Franks Bewertung

starstarstarstar / 5

0-5 Sterne für den Film, gefolgt von dem "Härtegrad" auf einer Skala von 0-10

09.10.2015
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Review

von Frank Trebbin

Estland im Zweiten Weltkrieg. Erst war es die Rote Armee, die das Land überfiel, für Säuberungen in der Bevölkerung sorgte und Männer zwangsrekrutierte. Danach kamen die Deutschen und besetzten das baltische Land. Junge Männer, die nur irgendwie deutsche Wurzeln nachweisen konnten, schlossen sich der Wassen-SS an. 1944 neigt sich der Krieg allerdings auch in Estland seinem Ende zu: die Russen stehen wieder vor den Toren Tallins und so kommt es, dass sich bei den Schlachten plötzlich Esten gegenüber stehen und töten müssen. Dies ist die Geschichte von Karl Tammik auf deutscher und Jüri Jõgi auf russischer Seite, die bei dem Kampf um die Tannenberg-Linie schicksalhaft aufeinander treffen…

„Brüder – Feinde“ ist ein estnisch-finnisches Kriegsdrama, bei dem man als erstes darüber staunt, wie man mit einem Budget von rund 2 Mio. Euro derartig viele und vor allem realistisch anmutende Schlachtszenen auf die Beine stellen konnte, die es ohne übertriebenes Blutvergießen schaffen, die Schrecken des Krieges zu bebildern. Schon dafür alleine gebührt Regisseur Elmo Nüganen Respekt. Doch auch sonst ist sein Film keiner, der sich zu verstecken braucht. Natürlich hat er nicht die Optik und Ausstattung eines Hollywood-Films, doch was „Brüder – Feinde“ von einem – sagen wir mal – „Herz aus Stahl“ unterscheidet, ist die Eindringlichkeit der Geschichte, die einem plakativ vor Augen führt, wie es ist, wenn ein kleines Land mehrfach vom Krieg überrollt wird und dabei seine Identität verliert. Schön und bezeichnend ist da z. B. eine Szene, in der ein altes Bauernpaar, das einen Tag vorher Karl und seinen Trupp mit Essen versorgt hat, nach dem Wechsel der Frontlinie auf Jüri und andere „russische“ Esten trifft und diese, weil sie beim Beerdigen der gerade getöteten „Deutschen“ keine Uniform tragen, auf ihre „Kameraden“ vom Vortag ansprechen. Als sich die Soldaten als Rotarmisten zu erkennen geben, ist für das alte Paar die Überraschung groß. Für den Zuschauer aber ist es eine Erkenntnis, die ähnlich wie so manche Schlüsselszene aus Bernhard Wickis immer noch aufrüttelndem Volkssturm-Drama „Die Brücke“ kaum besser die Sinnlosigkeit des Krieges definiert. Hinzukommt, dass Elmo Nüganen nicht der üblichen Versuchung erlegen ist, ein eindeutiges Schwarz-Weiß-Helden-Schema zu etablieren und die deutsche Seite kurzerhand als typisch dämonisch-böse zu überzeichnen. Nein, deutlich kritischer wird da eigentlich schon die russische Seite betrachtet, die mit ihren Polit-Kommissaren in Uniform für viel Ungemach sorgt. Dass dabei insgesamt betrachtet die Esten als wahre Patrioten dargestellt werden, sei hier natürlich verziehen. Fazit: überraschend Bildformat: 2,35:1. Mit Marco Leht, Kaspar Velberg, Krisjan Üksküla, Maiken Schmidt u. a.

© Selbstverlag Frank Trebbin

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