Review

GAMERA No. 02

GAMERA VS. BARUGON

(DAIKAIJÛ KETTÔ: GAMERA TAI BARUGON)

Shigeo Tanaka, Japan 1966

Vorsicht – dieses Review enthält SPOILER!


Da ich gerade wieder einmal das Debüt der Daiei‘schen Riesenschildkröte Gamera gesehen habe, will ich nun auch mit ihr weitermachen. Gamera vs. Barugon (im Original Daikaijû kettô: Gamera tai Barugon, also in etwa „Duell der Riesenmonster: Gamera gegen Barugon“) ist ihr zweiter Leinwandauftritt, und in diesem Fall weigere ich mich endlich einmal, einen dieser bekloppten, irreführenden und mitunter schlicht betrügerischen Titel zu verwenden, unter denen japanische Riesenmonsterfilme hierzulande geführt und vermarktet werden. Laut OFDb heißt der vorliegende Streifen Godzilla – Der Drache aus dem Dschungel (!!), und das ist nun wirklich eine Frechheit, denn mit Godzilla hat er rein gar nichts zu tun. An die dämlichen und ebenso irreführenden „Frankenstein“-Titel, die im Genre an jeder Ecke anzutreffen sind, gewöhnt man sich als Kaijū-Eiga-Freund mit der Zeit (auch sämtliche Shōwa-Gameras haben solche Titel verpasst bekommen – dieser hier wird beispielsweise mancherorts als Gamera gegen Barugon – Frankensteins Drache aus dem Dschungel geführt), aber nun auch noch Godzilla vorzuschieben, geht endgültig zu weit, weil der Große Grüne eben eine gestandene und noch immer berufstätige Persönlichkeit ist und kein abstrakter Mad Scientist wie jener nie wirklich vorhandene „Frankenstein“. Auf der alten deutschen DVD aus dem Hause MIB wird Gamera vs. Barugon indes der Titel Dragonwars – Krieg der Monster untergejubelt. Das ist wenigstens eine „neutrale“ Benennung, aber auf dem Cover prangt tatsächlich (wie auch auf der Scheibe) ein Bild von Godzilla! So etwas geschieht nun wirklich nicht aus Versehen. Die deutsche Synchronisation setzt all diesem Unfug schließlich noch die Krone auf – aber dazu später. Fangen wir von vorn an.

Gamera vs. Barugon fängt auch von vorn an, das heißt, dass uns ein Off-Sprecher mit dramatischem Ausdruck und zu entsprechenden Filmausschnitten kurz erzählt, was in Noriaki Yuasas Vorgängerstreifen Gamera geschehen ist. Und er erzählt zu nunmehr aktuellen Bildern sogar noch etwas mehr, nämlich: Nachdem die Titelschildkröte in ihrer „Gefängnis“-Kapsel schon ein gutes Stück weit in Richtung Mars geflogen war, stieß selbige mit einem „glühenden Meteor“ zusammen und ging zu Bruch (genauer: sie ist explodiert). Seltsam nur, dass der Off-Sprecher die ganze Zeit von einem gewissen „Barugon“ redet, und nicht von Gamera, um die es doch zweifelsfrei geht ... Ja, und er hat sich nicht versprochen, denn genau diesen Namen „Barugon“ hat man der Schildkröte in der deutschen Synchronfassung aufgedrückt. Okay, wenn’s unbedingt sein soll, dann will ich mich vorerst daran halten.

Gamera, ähm ... „Barugon“ übersteht die Kollision gesund und ist frei. Nun möchte er (Barugon dürfte ein männlicher Name sein) sich erst einmal „mit Wärme und Energie aufladen“, und deshalb fliegt oder besser düsenkreiselt er schleunigst zurück zur Erde, um am Kurobe-Staudamm (dem „größten Staudamm im ganzen Orient“) zu landen und dort Unheil zu stiften: Nachdem er einige selbst verursachte Flammen vernascht hat, zerstört er aus purer Niedertracht heraus die Staumauer, was zwangsläufig zu einer Flutkatastrophe führt. Im Anschluss kreiselt er von dannen, und der Off-Sprecher teil uns mit, dass „Barugon“, weil er ja bekanntlich nichts so sehr liebt wie Wärme und Energie, auf dem Weg zu einem gerade „irgendwo am Äquator“ ausbrechenden Vulkan ist, um sich dort an der „weiß glühenden Lava“ zu laben. Na dann: Guten Appetit.

Wir springen nach Osaka, wo wir nun auch Menschen kennenlernen. Zunächst ist das unser Protagonist Keisuke Hirata, der gern fliegt und am liebsten umgehend eine Fluggesellschaft gründen möchte (!). Weil er dafür etwas Kleingeld braucht, lässt er sich auf eine zwielichtige Aktion ein, die von seinem Bruder Ichiro eingefädelt wurde. Ichiro hatte zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf einer Insel in der Nähe Neuguineas einen riesigen Opal gefunden, konnte ihn aber nicht mitnehmen und musste ihn vor Ort in einer Höhle verstecken. Jetzt soll der Edelstein endlich geholt werden, und weil Ichiro selbst nicht richtig laufen kann (er geht an Krücken), schickt er drei andere auf die Reise zur Insel. Neben seinem Bruder Keisuke, der während der Mission auch einmal einen Hubschrauber bedienen soll, sind das seine Bekannten Onodera und Kawajiri. Da die Sache so geheim wie möglich bleiben soll, heuern die drei Entsandten als Seeleute auf dem Frachtschiff „Awaji Maru“ an, das sie nach Neuguinea bringt. Dort nehmen sie sich ohne zu fragen Landurlaub und fliegen per Hubschrauber zur Schatzinsel.

Der Inselaufenthalt beginnt eher unerfreulich: Kaum sind die Opalsucher ein paar Meter gelaufen, da sehen sie sich auch schon von Eingeborenen umzingelt. Besonders gastfreundlich wirken die nicht, sodass Onodera schon mal seinen mitgebrachten Revolver zückt. Zum Glück spricht die Häuptlingstochter Karen (so heißt sie wirklich) Japanisch und kann eine Eskalation verhindern. Kurz darauf lernen die Besucher auch noch ihren Landsmann Dr. Matsushita kennen, der seit zehn Jahren bei den Eingeborenen wohnt und sich in ihrer Mitte pudelwohl fühlt. Als Hirata nach dem Weg zur gesuchten Höhle fragt, ist das Geschrei groß: Die Höhle, sagt Karen, liege im Tal des Regenbogens, und niemand würde von dort zurückkehren. Die Schatzsucher werden eindringlich gebeten, die Geister der Insel und die Götter der Eingeborenen zu respektieren und auf ihr Vorhaben zu verzichten, aber sie sind schließlich nicht um des Vergnügens willen gekommen, und so macht ihnen Onodera, der zu wissen glaubt, wo’s lang geht, mit ein paar Warnschüssen den Weg frei.

