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Was ist denn hier los? Birkenwälder, Landstraßen mit Winterschäden, verrostete Betonzäune, tiefstes Osteuropa und - die drei Inzüchtler der Wrong Turn Family. Passt das zusammen? Überhaupt nicht. Angeblich allein aufgrund der Kosten wurde das muntere Spaziergänger-Wegmampfen diesmal über den großen Teich verlegt. Das sieht zwar alles null aus wie die von Baumriesen gesäumte Landschaft West-Virginias und das produktionstechnisch ebenfalls recht einladende Kanada wäre auch nicht weit weg gewesen, aber who cares? Jedenfalls nicht Declan O'Brien, der Regisseur.

War noch unlängst der als Prequel angelegte vierte Teil der bei Horror-Fans überaus beliebten Reihe um die Mutanten-Familie mit Hunger auf Artgenossen wider Erwarten ein echter Genre-Hit, zumindest wenn man seine Ansprüche einigermaßen im Zaum hat, unterbietet Part 5 nun sogar um Längen die bisher eher schwächere erste und zweite Fortsetzung. Die hatten zwar bedauerlich wenig Budget, gaben aber dem geneigten Fan, wonach er lechzte: ein paar liebevoll gesetzte Gore-Effekte, hübsche nackte Mädchen und gefährliche Hinterwäldler. Eingebettet in ein überzeugendes Setting. Das alles ist mit dem neuesten Sequel (vorerst) verscharrt. Die Gesichts-Sechsen um den dauergackernden Three Fingers sind diesmal nämlich einem alten Knacker hörig, der bisher nie groß Erwähnung fand und eigentlich im Plot gar nichts zu suchen hat. Aber da man Doug Bradley, den Hauptdarsteller aus Hellraiser, für diesen Murks verpflichten konnte, wird der Mann in die Handlung gesetzt. Und was nicht passt, wird passend gemacht. Oder auch nicht.

Die dümmste Polizistin des als Virginia getarnten Rumäniens und ihre Deputys sollen für die Sicherheit eines Festivals im nahen Hain sorgen, bei dem sicherlich viel schlechte Musik und noch mehr Drogen konsumiert werden. Einige Ruhestörer sind bereits verhaftet und sitzen auf dem Polizeirevier, darunter der Papa der drei gendefekten Beaus. Frau Sheriff meint, sie hätte die Situation im Griff. Hat sie natürlich nicht. Sieht also nicht gut aus für die vier genreüblich bekifft im Auto anreisenden, völlig unbekannten Hauptdarsteller, die bereits auf dem Hinweg beinahe im Kochtopf der Kannibalen gelandet wären. Jedenfalls kreuzen sich die Wege der Jugendlichen mit der örtlichen Polizei und nun kämpft man zusammen mit vereinten Kräften gegen die drei Irren draußen vor der Tür, die ihren Daddy wiederhaben wollen und die Wache belagern. Rio Bravo für Arme sozusagen. Das Ganze gewinnt dadurch etwas an Bizarrem, dass die billige Kulissenstadt, die ernsthaft als US-Kleinstadt verkauft wird, vollkommen menschenleer ist. Samt Hund und Goldfisch sind vom kleinsten Säugling bis zur Omi wirklich alle auf dem Festival, so dass die armen Gesetzeshüter ganz allein sind mit den drei frei in der Stadt umherstreifenden Freaks. Das ist inhaltlich so blöde, dass man es nicht fassen kann. Doch nicht nur das Drehbuch ist eigentlich nur bedrucktes Toilettenpapier, auch die Inszenierung ist eine Frechheit.

Man sollte meinen, dass ein Festival im Grünen eine einladende Kulisse für ein sattes Slasher-Gemetzel abgäbe. Und da läge man auch nicht falsch. Doch vom Fest im Wald sieht man nischt. Die Kannibalen und ihre wenigen Opfer sind einzig und allein im und ums Polizeirevier unterwegs. Wir erinnern uns an den Genrespaß „Freddy vs. Jason" (2003) und was man aus dem Rahmen hätte machen können! So sieht man auch das Unterholz viel zu wenig. Das wird vermutlich absichtlich aus dem Fokus gerückt, denn wer will hier schon die Karpaten sehen? Doch nicht nur die Bühne lässt an Bauten gehörig zu wünschen übrig, auch sonst ist nicht viel los bei den hier beteiligten Jungs. Die Effekte sind so billig wie die Masken der Sickos, die Morde bis auf eine Ausnahme ziemlich unblutig und geschehen zudem mehrfach im Off, zu lachen gibt es auch nichts und die optisch passablen Mädels halten sich züchtig bedeckt. Nichts von dem, was die Wrong Turn Reihe bisher ausgemacht hat, findet Eingang in den neuesten Streifen. Ganz abgesehen davon, dass die Darsteller ganz offensichtlich null Bock hatten, sich emotional einzubringen. Klar erwartet man hier kein Shakespeare Drama, aber die Gemütszustände der Handelnden angesichts ihrer Lage und Situation sind oft nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar. So blafft die uniformierte Chefin des Reviers als eigentliche Sympathieträgerin ein gebeuteltes, sich aber eigentlich nicht über Gebühr gebärdendes Mädchen an, sie solle sich zusammenreißen und nicht rumspinnen. Dass kurz zuvor deren Freund (im Off) zermantscht wurde, spielt bereits nach drei Minuten Film keine Rolle mehr. Doch nicht nur aufgrund ihres mangelnden Empathievermögens oder mimischen Handicaps kann man den Exodus der Dame bereits in der Luft riechen, es ist ihre universelle Unfähigkeit aufgrund derer ihr zuletzt im wahrsten Sinne des Wortes Feuer unter dem Hintern gemacht wird. Allerdings ohne dazugehöriges Bild, versteht sich.

Dass sowohl Regisseur als auch Drehbuchautor bei Teil Vier und Fünf ein und dieselbe Person sind, mag man kaum glauben. Es kann nicht nur am Budget gelegen haben, dass O'Briens aktueller Streifen ein solcher Totalausfall geworden ist. Natürlich ist der Mann kein Meister seines Fachs, aber die von ihm selbst unlängst mit dem vierten Part höher gelegte Messlatte erreicht er derzeit nicht einmal mit dem Trampolin. Vermutlich wurde da wieder unter viel zu großem Zeitdruck ein Screenplay zusammengekritzelt, das nach seiner Fertigstellung nur noch auf eine Frage hin geprüft werden musste: Wischt man sich damit den Hintern ab oder verfilmt man das Ding? Option B war unzweideutig die falsche Wahl. Als Filmemacher lässt man im Suff nicht nur besser die Finger vom Steuer, sondern auch von seinem Skript. Nun ist O'Brien, der alte Schlamper, also wieder ganz unten. Gesellschaft leistet ihm da nur sein nicht eben von Gesellschaft erbauter Sharktopus. Finger weg von dieser Mogelpackung, denn nur der Name hat mit der gemütlichen Chose zuvor noch etwas gemein!

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