Almost heaven, West Virginia, Blueridge Mountains, Shenandoah River...
Von wegen! Was bei John Denver noch vor ein paar Jahrzehnten als malerische Heimat und beinahe Himmel besungen wurde, ist schon seit geraumer Zeit Ort blutigen Treibens, denn „Wrong Turn" geht in die inzwischen sechste Runde. Nach Höhen und - vor allem Tiefen - berappelt man sich immer wieder in den (inzwischen nach Osteuropa verpflanzten) Wäldern West Virginias, um Bergsteiger, verliebte Jugendliche oder ortsfremde Touristen zu meucheln. Und solange die Sache Kohle abwirft, werden noch mehr Ausflügler die Radieschen von unten begucken.
Die Polizei vor Ort ist auch beim fünften Nachschlag offenbar immer noch völlig überfordert damit, den Forst nach den drei Schlächtern zu durchkämmen, die ja inzwischen Hunderte von Naturfreunden vertilgt haben müssen. Da mal ein Radfahrer auf Abwegen, hier mal ein Touristenbus für immer im Gehölz geparkt, und dort mal ein Gesetzeshüter im Kochtopf gelandet - wen kümmert das alles? Niemand. Außer den Trashfilmfreund. Denn der steht auf herumtrollende Freaks, die mit Pfeil und Bogen Jagd auf Artgenossen machen und auf schöne Mädchen, die ihre Klamotten verlegt haben.
Diesmal wird eine Einladung zu einer Erbschaft verschickt. Ein Hotel mitten im Nirgendwo sucht seinen neuen Besitzer. Der verblüffte junge Mann, der bald glücklich das Erbe antritt, bringt dankbarerweise gleich seinen ganzen Freundeskreis mit, um das so unverhofft zugefallene Objekt zu begutachten. Doch wie so oft im Leben, hat die Freude auch einen Haken. Ganz in der Nähe der Anlage haben die drei degenerierten Irren der Vorgängerfilme mitsamt ihrer Großfamilie ihr Camp aufgeschlagen. Und in Freakhausen, wo die Schwester im Regelfall zugleich Tochter ist, mag man keine Nachbarn.
Da so ein Lebenswandel zwar viel Lebenszeit an Brautschau spart, aber langfristig recht ungesund ist, bemüht sich die kaputte Horde übrigens aufgrund immer derberer Defekte um frisches Blut - das natürlich „aus der Familie sein muss". Deshalb die Einladung an den nichts ahnenden Verwandten aus der Zivilisation. Dass damit das anvisierte Ziel, nämlich ein wenig nachhaltiger für die Gesundheit des Nachwuchses zu sorgen, nicht erreicht werden dürfte, braucht man vermutlich keinem Typen in Latzhosen erklären, der gackernd seine menschliche Beute mit Bärenfallen fängt.
„Wrong Turn 6" bleibt natürlich intellektuell unsichtbar, ist aber eine Steigerung gegenüber Teil 5, dem bisherigen Tiefpunkt der Reihe. Zwar stört das bulgarische Setting, das weiterhin nicht nach dem echten West Virginia aussieht (In jedem zweiten Raum des Hotels hängt eine US-Flagge, damit wirklich jeder potentielle Idiot kapiert, dass das die USA sein sollen), aber die Scharte wird ausgewetzt durch amüsant grobe Morde, wirklich hübsche Mädels und einer Prise Klamauk. Zwar reicht der Film weder von seinem Härtegrad noch von seiner Inszenierung her an den zweiten Höhepunkt der Reihe heran, aber Regisseur Valeri Milev, (der Declan O'Brian ersetzt) kredenzt den Fans das, was sie sehen wollen. Dass sich die „Wrong Turn"-Reihe inzwischen zu einem der langlebigsten Horror-Franchises überhaupt gemausert hat und damit an „Freitag den 13." erinnert, spricht nicht eben für nachlassendes Interesse und erhöht die Wahrscheinlichkeit, in zwei Jahren erneut auf die Touristenhatz gehen zu dürfen.
Country roads, take me home, to the place I belong, West Virginia/East Bulgaria,
mountain momma, take me home, country roads