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Vampire beherrschen nach einer großen Epidemie die Erde. Die (noch lebendigen) Menschen sind dagegen in ihrer Anzahl auf unter 5% ihres vormaligen Bestandes dezimiert worden. Und selbst dieser Rest wird unerbittlich gejagd - und dann gemolken. Einhergehend mit dem Schwund der Gesunden (sprich der nicht vom "Vampir-Virus" Infizierten) ist logischer Weise der immer größer werdende Durst der Ungesunden (sprich der Unsterblichen [klingt irgendwie paradox]) nach frischem Blut. Den professionell organisierten und betriebswirtschaftlich gewinnbringend verwalteten Melkhallen, in denen Abertausende Menschen matrixmäßig an Maschinen geschnallt ihre verbliebenen Tage ein jämmerliches Dasein fristen, geht nun das Futter aus. Panisch versuchen (Vampir-)Forscher, einen Ersatzstoff für menschliches Blut zu finden, um die Katastrophe abzuwenden, welche sich in Form des Hobbschen Kampfes aller gegen alle drohend am Horizont abzeichnet. Die ersten Vampire fallen bereits, ausgezehrt, degeneriert und halb tollwütig, über ihre besser genährten Artgenossen her. Die (Vampir-)Polizei wird der Lage kaum noch Herr. Und zwischen den Fronten der sich gegenseitig zerfetzenden Blutsauger tummeln sich noch ein paar überlebende (echte) Menschen. Und just die haben nun ein Heilmittel für die Seuche gefunden. Aber wie erklärt man das bitte den nach Blut lechzenden Millionen untoten Artgenossen?

Das Szenario des neuesten Streichs der Spierig Brothers klingt derart dämlich und bemüht innovativ, dass der von den unzähligen Hobbyhorrorfilmern auf den Regiestühlen so oft bis aufs Blut gequälte Filmfreund wieder einmal das Heulen beginnen möchte. Innovativ - schön und gut! Aber man kann es übertreiben. So möchte man jedenfalls meinen! Erst recht, wenn man das Pech hatte, den 2003er Genrebeitrag "Undead" der Spierigbrüder ertragen zu müssen. Ihr damaliges Horrordebüt war bestenfalls ein ambitionierter Griff ins Klo. Dabei war "Undead" erst der Anfang einer Vielzahl an Nachfolgern auf Kult getrimmter Schlaftabletten in der Hausapotheke des Direct-to-Video-Zombie-Horrors. Doch die Tage ihres 2003er B-Horrorvehikels mit Getriebeschaden haben die Spierigs offenbar hinter sich gelassen. Man möchte sogar fast meinen, die Tage ihres B-Film Daseins ansich seien gezählt - doch wäre das vermutlich etwas voreilig. Jedenfalls wird man bei Sichtung ihres aktuellen Vampirstreifens in einer Hinsicht eines Besseren belehrt: Die beiden deutschstämmigen Australienexilanten verfügen durchaus über filmkünstlerisches Potential.

Während also ihr Zombiebeitrag "Undead" als typischer Film der Gattung "Sowohl-als-auch" (sowohl "witzig" als auch "ernst") naturgemäß letztendlich ein "Weder-noch" wurde, gelang es den beiden Brüdern auf dem Regiestuhl nun, ein bereits zum Kitsch kippendes Drehbuch überzeugend unkitschig und überraschend kreativ umzusetzen. Bereits während der ersten Minuten des Films fällt unweigerlich die nächtliche Underworld-Optik von "Daybreakers" auf, die natürlich augenblicklich zur Vorsicht gemahnt. "Billigimitat" - schießt es einem da in den Sinn. Doch weit gefehlt! Der Look passt - und macht in Hinsicht auf die Heliophobie der untoten Plagegeister schließlich ja auch Sinn. Bald wird zwar ersichtlich, dass hier Ideen aus "Matrix", "I am Legend", "Underworld" und sogar der Dawn-Trilogie verbraten werden, doch schmeckt dieses wilde Potpourri irgendwie. Es wird nämlich garniert mit einer gehörigen Portion eigenen Ideen und authentischem cineastischem Enthusiasmus. Man möchte fast von einer Liebeserklärung an das Horrorgenre sprechen, welche den Spierigs vor sieben Jahren noch so exorbitant misslang. Und das, obwohl sie damals schon ganz offensichtlich beabsichtigt war. Die beiden sind und waren echte Horrorfans.

Zerlegt man "Daybreakers" in seine Einzelteile, wird der Film sogar noch leckerer. Nicht nur die adrette Darstellerriege um Sam Neill (der bereits in "Event Horizon" [letztendlich] der Schurke war), Ethan Hawke ("Das Ende - Assault on Precinct 13") und Willem Dafoe (der sich nach seinem "Antichrist"-Patzer wieder einmal eine stilvolle Rolle an Land gezogen hat) machen Laune, sondern auch das Drumherum. So sehr "Daybreakers" bisweilen an "Underworld" erinnert, ist er sogar noch wesentlich weiter entfernt vom derzeit trendigen Vampir-Girlie-Horror als die Kate Beckinsale Filme. Wenn nämlich erst einmal der - ungestillte - Durst der verhungernden Fledermäuse seinen Tribut fordert und die Unterschichten(-vampire) den Bessergestellten (Vampiren) an die Wäsche gehen, geht es rund im Hause Spierig. Da erinnert so manche Szene nostalgisch gar ein wenig an Romeros beste Zeiten zu Beginn der 80er. Hier wird, wie übrigens auch bei Romero, den Sozialdarwinisten ein - wenn auch etwas bemühter - Denkzettel verpasst, indem die besser gestellten und damit besser genährten Vampire durch den Fleischwolf gedreht werden (Wem's gefällt!). Besonders das Fahrstuhl-Setting am Ende des Films führt doch deutlich vor Augen, dass die Spierigs mit Romeros Werken vertraut sind - und eben aus Passion arbeiten. Runde Sache!

Zwischen all dem horrorfilmischen B-Austoß findet sich eben doch das eine oder andere Mal ein Film, der überzeugt und zu gefallen weiß. Dass ausgerechnet die Spierigs so einen abliefern, stand nicht eben zu erwarten, erfreut dafür aber umso mehr. Das zukünftige Schaffen des Duos darf mit freudiger Spannung weiter verfolgt werden.

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