Ballon (2018)

Review

von Frank Trebbin

Dies ist die wahre Geschichte der Familien Strelzyk und Wetzel, denen 1979 eine der spektakulärsten Fluchten aus der DDR gelungen ist: mittels eines über Wochen und Monate selbst gebastelten Heißluftballons konnten sie nach einem missglückten ersten Versuch den Todesstreifen zwischen Thüringen und Bayern überwinden – obwohl ihnen Stasi und Volkspolizei immer dicht auf den Fersen waren.

Mit Michael Bully Herbig verbindet man ja eher Comedy und Humor keinesfalls aber einen spannenden Thriller über die Flucht mit einem Ballon aus der DDR – zumal exakt der gleiche Stoff bereits von Hollywood adaptiert wurde (das allerdings schon 1982). Aber genau aus dieser Diskrepanz heraus zieht „Ballon“ seine erzählerische Kraft, denn Herbig beweist hier ohne jeglichen Zweifel, dass er auch das „ernste“ Regiefach beherrscht. Bildgestaltung, Kamera, Schnitt und Montage sind technisch betrachtet fehlerfrei, die Tonspur entspricht mit seinen basslastigen Effekten ganz den Erwartungen an ein THX-gestähltes Publikum. Spannende Kino-Unterhaltung im klassischen Erzählstil mit Bildern für die große Leinwand will der Bully uns liefern und, ja, das gelingt ihm auch. Doch Optik ist nicht alles und so knirscht es leise aber unverkennbar im Gebälk. Überraschenderweise ist es nicht der Umstand, dass die Geschichte und ihr Ausgang weithin bekannt sind, nein, es ist eher die sträfliche Unbekümmertheit, wie mit den Filmfiguren umgegangen wird, die hier vieles ausbremst. Nachvollziehbare Gründe für die Flucht fehlen in der Charakterisierung der beiden Familien ebenso wie offenbar auch ein Funken Menschlichkeit bei den Gegenspielern von Stasi & Co. – so geraten alle Protagonisten zu blassen Abziehbildern oder gar zu Karikaturen und Bully ist damit Hollywood näher als gedacht. Fazit: spannend wie klassisches Erzählkino eben spannend sein kann, doch leider packt einen „Ballon“ nicht auf der emotionalen Ebene. Bildformat: 2,35:1. Mit Karoline Schuch, Friedrich Mücke, Alicia von Rittberg, David Kross, Thomas Kretschmann u. a.

© Selbstverlag Frank Trebbin