Angenehm ist der Marsch durch den dichten Dschungel nicht, und als Onodera in einem Sumpf zu versinken droht, kann er nur mit viel Glück gerettet werden. Dann aber stehen die drei Schatzjäger tatsächlich vor der gesuchten Höhle, und sie stehen nicht nur, sondern gehen auch sofort hinein und beginnen in ihr herumzustöbern. Sie haben Erfolg: Nach endlicher Zeit finden sie den gut avocadogroßen Edelstein. Der Jubel ist riesig – besonders Kawajiri bekommt sich vor Glück gar nicht mehr ein. Aber das Glück ist kein treuer Gefährte ... An Kawajiris Bein krabbelt ein riesiger Skorpion, und der fiese Onodera, der dies sehr wohl sieht, sagt keinen Ton, sondern wartet boshaft darauf, dass das Tier zusticht.

Es sticht zu, das Tier, und der Rest geht ganz schnell: Nach einer halben Minute ist Kawajiri schon blind und nach einer ganzen tot. Und weil Onodera seine Gier nicht im Zaum halten kann und es mit der Boshaftigkeit gerade prächtig läuft, macht er gleich weiter. Er nimmt den Opal an sich, läuft ein Stück in Richtung Ausgang und wirft dann vier mitgeführte Handgranaten in den hinteren Teil der Höhle, in dem sich Hirata noch befindet. Die Höhle stürzt ein. Auch Hirata ist tot.

Nein. Ist er doch nicht. Er kommt vielmehr verletzt und verarztet im Eingeborenendorf wieder zu sich – Karen hat sich um ihn gekümmert, nachdem er von Inselbewohnern geborgen wurde. Als er erzählt, dass sich sein heimtückischer Kompagnon Onodera mit dem Opal nach Japan abgesetzt hat, ist die Aufregung bei Karen und Doktor Matsushita schon wieder groß – sie kennen diesen Edelstein nämlich sehr gut und wissen vor allem, dass es überhaupt kein Edelstein ist ... Und sie wissen, dass das, was da kein Edelstein ist, schleunigst zurück auf ihre Insel muss, weil es sonst eine Menge Ärger gibt – wie auch immer der aussehen soll. Daher übernimmt Karen die Aufgabe, Hirata auf seinem Rückweg nach Japan zu begleiten, um dort mit ihm den mysteriösen Nicht-Opal aufzutreiben.

Der befindet sich zurzeit in der Obhut von Onodera, welcher wiederum an Bord der Awaji Maru seiner Heimat entgegenfährt. Ganz gesund hat er die Reise allerdings nicht überstanden und leidet unter Fieber und Hautproblemen an den Füßen. Zum Glück gibt’s einen Schiffsarzt – der erklärt, dass Fieber und Unwohlsein bloß die üblichen Symptome von Malaria seien und empfiehlt eine Rotlichtbestrahlung der Füße. Onodera wendet auch gleich einen Infrarotstrahler an, wird dann aber, als das Schiff in Kōbe vor Anker liegt, von einem Matrosen zur gerade laufenden Pokerrunde eingeladen. Als Onodera das Zimmer verlässt, vergisst er dummerweise, den Infrarotstrahler auszuschalten – und der strahlt und strahlt ... immer genau auf die Stelle, an der das kostbare Inselfundstück in Onoderas Jacke steckt. Der Stoff beginnt recht bald ein wenig zu brennen, und auch mit dem vermeintlichen Opal geschieht etwas. Er verändert sein Aussehen, wird weich und schuppig ... und platzt auf. Nun wissen wir’s: Der Opal ist ein Ei! Und diesem Ei entkreucht ein kleines, eidechsenartiges, schleimiges und leicht bläuliches Wesen.

Dann rumpelt’s auch schon an Bord der Awaji Maru – und das Schiff explodiert.

Ja, hier hat es der Streifen etwas eilig. Onodera und die Besatzung konnten sich nach dem Rumpeln noch ins Wasser retten und werden von einem Rettungsboot aufgelesen. Am Ufer wartet schon Ichiro Hirata mit einem potenziellen Opalkäufer und ist entsetzt über das, was ihm der schmierige Onodera erzählt: Der Bruder tot, Kawajiri tot, Opal weg. Der liegt nun irgendwo im Hafenbecken – glauben die Männer jedenfalls. Aber da ist noch etwas im Hafenbecken – das Wasser brodelt und wird blau, und kurz darauf entsteigt ihm ein riesiges Monster, das wie ein vierbeiniger Dino mit sehr großem Kopf, scharfen Zähnen und einem ebenfalls sehr großen Horn auf der Stirn aussieht. Noch größer ist aber seine meterlange, keulenartige und stocksteif aus dem Mund fahrende Zunge! Mit der schubst er den Hafenturm von Kōbe um und zerstört anschließend auch zahlreiche weitere Gebäude der Stadt. Dann zieht das Monstrum weiter – der Off-Sprecher meldet sich unvermittelt und berichtet, dass es jetzt auf dem Weg nach Osaka ist.

Onodera und Ichiro Hirata sind derweil schon kurz vor ihm dort und besprechen ihr weiteres Vorgehen. Hirata lässt sich überreden, von seinem letzten Geld ein paar Taucher zu bezahlen, die im Hafenbecken von Kōbe nach dem Edelstein suchen sollen. Während ihres Gesprächs verplappert sich Onodera allerdings und gibt preis, dass er Kawajiri und Hiratas Bruder auf dem Gewissen hat, weshalb es zu einer wilden Prügelei zwischen den Männern kommt. Onodera behält die Oberhand, klaut Hirata, der unter einem schweren Stahlschrank eingeklemmt ist, noch das Tauchergeld und überlässt ihn seinem Schicksal. Und das wird es nicht gut mit ihm und seiner Frau meinen, denn Osaka bekommt alsbald Besuch vom Monster.

Ein Nachrichtensprecher ruft die Bevölkerung zur Flucht auf und ergänzt, dass die Temperatur in der Umgebung des Monsters auf minus zwanzig Grad absinkt. Auch das japanische Militär ist bereits angerückt, aber es wird natürlich den Gesetzen des Genres gehorchen und nichts ausrichten können. Warum das in diesem Fall so ist, erklärt der Off-Sprecher: Das Monster könne aus seiner Zungenspitze einen Kältestrahl „abblasen“, der „durch Vereisung alles Leben vernichtet“. Also bläst das Monster aus seiner Zungenspitze einen Kältestrahl ab und vereist damit nicht nur halb Osaka, sondern auch die Panzer der Armee. Selbst die daraufhin angreifenden Kampfjets der Luftwaffe lässt es gefrieren und in der Luft in Stücke brechen.

