1969 wurde der gehasste Südstaaten-Sheriff aus Lately, Florida, ermordet und der in den Sümpfen hausende Hillary Van Wetter dafür in die Todeszelle geschickt. Ward Jansen, ein gefeierter Großstadt-Reporter der „Miami Times“, kehrt in sein Heimatkaff zurück, um zusammen mit seinem jüngeren Bruder Jack, der wegen seines Jobs bei dem Lokalblättchen ihres Vaters „Zeitungsjunge (= Paperboy)“ genannt wird, an der Geschichte einer gewissen Charlotte Bless, die sich gerne mit Knastbrüdern schreibt und die nun Van Wetter ehelichen will, zu arbeiten, nach dem dieser unschuldig ist…
Es hätte auch eine auf Hochglanz polierte, glattgebügelte Star-Ensemble-Verfilmung wie bei einem typischen John-Grisham-Stoff werden können! Doch der afroamerikanische Filmemacher Lee Daniels hat sich bei der Adaption von Pete Dexters Florida-Krimi „The Paperboy“ nicht allzu sehr auf den vordergründigen Wir-rollen-ein-Fehlurteil-auf-Fall konzentriert, sondern liefert mit dem erotisch überhitzten Südstaaten-Thriller, der wie das Buch das Erwachsenwerden von Jack anhand von Episoden thematisiert und quasi ein Gegenentwurf zum idyllischen „Wer die Nachtigall stört“ darstellt, einen schillernden, oftmals schockierenden Gesellschaftsreigen ab, der einen Blick auf die dunkle Seite des menschlichen Daseins riskiert. Die Zutaten dazu gewinnt er aus Motiven wie Rassismus, Homosexualität, häusliche Gewalt und dem Elend des poor white trash. Das alles ist ziemlich schnodderig und absolut ungewöhnlich inszeniert worden, so dass beispielsweise – obwohl durchaus vorhanden - Spannungs-Elemente nicht plakativ in den Vordergrund gestellt sondern eher beiläufig abgehandelt und formelhafte Erzählmuster total negiert werden. „The Paperboy“ ist damit definitiv ein Kunstfilm geworden, der sogar die Nähe zum „Dogma 95“-Kino eines Lars von Trier sucht. Inwieweit Nicole Kidman, die ja bereits unter von Trier spielte, mit dafür verantwortlich ist, sei hier mal dahingestellt, auf jeden Fall haben sie (obwohl die Kidman seit Jahren nie besser aussah und hier sogar eine „Basic Instinct“-Reminiszenz auf den Schlüpfer geschrieben bekam!) und ihre Kollegen Mut zur (insbesondere inneren) Hässlichkeit bewiesen: John Cusack brilliert als durchgeknallter Mörder, Filmschönling Matthew McConaughey lässt sich mächtig die Fresse polieren und Scott Glenn, kaum zu erkennen unter einer unmöglichen Frisur, überzeugt als pantoffelheldiger Möchtegern-Tycoon. Fazit: sprunghaft, schräg, anstrengend, schwül, teilweise aufwühlend, aber nie so wie erwartet. Ein Kleinod der Anti-Unterhaltung.
© Selbstverlag Frank Trebbin