Kentucky, Transylvania University, im Jahre 2003. Die Studenten Warren Lipka und Spencer Reinhard wollen ihrem ach so langweiligen Leben entfliehen und beschließen, mehrere extrem wertvolle Bücher, die in der Bibliothek lagern, zu stehlen. Zusammen mit zwei weiteren Freunden planen sie, weil es ja schließlich keine Lehrbücher über Raubüberfälle gibt, mittels der Sichtung vieler Filme, Spiele, Comics etc. das ganz große Ding: verkleidet als vier alte Männer will man möglichst geräuschlos an die Bücher herankommen und an europäische Hehler verscherbeln...
Mit recht großer Überraschung stellt man manchmal fest, dass es gerade jungen, unverbrauchten Filmemachern gelingt, festgefahren geglaubte Genreinhalte zu beleben und neue Erzählperspektiven zu entlocken. Dem dokumentarisch anmutenden „American Animals“, der schon zu Beginn spielerisch mit der obligatorischen wahre-Geschichte-Einblendung umgeht, könnte man oberflächlich betrachtet als ein im Studentenmilieu angesiedeltes, mit lockerem Tonfall ausgerichtetes Heist-Movie im Fahrwasser von „Ocean's Eleven“ und Konsorten bezeichen. Doch der mitunter überdeutlich lustvoll mit seinen teilweise irritierenden Meta-Ebenen spielende Thriller um den (tatsächlich so geschehenen) Raub von Büchern (und nicht die obligatorischen Diamanten oder Gelder) will mehr und ist auch mehr: Regisseur und Drehbuchautor Bart Layton ist eine gleichfalls unterhaltsame wie tiefschürfende Aufarbeitung über die Diskrepanz zwischen Schein und Wirklichkeit gelungen, bei der sogar die Diebe von einst in persona zu Wort kommen. Unter die Leichtigkeit der Geschichte mischen sich mit zunehmender Laufzeit nämlich immer mehr ernstere Töne – bishin zum Coup selbst, der natürlich gänzlich anders verläuft als vorher so locker-leicht mittels Quellen aus der Pop-Kultur geplant. „Das ist kein Scheiß-Game“, so einer der Jungs, als sich Fehler auf Fehler häufen. Die Dummheit der Möchtegern-Gangster offenbart sich in immer abstruseren Details, so dass man als wissender Zuschauer – wir könnten es mit unserem Filmwissen doch allemal besser, oder? - fast schon unendliches Mitleid empfindet. Die schlussendliche mit einer Menge Scham vorgetragene Sprachlosigkeit der in Interview-Inserts auftauchenden echten Lipka, Reinhard & Co., die heute wohl wisssen, wem sie wie viel Leid zugetan haben, spricht da Bände. Ein intelligenter Film über ein ganz und gar unintelligentes Verbrechen. Bildformat: 2,35:1. Mit Evan Peters, Barry Keoghan, Blake Jenner, Jared Abrahamson u. a.
© Selbstverlag Frank Trebbin