Das erfordert eine Lagebesprechung. Die Armeeführung hat richtig erkannt, dass man eine gewisse Distanz zum Gegner wahren muss, um nicht in die Reichweite seines Kältestrahls zu kommen. Ergo will man es nun aus der Ferne bekämpfen und bringt weit, weit entfernt vom gerade ein Ruhepäuschen einlegenden Monster die Artillerie in Stellung, um es mit Raketen zu bekämpfen. Aber da geschieht etwas Sonderbares ... etwas sehr Sonderbares sogar: Aus den Rückenstacheln des Monsters taucht ein Regenbogen auf und spannt sich bis zu den abschussbereiten Raketen, woraufhin diese allesamt verglühen und sich in Luft auflösen! Aus die Maus, zumindest fürs Militär.

Zeit für den Off-Sprecher: Er informiert uns darüber, dass „Barugon“ von der Hitze des Regenbogens angezogen wird. Und da kommt er auch schon angekreiselt, der „Barugon“, womit der erste Monsterkampf des Tages ansteht. Nachdem die beiden Ungeheuer etwas Posing betrieben haben, setzen sie gleich ihre wichtigsten Waffen ein und es heißt „Barugons“ Hitze gegen des noch namenlosen Monsters Kälte, Flammen gegen Vereisungsstrahl ... Das Monster gewinnt. „Barugon“ sinkt vereist hernieder. Aber ganz dahin ist die Schildkröte nicht: Als das Monster warum auch immer noch ein wenig mit seinem Horn an ihr herumstochert, fährt sie den Arm aus und verletzt ihren Gegner mit den Krallen im Gesicht. Blaues Blut tritt aus. Dann aber verliert „Barugon“ das Bewusstsein. Sein Gegner zerlegt noch schnell ein paar Bauwerke und der Off-Sprecher fasst zusammen: „Barugon ist sehr kälteempfindlich. Es ist dem neuen Ungeheuer gelungen, ihn völlig zu vereisen. Damit ist die Gefahr, die von „Barugon“ droht, vorläufig gebannt. Leider ist das neue Ungeheuer nur sehr wenig verletzt worden und bedroht weiterhin das Stadtgebiet von Osaka.“ Als ob wir das nicht gerade gesehen hätten ... aber vermutlich ist der Off-Sprecher gar kein Off-Sprecher, sondern wir hören gewissermaßen nur die Stimme eines Nachrichtensprechers.

Sei’s drum – es gibt Wichtigeres: Keisuke Hirata und die Häuptlingstochter Karen, nun ganz großstädtisch gekleidet, treffen in Osaka ein. Als sie die Neuigkeiten erfahren, gibt Karen ihr Insiderwissen preis: Beim gerade in Osaka wütenden Monster handele es sich um „Gotschilla“ (!!!), und so entsetzt, wie Karen dabei dreinblickt, ist das eine ganz schlechte Nachricht. „Es war alles vergebens. Wir sind zu spät gekommen“, meint sie. Kann alles noch schlimmer werden? Nun, wir werden sehen.

Zunächst statten Hirata und Karen aber Onodera einen Besuch ab und klären ihn darüber auf, dass sein schöner Opal ein Ei war, aus dem das Monster „Gotschilla“ geschlüpft sei. Überdies hat Hirata noch mehr als nur eine Rechnung mit Onodera offen, denn inzwischen muss er ihm nicht nur den Tod Kawajiris und das Handgranatenattentat (schönes Wort ...) in der Inselhöhle vorwerfen, sondern auch noch das Ableben seines Bruders – der und seine Ehefrau sind nämlich, wie Hirata erfahren musste, dem Monsterangriff auf die Stadt zum Opfer gefallen, weil sie sich nicht in Sicherheit bringen konnten. Die Nachbarn aber hatten Onodera aus dem Haus rennen sehen. So kommt es zwangsläufig zur nächsten Prügelei, und diesmal unterliegt Onodera und muss sich von Hirata und Karen an einen Pfeiler binden lassen.

Die beiden Letztgenannten aber eilen nun zum Militär, denn Karen, die entschieden mehr über den ihrer Inselwelt entstammenden „Gotschilla“ weiß als die Japaner, hat ein paar Lösungsvorschläge für das Monsterproblem in petto. Na ja, erst einmal ist‘s nur einer, aber der hört sich ganz interessant an: „Gotschilla“, meint Karen, sei ein Landlebewesen, und so lebe es bevorzugt an Land und mag Wasser überhaupt nicht. Mehr noch: Er wird von Wasser gelähmt und im Fall einer „Überdosis“ sogar getötet! Für die Menschen ist das ein willkommener Hoffnungsschimmer. Als Erstes macht man sich auf die Suche nach viel Wasser und findet ... den angemessen tiefen Biwa-See. Dort muss das Monster nun hingelockt werden, und auch in dieser Sache weiß Karen Rat: „Gotschilla“ finde nämlich viel Gefallen an „Dingen mit einer geheimnisvollen Ausstrahlung“ im Allgemeinen und funkelnden Diamanten im Besonderen, und so könne man ihn mit einem geeigneten Schmuckstück ganz leicht ködern. Rein zufällig oder eher vorsorglich hat Karen auch einen Edelstein dabei – es ist ein 5000-Karat-Diamant! Der wird nun flugs an einen Hubschrauber gehängt und „Gotschilla“ vor der Nase herumgeschwenkt (wie’s in dieser Sequenz aussieht, ist er halb so groß wie das Heli-Cockpit). Das klappt – „Gotschilla“ latscht dem Köder wie geplant hinterher. Aber leider nicht lange, denn plötzlich dreht das Monster ab. Der Plan ist gescheitert und die hilfsbereite Häuptlingstochter muss sich von einem Regierungsvertreter vorwerfen lassen, dass sie „jämmerlich versagt“ hat.

„Gotschilla“ aber wandert von Osaka nach Kyoto.

