“Nouvelle Vague” ist einer der Höhepunkte von Godards zweiter Kinofilm-Phase ab Ende der 70er. Und er ist eine Bestandaufnahme dessen, was von der Nouvelle Vague noch geblieben ist. “Nouvelle Vague” ist an der Oberfläche eine freie Variation von Chandlers “The Long Goodbye” (1953) und lässt seine Liebesgeschichte zwischen weiblicher und männlicher Hauptfigur im Mittelteil mit dem Tod des Mannes enden, um dessen Doppelgänger zurückkehren zu lassen, mit dem sich die Beziehung wiederholt und erneut der Katastrophe entgegenzulaufen scheint. Doch die nicht auf suspense abzielende Inszenierung ist nicht nur an einer Wiederholung ihrer story über Mann und Frau, über Verrat und Vergebung interessiert, sondern auch an einer Wiederholung des Klassengefälles, das für Godard in den 1990ern nur noch über das Geld, nicht mehr über Fähigkeiten und Interessen zu definieren ist. Und es geht eben um die Wiederholung der Nouvelle Vague, der Godard hier verbunden bleibt, obwohl er mit “Nouvelle Vague” sein Spätwerk eher als eine neue Nouvelle Vague ausweist, in der die erste noch nachhallt. Die Besetzung mit Alain Delon, der von allen französischen Stars der 60er Jahre am wenigsten mit der Nouvelle Vague zu tun hatte, macht auf die Abweichung aufmerksam, die sich auch als Form des Durchkreuzens und des Dividierens auf dem Filmposter ankündigte. “Nouvelle Vague” ist auch berühmt für seinen exzessiven Gebrauch von Zitaten: kaum ein Satz stellt nicht eine freie oder sehr direkte Anspielung oder Zitation anderer Sätze aus Literatur- und Filmgeschichte dar, was den Film auch zu einem ziemlich anstrengenden Puzzle geraten lässt. Doch genau um dieses Verweben geht es im Grunde: es geht um die Überleitung ehemals neuer Wellen in aktuell neue Wellen, um die Impulse, die vom Bestehenden auf das Entstehende einwirken. Insofern ist es auch Godards Kommentar auf die Postmoderne – 25 Jahre nachdem er mit “Pierrot le fou” (1965) den Vorläufer des postmodernen Films in die Kinos brachte.
Der hierzulande selten in Kino und TV gezeigte, hierzulande noch nicht auf DVD vorliegende Film ist englisch untertitelt im Doppelpack mit Godards “Passion” (1982) greifbar: Fassungseintrag von PierrotLeFou
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