Seit 1939 richtete sich die amerikanische Filmindustrie noch zögerlich gegen das nationalsozialistische Deutschland, seit dem Angriff auf Pearl Harbor florierte dann ein engagiertes propagandistisches Kino. Auch die Zeichentrickindustrie beteiligte sich lebhaft: Warner Bros. lieferte etwa den Looney Tunes-Cartoon “The Ducktators” (1942), Tex Avery den “Blitz Wolf” (1942), welcher den Three Little Piggies-Stoff mit einem Nazi-Wolf durchspielte. Dasselbe taten die Disney-Studios bereits mit “The Thrifty Pig” (1941), einem weit weniger originellen Kurzfilm, der - teilweise als Resteverwertung bereits vorhandenen Materials – fĂĽr das National Film Board of Canada angefertigt worden war. Gerade in den Jahren 1942/43 weitet Disney die Propaganda-Kurzfilme erheblich aus – und den Höhepunkt bildeten im Januar 1943, relativ pĂĽnktlich zur Casablanca-Konferenz, sicherlich die berĂĽchtigten Streifen “Der Fuehrer’s Face” & “Education for Death: The Making of the Nazi” (1943), welcher indirekt auch einen ganz latenten us-amerikanischen Antisemitismus zum Ausdruck kommen lässt, welchen auch Walt Disney selbst in gemäßigter Weise aufgewiesen haben soll.
Der exakt zum Neujahrstag 1943 uraufgefĂĽhrte “Der Fuehrer’s Face” lässt Donald Duck in einem Alptraum den vermeintlichen Alltag in Nazi-Deutschland erleben: Eine bedrĂĽckende Kakophonie aus GebrĂĽll und Marschmusik, vollgepropft mit Hakenkreuzen und Pickelhauben. Viel Arbeit am FlieĂźband, kaum Nahrung, kaum Schlaf – ganz anders dagegen das glĂĽckliche Erwachen in den USA: Patriotismus in Reinkultur, der fĂĽr ganz eigene Probleme gar keinen Blick hat. (Man braucht bloĂź einmal einen “Native Land” (1942) dagegenhalten, um zu sehen, wie selbstkritisch us-amerikanische Propaganda zu Kriegszeiten durchaus in seltenen Fällen ausfallen konnte.) Mit Oliver Wallaces Titelsong und jeder Menge Slapstick ist “The Fuehrer’s Face” ein ausgesprochen unterhaltsamer Kurzfilm geworden, dessen Ansätze von Subversion bloĂź durch seinen naiven Patriotismus unterlaufen werden, der heutzutage umso störender auffällt, als Zeitdokument aber dennoch interessant anzusehen ist. Der 1943 noch oscar-prämierte Disney-Kurzfilm wurde immerhin 2004 recht ĂĽberraschend mit anderen Disney-Propagandafilmen in der Walt Disney Treasures-Box On the Front Lines in Nordamerika veröffentlicht (Fassungseintrag von Zeiram), derweil in Europa eine Veröffentlichung ausblieb. Mittlerweile ist diese gesuchte Veröffentlichung bereits vergriffen.
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