Die erfolglosen Weltretter, also Hirata, Karen und die Vertreter von Regierung und Militär, bekommen unterdessen Besuch vom Schiffsarzt der Awaji Maru. Der weist darauf hin, dass das Monster-Ei während seiner Schiffsreise einer kräftigen Infrarotstrahlung ausgesetzt war, was erklären würde, dass „Gotschilla“ so unnatürlich schnell gewachsen sei, denn wie Karen anmerkt, würde es normalerweise zehn Jahre dauern, bis das Monster seine jetzige Größe erreicht hat (woher weiß sie das?). Sollte das stimmen, und es spricht nichts dagegen (außer dem gesunden Menschenverstand), dann hätte das Monster eine, ähm ... recht gute Beziehung zu Infrarotstrahlen – was man sich in der Form zunutze machen könnte, dass man den Versager-Diamanten mit solchen Strahlen „auflädt“ und einen weiteren Lockversuch startet. Nur ein wenig Zeit müsste man gewinnen, sprich das Monster erst einmal kaltstellen. Kein Problem: Man muss nur Regen erflehen, meint Karen, denn wenn es regnet, könne sich „Gotschilla“ nicht bewegen. Wasser eben. Die Japaner regeln es ohne Flehen – der Off-Sprecher teilt mit, dass man dem Monster mit künstlichem Regen auf die Pelle rückt. „Gotschilla“ schläft ein.

Nun hat man etwas Zeit gewonnen, und die nutzen die Helden, um bei einem Professor Amano vorzusprechen, denn der hat, Achtung, Achtung, einen „Rubintodesstrahlenprojektor“ (!!) erfunden, mit dem sich sogar „Moleküle aufspalten“ lassen. Man könne, meint der Professor, das Gerät auch auf Infrarotstrahlen umstellen, statt eines Rubins den 5000-Karat-Diamanten der Häuptlingstochter in das Gerät einbauen und dann ... sehen, was passiert. Auf jeden Fall bekommt Professor Amano vom anwesenden General grünes Licht für die Arbeit – er darf „unter dem Schutz der Armee“ (!) seine Versuche an ,Gotschilla‘ durchführen“. Währenddessen ist allerdings Onodera von seiner Frau abgebunden worden und hat Wind von der geplanten Monsterertränkungsaktion bekommen, wobei ihn in allererster Linie interessiert, dass dafür ein Diamant im Wert von 20 Milliarden Yen benutzt werden soll ...

Davon wissen Hirata, Karen und die Generäle der Armee natürlich nichts, und sie sind auch ausreichend mit ihrem Rubintodesstrahlenprojektorlockversuch oder besser Diamanttodesstrahlenprojektorlockversuch beschäftigt. Recht bald ist das Maschinchen auf einem Amphibienfahrzeug installiert, und schon kann die Lockreise losgehen. Man strahlt „Gotschilla“ während der Fahrt mit den Diamanttodesstrahlenprojektorstrahlen an, und er folgt dem Auto tatsächlich sehr entschlossen in Richtung Biwa-See.

Bald darauf ist man mit dem Amphibienfahrzeug auf diesem Gewässer unterwegs und versucht „Gotschilla“ von dort aus mit dem infrarotgesättigten Diamantenstrahlen (oder wie auch immer die Lockmaschine im Detail funktionieren soll ...) ins Wasser zu geleiten. Das Monster ist erst einmal unschlüssig, und dann gibt’s Ärger. Vorhersehbaren Ärger, denn nun kommt der von seiner Gier endgültig in den Wahnsinn getriebene Onodera mit einem Motorboot angerast, legt an und springt an Bord, um sich den Diamanten zu schnappen. Das mutet extrem lächerlich an, weil er eben ganz allein des Weges kommt und sich mehrere Leute auf dem Amphibienfahrzeug befinden (darunter zwei schwer bewaffnete Soldaten), die ganz gewiss nicht zulassen werden, dass ihnen ein einzelner Irrer den möglicherweise menschheits-, zumindest aber landesrettenden Edelstein raubt.

Falsch gedacht ... Onodera schafft es tatsächlich, zuletzt dank einiger Warnschüsse aus seinem Revolver, dem versammelten Heldenhaufen den Diamanten abzunehmen und damit die Flucht anzutreten! Zum Glück gibt’s „Gotschilla“, der sich so etwas nicht mehr ansehen mag: Er überwindet sich, macht ein paar Schritte ins Wasser und fährt seine stocksteife Keulenzunge aus, an deren Ende Onodera kleben bleibt – und nicht verhindern kann, dass er drei Sekunden später mitsamt des frisch „erworbenen“ Diamanten auf Nimmerwiedersehen im Monstermagen landet. Strafe muss sein. Blöd ist eben nur, dass jetzt auch der Infrarot-Edelstein weg ist. Das Ertränkungsprojekt darf somit als gestorben angesehen werden.

Auftritt Hirata, der beim Blick auf ein paar in der Gegend herumliegende Autorückspiegel, die den Regenbogenstrahlenangriff auf die Raketenstellung überlebt haben, eine tolle Idee hat: „Gotschillas“ Regenbogen sei doch auch eine Art Todesstrahl – wie wäre es also, wenn man diesen Regenbogen gegen seinen Verursacher selbst einsetzt, indem man ihn von einem Spiegel reflektiert zurückschickt? Gute Idee, befindet auch die Armeeführung, und so wird die Operation „Regenbogen“ ins Leben gerufen. Nachdem die Mikrowellenempfangsanlage auf dem nahen Mont Kajika in einen riesigen Spiegel verwandelt wurde, startet das Militär einen „massiven Feuerüberfall“ auf „Gotschilla“, der sich wieder auf trockenes Land zurückgezogen hat. Tatsächlich lässt er sich vom Beschuss durch die Armee reizen und sendet seinen Regenbogen aus – der wie geplant vom Spiegel reflektiert und auf ihn zurückgeworfen wird. Treffer! „Gotschilla“ hüpft ein wenig herum, als hätte er sich verbrannt, überschlägt sich ... und bleibt liegen. Seine linke Körperhälfte ist stark mitgenommen – überall strömt grauviolettes Blut aus. Dann aber ... bewegt und erhebt er sich. „Das ist das Ende der Operation ,Regenbogen‘“, resümiert der General bedrückt.

