Der Golem (1915)
Paul Wegener ist einer der wichtigsten Vertreter des phantastischen deutschen Stummfilms und sein "Der Golem - Wie er in die Welt kam" (1920) zählt neben "Das Cabinet des Doktor Caligari" (1920), "Nosferatu" (1922) und "Faust" (1926) zu den bedeutendsten Werken dieser Sparte; und obwohl dieser Film mit seinen Kulissen und seiner Beleuchtung eher eine freie Variation des expressionistischen Films darstellt, ist er als Aushängeschild des expressionistischen Stummfilms in die Filmgeschichte eingegangen. Eine Art Heiligen Gral bildet für zahlreiche Cineasten angesichts dieses guten Rufes auch Wegeners erster Golem-Film (von insgesamt drei Filmen).
"Der Golem" - uraufgeführt am 15. Januar 1915 - entstand noch im Jahre 1914 unter dem Einfluss des großen Erfolges von Holitschers "Der Golem. Ghettolegende in drei Aufzügen" (1908) und Meyrinks Fortsetzungsroman "Der Golem" (1913-1914/1915) und verlagerte aus Kostengründen die Golem-Legende in die damalige Gegenwart: Arbeiter stoßen zufällig auf die Golem-Figur, die belebt und als hilfreicher Diener eingesetzt wird, bis zurückgewiesene Liebe sie Amok laufen lässt, ehe dem ganzen Spuk ein Ende gesetzt wird. Was inhaltlich vielversprechend klingt - wird doch der Tonfall der frühen Horror-Genrefilme des beginnenden Tonfilms vorweggenommen -, dürfte inszenatorisch weniger herausragend ausgefallen sein: Wegener, der hier den Golem spielte und das Drehbuch schrieb, während hauptsächlich Henrik Galeen Regie führte, inszenierte mit "Der Golem und die Tänzerin" (1917) wenig später eine Fortsetzung, die den Vorgänger zum Film im Film machte und Wegener selbst in der Rolle des Golem-Darstellers Paul Wegener präsentierte, um schließlich gemeinsam mit Carl Boese mit "Der Golem - Wie er in die Welt kam" eine Neuverfilmung zu bewerkstelligen, die den Stoff und seine Umsetzung feinfühliger aneinander anpassen sollte.
Trotz Wegeners Urteil über den ersten - und im Vergleich weniger erfolgreichen - Golem-Film und trotz der qualitativen Unterschiede zwischen den deutschen Stummfilmen um 1915 und den deutschen Stummfilmen um 1920 ist "Der Golem", von dem lange Zeit nur noch Standbilder und das Drehbuch erhalten geblieben sind, von all den zahlreichen, verschollenen Filmen einer der berüchtigsten: das doch recht ernüchternde Filmmaterial, das schließlich aufgefunden und bald darauf auf DVD veröffentlicht worden ist - Fassungseintrag von Freddy J. Meyers -, dürfte den Appetit bei vielen Filmfans aber naturgemäß eher vergrößert haben.
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