräg ist das denn? Aber na ja, Hr. Argento war bei der Aftershowparty dann eh nicht zugegen und nach einiger Zeit legte das Schiff zu seiner 90 Min. Rundfahrt ab. Also sollten alle Beteiligten letztendlich nicht allzu viel davon mitbekommen.
Man konzentrierte sich zudem eh auf das folgende Showprogramm, welches man ruhig als eine absolute Perle des Entertainments bezeichnen darf. Kitty Willenbruch, eine Burlesque-Tänzerin aus Wien, sollte das (größtenteils aber nicht nur) männliche Publikum in Erstaunen versetzen. Schon öfters huschte sie an einem vorbei und man war gespannt darauf, was sie uns präsentieren würde. Doch zunächst spielte ein anderer Meister mit der Entzückung des Publikums: Claudio Simonetti begann in die Tasten seines Keyboards zu hauen und performte den Score zu “Suspiria”, was wohl bei allen für Gänsehaut sorgte. Eines der ganzen großen Stücke Simonettis, von ihm persönlich live vorgespielt. Grandios! Und danach kam Kitty, die mit ihrer Performance dem Meister in nichts nachstand und eine astreine, ja ich will schon sagen ziemlich erregende, Burlesque-Show vorführte, bevor Simonetti noch ein weiteres Stück spielte und Kitty noch einmal tanzte. Beifallstürme waren diesen beiden großen Talenten gewiss.
Nachdem die Show zu Ende war, legte die Cosel nun, langsam aber sicher, wieder am Elbufer an. Mittlerweile war es 01:30 Uhr und da ich schon um 09:00 Uhr wieder im Kino sein wollte, beschlossen wir das Schiff alsbald zu verlassen. Doch bevor es dazu kam, lief uns Hr. Dr. Stiglegger über den Weg und da wir schon von seiner ersten Rede begeistert waren, entschlossen wir uns spontan ihn doch einmal anzusprechen. Gesagt, getan. Und Hr. Stiglegger entpuppte sich als ein freundlicher und hochgradig interessanter Gesprächspartner, der uns nun persönlich noch ein bisschen was über seinen Beruf erzählte und über die Laudatio, welche am Sonntag folgen soll. Unnötig zu erwähnen, dass wir uns nun mittlerweile fest entschieden hatten, die Abschlussveranstaltung zu besuchen.
Als das Gespräch beendet war gingen wir dann vom Schiff, mit der Gewissheit einen ganz tollen Abend erlebt zu haben, der Lust auf so viel mehr machte. Gegen 03:00 Uhr hatte mich dann auch mein Bett umschlungen und nur noch 6 Stunden sollte es dauern, bis Tag zwei, mit Argentos “Phenomena”, beginnen sollte. Doch das war noch längst nicht alles…
Kommentare und Diskussionen
5 Kommentare zu „Das 1. Cinestrange-Filmfestival in Dresden: Ein ganz persönliches Resümee (Teil 2)“
Du fasst das gut zusammen und freue mich auf den dritten Textteil. Ich war auch auf dem Festival und hatte ganz ähnliche Erlebnisse/Eindrücke. War auch für mich eine großartige Zeit. Hoffentlich gibt es das im nächsten Jahr wieder!
Teil 3 ist soeben fertig geworden. Ist leider wieder etwas länger ausgefallen. Ich habe wirklich versucht mich kurz zu halten, ja die ganze Sache vielleicht sogar zum Abschluss zu bringen. Ist mir leider nicht geglückt. Daher wird es auch noch einen 4. (wirklich letzten Teil) geben.
Seht es mir also bitte nach, wenn ich an manchen Ecken etwas ausschweifender werde, aber hier steckt doch wirklich viel Herzblut drin und die Eindrücke der 3 Tage sind auch wirklich gewaltig für mich gewesen, so dass es kaum möglich ist, diese in einen möglichst kurzen Text zu fassen.
Also dann hoffe ich mal, dass Max bald aufs Knöpfchen drückt und Ihr dennoch viel Spaß beim Lesen habt!
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Du fasst das gut zusammen und freue mich auf den dritten Textteil. Ich war auch auf dem Festival und hatte ganz ähnliche Erlebnisse/Eindrücke. War auch für mich eine großartige Zeit. Hoffentlich gibt es das im nächsten Jahr wieder!
Danke für die netten Worte!
Teil 3 ist soeben fertig geworden. Ist leider wieder etwas länger ausgefallen. Ich habe wirklich versucht mich kurz zu halten, ja die ganze Sache vielleicht sogar zum Abschluss zu bringen. Ist mir leider nicht geglückt. Daher wird es auch noch einen 4. (wirklich letzten Teil) geben.
Seht es mir also bitte nach, wenn ich an manchen Ecken etwas ausschweifender werde, aber hier steckt doch wirklich viel Herzblut drin und die Eindrücke der 3 Tage sind auch wirklich gewaltig für mich gewesen, so dass es kaum möglich ist, diese in einen möglichst kurzen Text zu fassen.
Also dann hoffe ich mal, dass Max bald aufs Knöpfchen drückt und Ihr dennoch viel Spaß beim Lesen habt!
Für den zweiten Teil sollten wir vielleicht ein FSK16-Siegel dazuhängen, ist ja jugendgefährdend…
Du machst es mit deinen Cliffhangern aber auch echt spannend.
Netter Beitrag, Glückwunsch!
Dies ist übrigens auch gleich der erste Live-Test der quasi noch im Beta-Test befindlichen Kommentarfunktion…