Die Menschen sind nun wirklich mit ihrem Latein am Ende, und das Skript ist es ebenfalls, denn an diesem Punkt muss eine Riesenschildkröte ex Machina helfen: „Die durch das Ungeheuer eingefrorenen Landstriche beginnen aufzutauen. ,Barugon‘ ist aus tiefer Bewusstlosigkeit erwacht“, teilt der Off- oder Nachrichtensprecher mit. Und der kommt auch prompt angeflogen (also „Barugon“ und nicht der Nachrichtensprecher ...) und fällt über seinen alten Rivalen „Gotschilla“ her. Vorhang auf fürs Finale: Die beiden Monster liefern sich einen für längere Zeit ausgeglichenen Kampf, in dem „Gotschilla“ seinen Gegner immer wieder wuchtig anspringt (auch das muss man gesehen haben!), aber letztlich doch ins Hintertreffen gerät. „Barugon“ kann ihn ins Wasser zerren, mit ihm untertauchen und ihn schlichtweg ersäufen. Ein letztes hilfloses Stück Regenbogen taucht aus dem See auf, dann bricht (etwas früh, wie ich meine ...) Jubel unter den anwesenden Menschen aus – „Gotschilla“ ist tot. „Barugon“, der nun grußlos davondüst, ist ihnen indes erst einmal wurst. Da er der Menschheit soeben geholfen hat, könnte sich ihr Verhältnis zu ihm ja durchaus verbessern (ähm ... vielleicht wollte er euch nicht helfen, sondern einfach nur einen lästigen Konkurrenten ausschalten). Die letzte Szene gehört Keisuke Hirata und Karen: Hirata reflektiert noch einmal sein schuldbeladenes und gieriges Tun bei der Jagd auf den Opal und möchte nun ein anderes, nicht mehr von materiellen Dingen bestimmtes Leben führen – unter den Eingeborenen von Karens Insel. Und Karen freut sich mächtig darüber ...

OmG – was für ein Film. Gamera vs. Barugon bringt wirklich jedes Trash-o-Meter bedrohlich nah an die Grenze zur Überlastung und kann es, wieder einmal gibt’s Vergleiche, in dieser Beziehung sogar locker mit den im Folgejahr erschienenen Meilensteinen Gappa, Yongary und Guila aufnehmen. Das lässt sich nun so oder so bewerten – aus meiner Sicht ist es eine gute Nachricht. Eine sehr gute Nachricht.

Und da wir gerade bei guten Nachrichten sind, soll die allerbeste auf der Stelle verkündet werden: Gamera vs. Barugon ist ein Gamera-Film ganz ohne Kinderbeteiligung. Man sieht lediglich zwei Sekunden lang einen kleinen Jungen mit Schildkrötenrucksack zwischen ein paar anderen Leuten am Straßenrand stehen, und das kann guten Gewissens vernachlässigt werden (auch wenn es mir tatsächlich einen Schreck eingejagt hat!). Gamera vs. Barugon ist also, gern noch einmal, ein Gamera-Film ganz ohne Kinderbeteiligung, und zwar der weit und breit einzige, den die Filmgeschichte verzeichnet. Wie es dazu kam, lässt sich schwer einschätzen, denn die Daiei Film Co. Ltd. schien ja mit dem Vorgänger und Riesenschildkrötendebüt Gamera schon recht eindeutig signalisiert zu haben, wohin die Reise ihres hauseigenen Monsters gehen soll – nämlich hin zum kinderkompatiblen Kaijū Eiga. Und nun Gamera vs. Barugon. Gab’s negative Reaktionen auf den Vorgänger? War Gamera den Produzenten peinlich? Wollte man nicht belächelt und in eine Ecke mit minderer Reputation abgeschoben werden? Oder wollte man nur einmal zeigen, dass man sehr wohl auch einen durch und durch erwachsenen Riesenmonsterfilm abliefern kann? Wer weiß. Fakt ist, dass man in Gamera vs. Barugon tatsächlich einen bitterernsten Streifen findet – nur ... merkt man’s nicht wirklich, weil sein hehres Anliegen durch beträchtliche Mengen an unfreiwilligem Humor torpediert wird.

In der Anfangsphase gibt es über die weitgehend als Comic Relief gestaltete Figur Kawajiris auch noch etwas intendierte Heiterkeit, aber kaum hat man sich auf diese bis dahin eher leicht alberne Grundstimmung eingestellt, ist Schluss mit lustig: Von der Sekunde an, in der Kawajiri vom Skorpion gestochen wird, kreuzt in Gamera vs. Barugon nicht mehr der allerkleinste Funken Humor auf (die Szene selbst ist genau genommen sogar ziemlich hart und erschreckend!). Wenn man sich jedoch vor allem über „Gotschilla“ pausenlos belöffeln möchte, kommt man gar nicht auf den Gedanken, dass hier irgendetwas ernst gemeint sein könnte. Mir fiel das ehrlich gesagt recht spät auf, als eine ellenlange Passage von Beerdigungsmusik begleitet wurde (später kloppen sich die Monster sogar zu einem Trauermarsch – das ist bizarr).

Bevor man sich an den Daiei-Monstern ergötzen kann, lässt Gamera vs. Barugon jedoch erst einmal die Menschen zum Zuge kommen, und dies ziemlich lange: Es dauert exakt vierzig Minuten, bis der in diesem Moment noch namenlose „Gotschilla“ endlich aufkreuzt (Kollege „Barugon“ durfte eingangs wenigstens schon mal einen Staudamm zerlegen). Ohne daraus gleich Rückschlüsse auf die Qualität des Skripts, das wie beim Vorgänger von Niisan Takahashi ersonnen wurde, ziehen zu wollen, habe ich mich vom ausgedehnten Inselabenteuer der drei Schatzsucher jedoch erstaunlich gut unterhalten gefühlt – dadurch, dass ein waschechter Antagonist eingeführt wird, gelangt sogar ein Hauch von Spannung ins Geschehen. Zudem darf man dafür dankbar sein, dass der unvermeidliche rituelle Tanz der „Eingeborenen“ hier sehr kurz gehalten wird. Wenn dann aber (nach einem haarsträubenden Blitzwachstum!) „Gotschilla“ das Hafenbecken von Kōbe verlässt, brechen alle Trash-Dämme. Erfreulich ist, dass man ihn, der ja im Original Barugon ist, mit vergleichsweise viel Screentime ausgestattet hat – nachdem er eingeführt wurde, sieht man ihn alle naselang. Für Freunde des unfreiwilligen Humors beginnt damit eine wundervolle Zeit, denn allein seine lächerlichen (weil eben menschlichen) Hinterbeine, die Keulenzunge und der Todesregenbogen lassen kein Auge trocken bleiben.

Dass ihm zudem in der deutschen Sprachfassung der Name „Gotschilla“ (an Godzilla persönlich wollte oder durfte man sich wohl nicht vergreifen) aufgedrückt wurde, macht den Unfug perfekt. „Barugon“, sprich Gamera (der gleiche Quatsch) macht sich derweil rar – nachdem die Schildkröte von „Gotschilla“ schockgefrostet wurde, meldet sie sich erst zum Finale wieder, und es scheint fast so, dass sich das Skript nur deshalb noch einmal an sie erinnert, weil es in einer Sackgasse steckt. Generell hat Niisan Takahashi die zweite Hälfte seines Drehbuchs recht schwungvoll und scheinbar ohne vorausschauendes Denken zu Papier gebracht – um der Spannung willen lässt er die Menschen mit ihren Plänen immer wieder scheitern und zaubert dann einfach irgendeinen Blödsinn aus dem Hut, um weiterzukommen (wie „Gotschillas“ Wasserallergie oder seine Freude an Diamanten ...). Über die Figur der Häuptlingstochter Karen lässt sich das alles ganz mühelos machen. Und als am Ende für die Menschen nichts mehr geht, muss eben die Schildkröte eingreifen – erst taut sie auf und dann taucht sie auf, und das ganz plötzlich.

