Franks Bewertung

starstarstarstar / 3

0-5 Sterne für den Film, gefolgt von dem "Härtegrad" auf einer Skala von 0-10

06.04.2021
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Review

von Frank Trebbin

Wiebke Landau ist eine Pferdeflüsterin und betreibt einen florierenden Hof, auf dem eine Reiterstaffel der Bundespolizei ihre Tiere trainiert. So hat dann auch der Polizist Benedikt ein Auge auf die attraktive Frau geworfen. Diese ist jedoch ganz mit ihren beiden Töchtern, Nikolina und Raya, beschäftigt, die beide adoptiert sind. Raya, die zudem erst vor kurzem aus Rumänien geholt wurde, erweist sich zudem als sehr schwierig und aggressiv. Wiebke, die sich nicht eingestehen möchte, dass sie die Situation immer mehr überfordert, bringt es trotz der eindeutigen Diagnose aufgesuchter Ärzte, das Raya wohl ohne jede Gefühlsregung sei und eigentlich in eine Anstalt müsste, nicht übers Herz, sich von dem immer gefährlicher werdenden Mädchen zu trennen…

Deutschsprachig produzierte Horrorfilme sind nicht unbedingt selten aber oftmals durchaus besonders. Neben reiner Expolitation-Ware, die nach Schema F funktioniert, gab es schon immer viel Filmkunst zu bewundern. „Nosferatu“, „Laurin“, „Benny’s Video“, „Ich seh, ich seh“ – um nur einige zu nennen. Nun schickt sich Katrin Gebbe mit „Pelikanblut“ an, diese Tradition fortzusetzen und abermals zu bekräftigen, dass Anspruch und Genre-Schubladen-Denken sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen müssen. Und so zerrt Katrin Gebbe ein mit auffallend vielen Parallelen zu einem gewissen William-Friedkin-Film verwandtes, in den 1970er-Jahren sehr beliebtes Horrorfilmmotiv ins gleißend helle Licht einer (in Bulgarien gedrehten) Reiterhof-Idylle im Bibi-und-Tina-Stil inklusive Sommer-und-Ferienlaune-Inszenierung. Was für ein Kontrast für die insgesamt immer düster werdende Handlung rund um ein wahres Biest des Teufels. Klug wirft Katrin Gebbe dann auch öfter die Frage auf, ob es denn möglich sei, abgrundtief böse zu sein ohne eine entsprechend „falsche“ Sozialisation durchlaufen zu haben. Ähnlich wie Wiebke schwankt dann auch der Zuschauer hin und her und lässt sich von aufkommenden Hin-und-her-Emotionen beiflussen. Aus einem reinen Adoptivkind-Drama, bei der Nina Hoss als zweifelnde und schließlich verzweifelte Ziehmutter ganz stark auftrumpft, wird dank perfekt eingebrachter Atmosphäre, bei der das Gefühl der Beklemmung irgendwann immer bedrohlicher wird, ein leiser, subtiler, psychologisch ausgewogener Horrorfilm, der mit zunehmender Laufzeit verstörender wird und der sich schlussendlich als die weitaus glaubhaftere, weil eben sehr geerdete Exorzismus-Variante entpuppt. Fazit: „Pelikanblut“ ist ein intelligent gemachter Grenzgänger zwischen den Genres, bei dem Katrin Gebbe ähnlich wie Michael Haneke gleichsam hinterfragt wie schockiert. Sehenswert. Bildformat: 2,39:1. Des weiteren mit Murathan Muslu, Adelia-Constance Ocleppo, Katerina Lipovska u. a.

Ab 02. April 2021 im EST erhältlich und ab 09. April auf Blu-ray, DVD und digital.

© Selbstverlag Frank Trebbin

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