Der ganz große Wurf ist dieses Finale indes wie auch das erste Duell zwischen „Barugon“ beziehungsweise Gamera und „Gotschilla“ beziehungsweise Barugon nicht – die beiden Monsterprügeleien sind im wahrsten Wortsinn ziemlich lahm inszeniert, das heißt, die Kontrahenten bewegen sich eher schläfrig und wirken (trotz der absurden Sprünge „Gotschillas“), als hätten sie gar kein rechtes Interesse an der Sache. Da waren die Monster in den Tōhō-Filmen doch mit wesentlich mehr Eifer bei der Sache. Allerdings, verlieren wir die Realität nicht aus den Augen, sind zumindest Schildkröten auch im wahren Leben keine hyperaktiven Wirbelwinde ... und Spaß hat man mit den beiden Original-Titelmonstern selbst bei gedrosseltem Actiontempo. Jede Menge.

Daran ändert auch die räudige Optik des Streifens nichts – im Gegenteil: Wenn man mit der alten hierzulande verfügbaren Fassung groß geworden ist, kann man sich einen Film wie Gamera vs. Barugon gar nicht mit jenen klaren und strahlenden Breitwandbildern vorstellen, die das Original ursprünglich gehabt haben sollte. Diese alte, von MIB als Dragonwars – Krieg der Monster veröffentlichte Version liegt im normalen 1.85:1-Format vor und weist eine erschreckende Bildqualität auf – als wäre hier Material kopiert worden, das schon ein halbes Jahrhundert lang in der Mülltonne vor sich hin gammeln musste. Neben Verschmutzungen und Beschädigungen aller Art fällt vor allem die teilweise fast völlige Abwesenheit von Farben auf, und das sogar bei „sicheren“ Aufnahmen wie den „Neuguinea“-Szenen, die ja teilweise bei strahlendem Sonnenlicht und ansonsten im sommerlich beleuchteten Studio entstanden. Sie alle sind erschreckend stark ausgeblichen – so sieht Karen (ein seltsamer Name übrigens für eine neuguineische Eingeborenenhäuptlingstochter) eingangs weiß wie ein Laken und damit eben nicht wie eine neuguineische Eingeborenenhäuptlingstochter aus. Noch dramatischer wird es bei den Monsterszenen, die genregemäß überwiegend ins Dunkel oder Halbdunkel verlegt wurden. Bei den meisten meint man, einen Schwarz-Weiß-Film vor sich zu haben. Als „Gotschilla“ gegen Ende der ersten Monsterprügelei verletzt wird und blaues Blut austritt, war ich direkt darüber erschrocken, dass plötzlich eine Farbe auftaucht (auch wenn’s eigentlich nur eine Art Blaugrau ist – man staunt schon über Kleinigkeiten). Zu allem Übel ist diese alte deutsche Fassung auch noch gekürzt: Zur vollen Länge des Films fehlen immerhin beträchtliche acht Minuten.

Im Februar 2012 kam dann endlich auch dieser zweite Leinwandauftritt Gameras unter dem Titel Gamera gegen Barugon – Frankensteins Drache aus dem Dschungel in den Genuss einer tadellosen, sprich gründlich entstaubten, im korrekten Format wiedergegebenen und ungekürzten Veröffentlichung von Cult Movie Entertainment – und da waren sie nun, jene klaren und strahlenden Breitwandbilder, deren sich Gamera vs. Barugon im Urzustand hätte erfreuen sollen. Na ja ... wirklich strahlend und farbenfroh ist der Streifen allerdings auch in dieser Fassung nur während der Inselszenen, in denen die Eingeborenen ihre Tänze aufführen – ansonsten sind kräftige Farben nach wie vor sehr selten zu Gast. Die meisten „Gotschilla“-Szenen wirken noch immer, als wären sie in Schwarz-Weiß gedreht worden, aber daran lässt sich wohl nichts drehen – sie dürften einfach schon von Geburt an so ausgesehen haben. Wie gut die Qualität der DVD ist, lässt sich am Ende erkennen, wenn sich doch noch einmal eine Farbe ins Bild schleicht: „Gotschillas“ Blut leuchtet nach dem Treffer durch seinen gespiegelten Regenbogen im allerfeinsten Violett. Das Breitwandformat ist natürlich wie immer schön, aber ich bleibe dabei: Gamera vs. Barugon gehört zu den Filmen, die es nicht unbedingt gebraucht hätten – nach erhabenem Kino sieht der Streifen auch mit ihm nicht aus. Bei Gameras Auftakt-Attacke auf den unbescholtenen Kurobe-Staudamm ist es sogar kontraproduktiv (an der Staumauer interessiert vornehmlich ihre Höhe), an anderen Stellen aber genau genommen auch substanziell (wie beispielsweise in der Szene, in der „Barugon“ von „Gotschilla“ schockgefrostet wird und am rechten Bildrand auf groteske Weise nach vorn kippt – beim 1.85:1-Format fällt er ein Stück weit aus dem Bild heraus).

Die Stellen, an denen bei der alten deutschen Fassung herumgeschnippelt wurde, lassen sich derweil zumindest dann sehr gut erkennen, wenn gesprochen wird, denn das ehemals fehlende Material wurde tatsächlich synchronisiert – nur eben mit neuen Sprechern, und das hört man sofort. Insgesamt handelt es sich dabei wie schon gesagt um ziemlich genau acht Minuten (alte Fassung: 87.32 Minuten ohne Abspann, vollständige Fassung: 95.24 Minuten ohne Abspann und 96.11 Minuten mit Abspann), aber ehrlich gesagt sind diese Schneideraumopfer kein Verlust. Es handelt sich um viele kleine Stellen – zumeist sind nur ein, zwei Sätze oder ein paar kurze Einstellungen betroffen. Lediglich gegen Ende hat es einen etwas längeren Dialog erwischt (Keisuke Hirata jammert Karen nach der geplatzten Operation „Regenbogen“ die Ohren voll), aber der ist mindestens ebenso entbehrlich wie das andere entfernte Material. Ich frage mich nur, warum man sich seinerzeit die Mühe gemacht hat, haufenweise Kleinkram aus dem Film zu entfernen – anrüchig ist davon absolut nichts, und auf ein paar Minuten Laufzeit sollte es doch nicht angekommen sein. Sei’s drum.

Da soeben bereits Aspekte der Optik angesprochen wurden, soll natürlich auch noch ein Blick auf die Spezialeffekte geworfen werden. An dieser Stelle will ich allerdings endlich mit dem Unsinn aufhören, Gamera ständig „Barugon“ und Barugon ständig „Gotschilla“ zu nennen. Daran, dass Gamera nun mal Gamera und Barugon nun mal Barugon ist, ändert eine bekloppte Synchronisation selbstredend herzlich wenig – ich wollte nur den Inhalt der vorliegenden deutschen Fassung möglichst authentisch wiedergeben. Nun aber: Schluss damit.

Die Spezialeffekte also ... Nun, eindeutig zu den besseren, ja sogar besten unter ihnen gehört Gameras Düsenantrieb. Das Kreiseln der Schildkröte und die dazu ausgestoßenen bläulichen Strahlen kommen so glaubwürdig daher, dass ich an ein, zwei Stellen wirklich gern gesehen hätte, wie Daieis Tricktechniker das im Detail realisiert haben. Ansonsten stellt sich eine solche Frage allerdings sehr selten, weil man nur allzu genau erkennen kann, was hinter den verschiedenen Trickaufnahmen steckt – beziehungsweise was oder besser wer worin steckt. Die Rede ist von den Darstellern in den Monstersuits, die sich hier zwingend entlarven müssen, weil sie einfach nicht wissen, was sie mit ihren Beinen, sprich den Hinterbeinen der Monster anstellen sollen, und diese Hinterbeine nicht ständig aus dem Bild herausgehalten werden können. Bei Gamera tritt die Daiei in dieser Sache die Flucht nach vorn an: Ihre Riesenschildkröte darf ganz dreist wie ein Mensch mit übergroßem Schildkrötenrucksack auf zwei Beinen durch die Gegend spazieren. Respekt. Irgendwann nimmt man das sogar hin, auch wenn es noch so bescheuert aussieht. Nebenbei bemerkt gibt es auch kein Gesetz, das waschechten Kaijū die Beschaffenheit ihrer Hinterbeine vorschreibt (einen Düsenantrieb haben echte Schildkröten ja auch nicht ...).

Grundsätzlich ist Gameras Monstersuit recht überzeugend geraten – nur die (sehr wenigen) schneeweißen Zähne, die der Schildkröte spendiert wurden, sehen unentschuldbar künstlich aus. Überdies lässt mir im Zusammenhang mit ihr eine Frage keine Ruhe: Wie zum Kuckuck dreht sie sich bei Herumkreiseln in der Luft um, wenn sie auf dem Rücken liegend startet und auf den Füßen landet? Nach der Lage ihrer Düsen dürfte das eigentlich nicht gehen.

Bei Barugon (noch mal: jetzt beim richtigen Barugon) ist das Hinterbeinproblem noch dramatischer als bei Gamera, zumal er, der vom Körperbau her am ehesten eine Art Rieseneidechse oder Waran ist, nun wirklich nicht einfach auf zwei Beinen herumlaufen kann (obwohl ...). Bei der Gestaltung seines Kopfes hatten die Kaijū-Designer auch nicht ihren besten Tag – er ist viel zu groß geraten, das Horn ist keine Zierde und die Form seines Mauls lässt durchaus den Schluss zu, dass er ständig lächelt. Na ja, und die lange stocksteife Keulenzunge ist Trash von nachgerade historischem Ausmaß. Mit ihr kann Gamera vs. Barugon endgültig kein ernst zu nehmender Film mehr sein. Objektiv betrachtet darf man das bedauern, denn im Kern ist (der übrigens immer nass aussehende) Barugon keineswegs peinlich – wenn alles passt, wirkt er verblüffend lebendig und ist beispielsweise einer Stop-Motion-Echse eindeutig überlegen. Dumm ist nur, dass sich die Verantwortlichen nicht ausreichend um seine Würde bemüht haben und er allzu oft in lächerliche Situationen tapsen (oder eben sogar springen) muss. Wenn ich’s mir recht überlege, ist Barugon ein trauriges Geschöpf oder gar eine Art trauriger Clown, denn schließlich lacht man über ihn. Ich mag diesen Barugon, der ja eigentlich auch ein geradezu lieb aussehendes und anrührendes Monster ist – ich könnte mir sehr gut ein Barugon-Kuscheltier vorstellen. Es darf übrigens vermutet werden, dass bei seiner Namensgebung die Tōhō Pate gestanden hat – im ein Jahr zuvor erschienenen Ishirô-Honda-Streifen Frankenstein – Der Schrecken mit dem Affengesicht führte die ihr unterirdisch lebendes Monster Baragon ein.

Gut gelungen sind den Daiei-Tricktechnikern, die übrigens unter Leitung des Gamera-Regisseurs Noriaki Yuasa (der den Regiestuhl hier Shigeo Tanaka überlassen hatte) am Werk waren, die Vereisungs-Szenen, und auch der Staudamm, den Gamera eingangs zertrümmert, sieht gut aus – anders als die hilflos über Rückprojektionen eingefügten Arbeiter, die „dort“ gerade beschäftigt sind. Ebenso misslungen wirken solche Rückprojektions- oder Bluescreen-Effekte gegen Ende, wenn die Helden mit ihrem Amphibienfahrzeug unterwegs sind. Obwohl das Budget im Vergleich zum Vorgänger verdoppelt worden sein soll, fallen auch die Landschafts- und Gebäudemodelle nicht wirklich überzeugend aus – sie mögen nicht grundsätzlich schlecht sein, aber die Detailtreue der Tōhō’schen Modelle erreichen sie nicht. Arg daneben ist ferner der viel zu kräftig ins Bild kopierte Regenbogen, während die Staudammbruch-Flutwelle sowie die später recht häufig wütenden Feuer nicht echt aussehen, weil kleine Panschereien und Flammen nun mal nicht wie Fluten und Großbrände aussehen, wenn man sie vergrößert. Die Silvester-Pyrotechnik während der Militäreinsätze kann man indes durchwinken – viel besser ging es in den Miniaturkulissen nicht.

Auch bei den Darstellern ging es inmitten des hier verzapften Unsinns nicht viel besser, wobei mitunter durchaus ein Hauch von Schauspiel gefragt war. In der Hauptrolle bleibt Kôjirô Hongô (bald darauf auch Gamera gegen Gaos und Gamera gegen Viras, später sogar Gamera – Guardian of the Universe, dazu ein Daimajin-Film und vieles mehr) als Keisuke Hirata allerdings ziemlich farblos, und auch Gamera-Dauergast Shô Natsuki (Gamera gegen Gaos, Gamera gegen Viras, Gamera gegen Guiron, Gamera gegen Jiggar, Gamera gegen Zigra) als Ichiro Hirata und Kôji Fujiyama (Gamera gegen Viras, Gamera gegen Zigra, ein Daimajin-Film, mehrere Teile der großartigen Kozure Ôkami-Serie, Panik im Tokio-Express und vieles mehr) als Fiesling Onodera zeigen nichts wirklich Memorables. Am auffälligsten ist Kyôko Enami als „Häuptlingstochter“ (ein Witz) Karen, die zwar ebenfalls keine schauspielerischen Glanzpunkte setzt, aber sehr wohl eine Menge Ausstrahlung mitbringt – ich bin mir nur bis jetzt nicht sicher, was ich von dieser Ausstrahlung halten soll: Kyôko Enami ist eine etwas merkwürdige Person, die in meinen Augen irgendwie fremd, sprich weder wie eine Japanerin noch wie eine Eingeborenenhäuptlingstochter wirkt und mitunter durch die Dinge und Menschen in ihrer Umgebung hindurchzusehen scheint, als wäre die Ferne sehr viel wichtiger als das, was sich gerade vor ihr abspielt. Ganz geheuer war sie mir also nicht, aber wenn ich jetzt an sie zurückdenke, hat sie mir doch sehr gut gefallen. Gamera vs. Barugon blieb ihr einziger Kontakt mit dem Kaijū Eiga, ansonsten war sie jedoch eine viel beschäftigte Darstellerin und hat mit über siebzig noch in Sion Sonos Why Don’t You Play in Hell? mitgewirkt.

Yoshirô Kitahara, der als Professor Amano zu sehen ist, war indes bereits im Ur-Gamera dabei (wenn auch nur in einer kleinen Rolle als Vater des nervigen Kinderhelden Toshio) und hatte später auch noch Einsätze in Gamera gegen Gaos und Gamera gegen Viras. Hier hat er im Prinzip nicht mehr zu tun als ein begnadeter Wissenschaftler zu sein und ... eben viel zu wissen. Ferner sei noch Yûzô Hayakawa erwähnt, der als Kawajiri für die wenige hier anzutreffende intendierte Heiterkeit verantwortlich ist und recht bald von einem fetten Kneteskorpion in den Feierabend geschickt wird. Auch er hat in zahlreichen Filmen mitgewirkt, darunter Der Untergang Japans, ein Daimajin-Streifen und der 1980er Betrugs-Kaijū-Eiga Gamera kämpft gegen Frankensteins Monster.

Das Gamera-Kostüm trägt wie schon im Ur-Gamera und in den beiden Nachfolgestreifen Teruo Aragaki, wem aber Barugon seine famosen Hinterbeine verdankt, bleibt im Dunkel. Die meisten der hiesigen Darsteller kannten sich übrigens bereits aus anderen Daiei-Produktionen wie Die Außerirdischen erscheinen in Tokio, Shaka oder Fräulein Yuko und der blauer Himmel. Traurig ist dabei, dass auch die meisten von ihnen (wenn nicht gar alle, bei Kôji Fujiyama und Shô Natsuki ließ es sich nicht ermitteln) bereits verstorben sind, was leider ebenso für Niisan Takahashi (alle Gamera-Drehbücher der Shōwa-Ära), Regisseur Shigeo Tanaka, den eigentlichen Gamera-Stammregisseur Noriaki Yuasa und den Komponisten Chûji Kinoshita gilt, der hier einen weitgehend unauffälligen, gelegentlich aber auch arg plakativen Score abgeliefert hat (die Trauermusik ...).

Es gibt ihn also, den Gamera-Streifen ohne Kinder! Warum das so ist und warum es letztlich doch ein Einzelfall blieb, wissen die Götter oder auch nur die Daiei-Verantwortlichen – auf jeden Fall heißt dieser unglaubliche Film Gamera vs. Barugon, wird hierzulande gern unter unredlichen Titeln wie Godzilla – Der Drache aus dem Dschungel, Dragonwars – Krieg der Monster oder auch Panik – Dinosaurier bedrohen die Welt geführt und ist ein Freudenfest für jeden aufrichtigen Trash-Liebhaber, weil er zwei herrlich skurrilen Riesenmonstern freie Bahn gewährt, sich vor keinem auch noch so absurden Blödsinn scheut und auch mit seiner „menschlichen Rahmenhandlung“ für gute Unterhaltung sorgt. Und, ganz wichtig: Er tut dies alles ohne Kinder. Ja, das habe ich eben schon gesagt, aber man kann es im Prinzip nicht oft genug wiederholen, zumal es entscheidend dazu beiträgt, dass sich Gamera vs. Barugon zum besten Gamera-Film der Shōwa-Epoche küren lassen kann – das wage ich an dieser Stelle schon einmal zu behaupten, obwohl ich noch nicht alle Nachfolger aus dieser Zeit kenne. Besser als der wirklich schwache Ur-Gamera ist der vorliegende Streifen aber selbst dann, wenn man die zahlreichen Trash-Sonderpunkte abzieht, die er im Verlauf seiner idealerweise gut 96 Minuten Laufzeit einsammelt. Für mich persönlich ist es sogar einer der vergnüglichsten Kaijū Eiga überhaupt, weil ich ebendiese Trash-Sonderpunkte nicht abziehe, sondern eher verdoppeln mag.

Ich würde bei alledem jedoch gern wissen, wie die Menschen ihn zur Zeit seines Erscheinens empfunden haben – der Blick auf die Leinwand war damals natürlich ein ganz anderer als heute, wo selbst Spielbergs teure Jurassic Park-Saurier schon längst überholt sind. Möglicherweise gab es tatsächlich Leute, die Shigeo Tanakas Arbeit ernst genommen haben und sogar gruselig oder erschreckend fanden – was ja schließlich Sinn der Sache war: Laut Noriaki Yuasa galt Gamera vs. Barugon im Hause Daiei als bedeutsame Großproduktion, und eine solche wollte man dort ganz sicher ernst genommen wissen (auch wenn durchaus zu ahnen war, was man mit diesem Film angerichtet hatte ...). Sei’s drum – inzwischen sind fast sechzig Jahre vergangen und Gameras zweiter Leinwandauftritt ist zu einem ehernen, von entwaffnendem Old-School-Charme getragenen Trash-Monument herangereift, das bis in die Ewigkeit Bestand haben wird – altern kann dieser Film schon lange nicht mehr.

(03/24)

Dicke 8 von 10 Punkten aus persönlicher Sicht, objektiv müssen 5 reichen.




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